16.07.2018 12:31:26
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Comgest: „Hedging als Alternative zu Multi-Asset“
FR: Ihr Fondshaus hat eine
Alternative zu Multi-Asset-Fonds entwickelt. Was hat Sie dazu motiviert?
Narboni: In den vergangenen
25 Jahren hat sich an den Kapitalmärkten folgende Entwicklung vollzogen: Die
stetig fallenden Renditen haben die Bewertung anderer Assets nach oben
getrieben. Anleihen sind heute nicht mehr so sicher, wie sie das einmal waren.
Die Erträge aus risikofreien Anlagen sind heute zu niedrig, um noch ordentliche
Renditen zu erwirtschaften, deshalb müssen Asset-Manager mehr Credit- und Währungsrisiken
ins -Portfolio nehmen. Ein plötzlicher Zinsanstieg kann jedoch zu deutlichen
Wertverlusten führen. Bonds sind einfach nicht mehr so sicher, wie sie einmal
waren.
FR: Welche Problematik sehen Sie
denn bei Multi-Asset-Fonds?
Narboni: Multi-Asset-Fonds
sind schwierig zu managen. Der Manager muss drei Dinge zur gleichen Zeit in den
Griff kriegen: das Bond-Picking, das Stock-Picking und die Asset-Allocation.
Das Timing der Allocation ist dabei besonders schwierig. Ich möchte das an
einem Beispiel erläutern. Wenn ein Fondsmanager in einem Portfolio den
Aktienanteil von 80 auf 60 Prozent verringern will, weil er fallende Kurse
erwartet, dann hat er zwei Möglichkeiten. Er kann entweder diejenigen Aktien
verkaufen, die er am wenigsten mag oder er kann seinen Aktienbestand
proportional reduzieren, um die Gewichtung im Portfolio zu erhalten.
Unsere Erfahrung zeigt, dass die meisten Gewinne bei Aktien
aber aus einer langen Haltedauer entstehen. Denn es ist schwierig,
vorherzusagen, wann genau ein Kursgewinn stattfindet. Verkauft ein Manager eine
Aktie, weil er glaubt, der richtige Zeitpunkt für Gewinnmitnahmen sei gekommen,
dann verpasst er vielleicht zukünftige Kursgewinne.
FR: Welche Lösung bieten Sie für
dieses Problem?
Narboni: Wir konstruieren ein Hedging-Overlay über einer langfristig orientierten Anlagestrategie. Das zugrundeliegende Aktienportfolio ist fokussiert, langfristig ausgerichtet und wird wenig umgeschichtet. Dieses Portfolio wird ausschließlich durch Short-Positionen auf Equity-Index-Futures gehedgt. Das Maß der Absicherung wird dabei durch quantitative Indikatoren festgelegt.
Zuerst bestimmen wir das Exposure unseres Portfolios gegenüber einzelnen Regionen. Da wir benchmarkunabhängig mit einem Bottom-up-Ansatz arbeiten, kann sich das regionale Risiko ständig verschieben. Anschließend bestimmen wir quantitativ, in welchen Maß wir uns gegenüber den betreffenden Indizes absichern müssen. Diese Hedging-Quoten berechnen wir auf Tagesbasis.
FR: Welche Indikatoren ziehen Sie zur Berechnung der Hedging-Quoten heran?
Narboni: Wir benutzen einen Mix aus kurz- und langfristigen Indikatoren. Bei kurzzeitigen Marktveränderungen wie im Februar pushen die kurzfristigen Indikatoren die Hedging-Quoten schnell nach oben. Dafür erzeugen sie jedoch Rauschen und falsche Signale und reagieren auf Marktschwankungen, die sich kurz darauf von selbst erledigen. In diesem Fall liefern die langfristigen Indikatoren den Trend. Auf der kurzfristigen Seite beobachten wir zum Beispiel die Volatilität sehr genau; bei den langfristigen Indikatoren ziehen wir Instrumente wie Moving Averages heran, denn Aktienmärkte haben lange Zyklen. Interessant sind außerdem Optionsscheinpreise. Optionen dienen der Absicherung. Steigen sie im Preis, zeigt das, dass die Märkte besorgt sind. Sind sie hingegen günstig und die implizierte Volatilität sehr gering, ist das für uns ein Signal, vorsichtiger zu sein. Dann heben wir die Hedging-Quoten an. Die kurzfristigen Indikatoren fließen dabei zu 40 Prozent in die Berechnung ein, die langfristigen zu 60.
FR: Wie ist das Verhältnis von Aktien zum Hedging?
Narboni: Auf der Aktienseite halten wir jeweils zwischen 30 bis 40 Titel. Für das Shorten ziehen wir insgesamt acht Indizes heran. Dabei können die Absicherungsraten zwischen null und 100 Prozent betragen. Ende März haben wir den Euro Stoxx 50 mit 27 % geshortet, den MSCI Emerging Markets mit acht Prozent.
Tägliche Hedging-Quote je Index

Unser Ziel ist es, pro Monat etwa 60 Prozent der Aufwärtsbewegung des Referenzindex – des MSCI All Country World – mitzunehmen, aber weniger als 40 Prozent bei Abwärtsbewegungen. Dabei soll die Volatilität langfristig unter acht Prozent liegen.
FR: Auf der dieser Strategie haben Sie vergangenes Jahr den Comgest Growth Global Flex konstruiert. Wie schlägt sich diese Strategie denn in der Praxis?
Narboni: Wir haben das
Flex-Hedging-Overlay an einem Portfolio aus acht Indizes getestet. Darin waren
neben dem S&P500 auch der FTSE, der Eurostoxx sowie fünf weitere Indizes
mit verschiedenen Gewichtungen enthalten. Unser Backtest begann mit dem Jahr
2007. Es hat sich erwiesen, dass das Hedging vor allem in langen Bärenmärkten
zum Tragen kommt, da dann die langfristigen Indikatoren ihre Wirkung entfalten
können.
Jährliche Performance des Testportfolios


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