04.03.2013 20:01:30

AUSBLICK/EZB mit unveränderten Leitzinsen und neuen Prognosen

   Von Hans Bentzien

   Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte seine Zinsen erneut unverändert halten, wenn er am Donnerstag zu seiner monatlichen Sitzung zusammen kommt. Zinssenkungen erwartet derzeit fast niemand, was angesichts negativer Realzinsen und einer sehr reichlichen Liquiditätsausstattung der Banken nicht verwundern kann.

   Allerdings könnte die EZB niedrigere Wachstumsprojektionen veröffentlichen. Das würde wahrscheinlich bei einzelnen Marktakteuren Zinssenkungsphantasien wecken. Zuletzt erwarteten die EZB-Ökonomen für 2013 und 2014 BIP-Veränderungsraten von minus 0,3 und plus 1,2 Prozent. Damit waren sie zumindest für das laufende Jahr spürbar pessimistischer als die regelmäßig von der EZB befragten externen Experten (survey of professional forecasters), die im Februar ein unverändertes BIP prognostizierten. Für 2014 hatten die externen Experten ein Plus von 1,1 Prozent prognostiziert.

   Dass der EZB-Stab seine Inflationsprognosen gesenkt hat, ist eher nicht zu erwarten. Die Ökonomen haben ihre Prognosen für 2013 und 2014 bereits im Dezember auf 1,6 und 1,4 Prozent reduziert. Eine weitere Entfernung vom Preisstabilitätsziel von knapp 2 Prozent wäre in der Tat geeignet, weitere Zinssenkungserwartungen zu wecken. Zwar macht sich die EZB die Stabsprognosen nicht zu eigen, doch stellen sie ihre wichtigste Arbeitsgrundlage dar. Die oben zitierten externen Experten prognostizieren Inflationsraten von je 1,8 Prozent.

   Im Mittelpunkt des Interesses dürfte am Donnerstag zudem Draghis Reaktion auf das Scheitern der reformfreundlichen Kräfte bei den Wahlen in seinem Heimatland Italien stehen. Das beileibe nicht arme Land, das im vergangenen Jahr am stärksten von den Staatsanleihekäufen der EZB profitiert hat, hat dem in Brüssel und Frankfurt hoch geschätzten Übergangs-Regierungschef Mario Monti eine krachende Niederlage bereitet. Die EZB trägt daran durchaus Mitschuld, denn schließlich hat sie den Politikern mit ihrer Zusage, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, den Handlungsdruck genommen.

   Wie üblich dürfte Draghi in der Pressekonferenz auch Fragen zum neuen, noch nicht aktivierten Staatsanleihekaufprogramm gestellt bekommen. Spanien wird als möglicher erster Begünstigter des OMT-Programms nicht mehr so häufig genannt, seit sich das Land dank EZB zu deutlich niedrigeren Zinsen refinanzieren kann. Statt dessen sind zwei andere Länder - Irland und Portugal - in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Beide wollen ihr mit EZB, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission abgeschlossenes Anpassungsprogramm 2014 verlassen.

   Geld können sie sich dann nicht mehr über Troika-Hilfskredite besorgen. Statt dessen müssen sie wieder eigene Anleihen begeben. Aber werden sie sofort wieder auf eigenen Beinen stehen können? Sind die Zinsen nicht immer noch weit von dem entfernt, was man als tragfähig bezeichnen könnte? Manche Beobachter glauben, dass die Staaten in dieser Übergangsphase Hilfen des Euro-Rettungsfonds ESM beantragen werden, was eine Vorbedingung für EZB-Staatsanleihekäufe wäre.

   Die EZB hat als eine weitere Bedingung aufgestellt, dass die Staaten bereits an den Kapitalmarkt zurückgekehrt sind. Aber was bedeutet das? Dazu müssen sie, wie EZB-Direktor Jörg Asmussen klar gestellt hat, Anleihen mit einer Laufzeit von über drei Jahren begeben haben. Seine Kollege Benoit Coeure wies in dieser Woche darauf hin, dass aus EZB-Sicht aber weder Irland noch Portugal wirklich an den Kapitalmarkt zurückgekehrt seien, weil sie noch keine länger laufenden Anleihen unterschiedlicher Laufzeit begeben hätten.

   Tatsächlich haben die beiden Länder bisher nur fünfjährige Papiere begeben. DZ-Bank-Analyst Hendrik Lodde glaubt, das Irland in diesem Jahr noch mit acht- oder zehnjährigen Papieren kommen wird. Und Portugal hat bereits eine zehnjährige Anleihe angekündigt.

   Die Frage ist: Was passiert an der OMT-Front als nächstes? Wird die EZB weiter zurückweichen und ihre Bedingungen konkretisieren, oder wird sie eine Aktivierung des OMT signalisieren? Von der Beantwortung dieser Frage hängt einiges ab - unverdientermaßen auch die Rendite italienischer Staatsanleihen.

   Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

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   March 04, 2013 13:31 ET (18:31 GMT)

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