08.05.2008 15:18:00
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HINTERGRUND: Benzin knapp vor 1,50-Euro-Marke - Autofahrer bleiben Pkw treu
In dieser Woche kletterte der Preis für amerikanisches Rohöl der Sorte WTI auf mehr als 122 Dollar für ein Barrel (159 Liter). Gleichzeitig veröffentlichte das US-Investmenthaus Goldman Sachs eine neue Studie, die innerhalb von zwei Jahren einen Ölpreis von 150 bis 200 Dollar für "zunehmend wahrscheinlich" hält. Diese Studie hat besonderes Gewicht. Ihr Autor, der Aktienanalyst Arjun Murti, hatte im März 2005 die Märkte mit einer Prognose von 105 Dollar je Barrel aufgeschreckt. Der aktuelle Preis lag damals bei 55 Dollar. Murti erntete für seine Vorhersage Spott und Widerspruch, aber er behielt recht.
PREISVERDOPPLUNG IN ZEHN JAHREN
Die deutschen Autofahrer können noch froh sein, dass gleichzeitig mit dem Ölpreisanstieg der Dollarkurs auf Talfahrt ging. Sonst wäre der Benzinpreis an der Tankstelle noch deutlich höher. Ein Blick in die Vergangenheit macht deutlich, wie drastisch sich die Kosten für den Autofahrer dennoch erhöht haben. Vor zehn Jahren kostete ein Liter Superbenzin umgerechnet 81 Cent und Diesel war für 59 Cent zu haben. Damit hat sich der Dieselpreis auf heute 1,43 Euro mehr als verdoppelt. Ein Durchschnittsfahrer, der rund 1.000 Liter Benzin im Jahr verbraucht, muss dafür 680 Euro zusätzlich aufwenden, als Dieselfahrer sogar 840 Euro.
Bislang zahlen die Autofahrer die höheren Preise zwar unter lautem Murren, aber sie zahlen. Weder die Zahl der Autos noch die gefahrenen Kilometer pro Jahr haben sich spürbar verändert. "Das Autofahren ist so teuer, dass es kaum überflüssige Fahrten gibt, die sich einsparen lassen", sagt der ADAC-Verkehrsexperte Jürgen Albrecht. "Der Zweck der Mobilität ist nicht veränderbar." So nutzen die meisten Autofahrer ihren Pkw für die Fahrt zur Arbeit und in den Urlaub. Zwar klagen viele, dass sie sich ihr Auto eigentlich nicht mehr leisten können. Der Verzicht ist aber oft noch schwerer, zumal in ländlichen Regionen, wo der öffentliche Nahverkehr weniger effektiv ist als in Großstädten.
SPAREN BEIM AUTOKAUF
"Es gibt nur wenige Stellschrauben, um an den Autokosten zu drehen", weiß Albrecht. Die Autofahrer versuchen, vor allem bei der Anschaffung zu sparen und benutzten ihren Wagen immer länger. Die Autos auf den deutschen Straßen sind im Durchschnitt mehr als acht Jahre alt. Außerdem fehlt das Geld, das in den Tank fließt, in anderen Wirtschaftsbereichen. Die Einkommen sind real in den vergangenen Jahren nicht gestiegen, also müssen die Verbraucher an anderer Stelle sparen. Der Einzelhandel kümmert seit Jahren vor sich hin, auch Gastronomie und Dienstleistungsbranchen klagen über nachlassende Kaufkraft ihrer Kundschaft.
Abhilfe ist nicht in Sicht. "Die Benzinpreise hängen im wesentlichen von den Steuern und den Rohstoffpreisen ab", sagt ADAC-Experte Albrecht. Mehr als 60 Prozent des Benzinpreises entfallen auf Steuern, die in den vergangenen zehn Jahren mehrfach kräftig angehoben wurden. Zuletzt erhöhte die große Koalition die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent, zuvor führte die rot-grüne Regierung in mehreren Stufen die Öko-Steuer auf Kraftstoffe ein. Die Forderung nach steuerlicher Entlastung für Autofahrer wird zwar von Automobilclubs und Politikern aus der zweiten Reihe immer wieder erhoben, hat aber nur wenig Chancen auf Realisierung./gi/DP/edh
- Von Eckart Gienke, dpa -