Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Finanzminister der Europäischen Union (EU) wollen im Sommer konkret darüber diskutieren, wie künftig Risiken aus Staatsanleihen in den Bankbilanzen verringert werden können und so ein mögliches Überspringen von Finanzkrisen einzelner Staaten auf die dortigen Banken verhindert werden kann. Bei ihrem informellen Treffen in Amsterdam waren die Finanzminister aber offenbar noch weit entfernt von einer gemeinsamen Sichtweise darüber.
Die Minister hätten eine "sehr offene Diskussion" darüber geführt, mit "verschiedenen Ideen", wie das Thema anzugehen sei, sagte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, der derzeit dem Finanzministerrat vorsitzt. An der Debatte nahmen auch die Notenbankpräsidenten der EU-Länder teil.
"Im Juni werden wir diskutieren, wie wir das Thema Staatsanleihen in die Agenda zur Vollendung der Bankenunion einfügen," kündigte Dijsselbloem im Anschluss an die Debatte an. Auch sollten Arbeiten im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht fortgeführt werden. In der Diskussion hätten einige Teilnehmer ein "internationales, wenn nicht ein globales Vorgehen" angemahnt.
Dijsselbloem betonte, es sei auch kein Thema, das schnell umgesetzt werden könne. Der Chef der Eurogruppe bestand erneut darauf, dass es "zwei Handlungsstränge" gebe, um die Bankenunion zu vervollständigen: Risikoteilung und Risikoverringerung. "Beide werden in den kommenden Jahren parallel vorwärts gebracht werden", betonte er.
Am Freitagmorgen hatte er in diesem Kontext bei seinem Eintreffen ausdrücklich auch Diskussionen über eine gemeinsame europäische Einlagensicherung gefordert, die Deutschland zum gegenwärtigen Zeitpunkt kategorisch ablehnt. "Es bestehen weiter Risiken und Probleme in unseren Banken, und um die Bankenunion zu vervollständigen, brauchen wir ein gemeinsames Einlagensicherungssystem", betonte er. "Deshalb müssen wir auf beiden Seiten dieser Agenda - Risikoteilung und Risikoverringerung - Fortschritte machen."
Schäuble findet die Vorschläge interessant Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich vor den Beratungen dafür aus, zur Vermeidung künftiger Finanzkrisen die Risiken aus Staatsanleihen in den Bankbilanzen zu verringern - erwähnte die Einlagensicherung aber nicht. Er nannte Vorschläge der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft zur Behandlung von Staatsanleihen aber "interessant" und kündigte seine Unterstützung an. Dies müsse "der erste Schritt sein", und danach würden die weiteren Schritte zur Vervollständigung der Bankenunion ergriffen.
Die von Dijsselbloem erarbeiteten Vorschläge, über die die Finanzminister debattierten, sehen einem Bericht zufolge eine Verschärfung der Anforderungen an Staatsanleihen in den Bankbilanzen vor. Dijsselbloem schlägt laut Handelsblatt entweder eine Risikogewichtung für Staatsanleihen, Obergrenzen für die Anleihen einzelner Staaten oder eine Kombination beider Maßnahmen vor. Hielten Banken viele Anleihen ihres Heimatlandes, steige das Risiko eines Überschwappens möglicher Staatsschuldenkrisen auf den Finanzsektor.
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April 22, 2016 13:15 ET (17:15 GMT)
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