Förderkürzung 24.06.2023 23:11:00

Saudi-Arabien beschreitet Sonderweg beim Ölpreis - Deshalb versagt die OPEC+

Saudi-Arabien beschreitet Sonderweg beim Ölpreis - Deshalb versagt die OPEC+

• Ölpreise sinken seit Monaten
• Saudi-Arabien beschließt einseitige Förderdrosselung
• Russland steigert wohl Ölexporte


Die Ölpreise sind in den vergangenen zwölf Monaten von etwa 120 US-Dollar pro Fass (159 Liter) auf zuletzt rund 70 US-Dollar gefallen (Stand: 15. Juni 2023). Und das obwohl im April mehrere in der OPEC+ zusammengeschlossenen Öl-Förderländer vor dem Hintergrund sich verschlechternder Wirtschaftsaussichten überraschend Förderkürzungen ab Mai bis zum Ende des Jahres vereinbart hatten. Auf den Ölpreis hatte das aber wenig Einfluss.

Anfang Juni hat die OPEC+ dann ihr Produktionsziel für 2024 um rund 1,4 Millionen Barrel pro Tag gesenkt - jedoch erst nach stundenlangen Verhandlungen in Wien. Berichten zufolge hat sich insbesondere Saudi-Arabien für ein weiteres Förderlimit ausgesprochen, Russland auf der anderen Seite habe keinen zusätzlichen Handlungsbedarf gesehen.

Die OPEC+, in der die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und andere Förderer wie etwa Russland zusammengeschlossen sind, produziert rund 40 Prozent des weltweiten Angebots. Die Führungsrolle übernehmen dabei Saudi-Arabien und Russland.

Saudi-Arabien prescht vor

Wohl angesichts der schwierigen Verhandlungen entschlossen sich die Saudis zu einem ungewöhnlichen Schritt: Obwohl sie eigentlich nicht mehr alleine agieren wollen, kündigten sie eine einseitige Kürzung ihrer Produktion um eine Million Barrel je Tag zunächst für Juli an. Dies könnte jedoch auch verlängert werden. Energieminister Prinz Abdulaziz bin Salman erklärte dazu, dass man alles Notwendige tun werde, um Stabilität in den Markt zu bringen.

Saudi-Arabien verfügt über die weltweit größten freien Produktionskapazitäten, die es bei Bedarf auch kurzfristig anzapfen kann. Somit ist das Königreich dazu in der Lage, als ordnende Macht einzugreifen. Dass sich das Land nun zu einer einseitige Förderkürzung entschlossen hat, begründete Adi Imsirovic, ein Energieexperte, der früher den Erdölhandel von GAZPROM leitete, laut "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) mit einem einzigen Wort: "Verzweiflung". Saudi-Arabien sei der Leitwolf, und wenn sich die OPEC+ als nicht funktionstüchtig erweise, leide vor allem der Ruf der Saudis darunter, so der Experte.

Doch auch diese Maßnahme zeigte keine nachhaltige Wirkung am Ölmarkt. Die Ursachen hierfür sind vielfältig: Zum einen belasten die Sorgen vor einer weltweiten Rezession, die gestiegenen Zinsen sowie die schwächelnde chinesische Wirtschaft die Ölnachfrage. Zum anderen verstärkte die turbulente Sitzung der OPEC+ Zweifel an der Glaubwürdigkeit der 23 Staaten umfassenden Allianz. All dies drückt den Ölpreis.

Großes Problem Russland

Wesentlich mitverantwortlich für die geringen Ölpreise dürfte aber auch Russland sein. So deuten neue Daten laut Händlern darauf hin, dass Russland seine Verschiffung von Öl zuletzt sogar gesteigert hat, berichtete die Deutsche Presseagentur. Moskau ist nämlich zur Finanzierung seines Krieges in der Ukraine auf die Petrodollars angewiesen, Förderdrosselungen sind daher unerwünscht.

Hinzu kommt, dass das Land durch die westlichen Sanktionen nun weitgehend von den europäischen Märkten ausgeschlossen ist. Inzwischen liefert Russland sein Öl vor allem an China und Indien, die dadurch eine gewisse Einkaufsmacht gegenüber dem Land erlangt haben und deutliche Rabatte durchsetzen konnten. "Russland ist gezwungen, das Erdöl billiger und an weniger Abnehmer zu verkaufen, die zudem weiter entfernt sind", erläuterte Imsirovic. Der Preisdeckel für russisches Erdöl, den die westlichen Staaten weltweit durchsetzen wollen, tut sein übriges. Um diese Preisnachlässe aufzufangen muss Moskau nun also mehr fördern.

Teure Strategie der Saudis

Angesichts dessen fällt nun Saudi-Arabien die Aufgabe zu, die Disziplin des Kartells aufrecht zu erhalten. Doch dieser Weg kann teuer werden, schließlich entgehen dem Staat durch die einseitige Förderdrosselung viele Einnahmen. Wie lange das Königreich dies durchhält, bleibt abzuwarten.

Redaktion finanzen.at

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