24.05.2014 17:49:31
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Coeure: EZB könnte negative Zinsen beschließen - Bericht
Von Todd Buell
Wenn der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) Anfang Juni das nächste Mal tagt, erwarten viele Marktteilnehmer weitere geldpolitische Lockerungsmaßnahmen. Noch sei es aber zu früh, um zu sagen, was genau die EZB dann tun werde, sagte EZB-Direktor Benoit Coeure in einem Interview mit der polnischen Zeitung Gazeta Wyborcza.
Die Zinsen in der Eurozone sind bereits niedrig. Sie könnten aber noch weiter nach unten gehen, selbst in den negativen Bereich, sagte Coeure in dem am 16. Mai geführten Interview, das am Samstag auch auf der Webseite der EZB auf Englisch veröffentlich wurde.
"Wenn sich das ungleichmäßige Tempo der wirtschaftlichen Erholung in der Eurozone bestätigt und wenn wir ein Risiko sehen, dass die Inflation zu lange zu niedrig ist, können wir im Juni aktiv werden", sagte der Währungshüter. "Wir können auf verschiedene Weise handeln, abhängig von der Situation. Im Moment ist es aber noch zu früh, um zu sagen, was genau wir tun werden."
Negative Zinsen stünden als Instrument zur Verfügung. "Wir sind technisch und rechtlich vorbereitet für solch eine Möglichkeit", sagte er. "Und die Marktteilnehmer sind sich bewusst, dass wir über einen solchen Schritt nachdenken."
Der Hauptrefinanzierungssatz der EZB, den sie Banken berechnet und für ihre wöchentlichen Kredite verlangt, liegt bei 0,25 Prozent. Der Einlagenzins liegt bei null Prozent. Experten glauben, dass die EZB beide Raten bei ihrem nächsten Treffen am 5. Juni senken wird. Das bedeutet dass Banken effektiv dafür bezahlen müssen, wenn sie Geld über Nacht bei der Notenbank parken wollen.
Die Aussagen von Coeure sind die bislang jüngsten von verschiedenen Mitgliedern des 24-köpfigen Rats, der die Politik der Eurozone bestimmt. Zuvor in dieser Woche hatte EZB-Ratsmitglied Yves Mersch erklärt, die Wahrscheinlichkeit, dass der Gouverneursrat im Juni handelt, sei "erheblich gestiegen". Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte die Erwartungen an eine Zinssenkung wenige Tage später wieder gedämpft. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung betonte er, dass noch gar nicht klar sei, ob die EZB überhaupt handeln müsse.
Die EZB erhofft sich von den negativen Zinsen, dass Geschäftsbanken ihr Geld dann lieber an Unternehmen und Haushalte verleihen, anstatt es bei der Notenbank zu parken.
Kritiker der negativen Zinsen argumentieren dagegen, ein solcher Schritt werde die Inhaber von Sparkonten belasten. Denn die Banken würden die Kosten der negativen Zinsen an die Kontenbesitzer weitergeben.
Auf die Frage, ob negative Zinsen die Menschen davon abhalten würden, ihr Geld bei Banken anzulegen, sagte Coeure, dies hänge davon ab, wie weit ins Minus die Zinsen gehen würden. "In der Tat, wenn die Zinsen sehr negativ werden, könnte das Auswirkungen auf die Sparer haben. Aber Zinsen von nur leicht unter null bedeuten noch nicht, dass die Sparer betroffen sind, während sie aber trotzdem Anreize für Banken geben, mehr Geld zu verleihen."
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