20.10.2015 12:30:47
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Auch Unions-Finanzobmann will Flüchtlinge an Kosten beteiligen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die zuerst von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgebrachten Forderungen nach einer Kürzung von Sozialleistungen für Asylbewerber erhalten in der Union trotz Kritik des Koalitionspartners SPD weiteren Auftrieb. Angesichts immer höherer Ausgaben schlägt jetzt auch der Obmann der Union im Bundestagsfinanzausschuss, der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans Michelbach, vor, die Flüchtlinge stärker an den Kosten zu beteiligen.
Die Kosten für Qualifikations- und Integrationskurse sollten den Migranten von den Hartz-IV-Leistungen abgezogen werden, sagte Michelbach der Bild-Zeitung. "Wir müssen die Kosten für die Flüchtlingskrise senken, wenn wir Steuererhöhungen vermeiden und die schwarze Null halten wollen", erklärte der CSU-Abgeordnete.
Schäuble hatte vergangene Woche hinterfragt, ob man Flüchtlingen, die jetzt erst einmal "die Sprache und Lesen und Schreiben" lernen müssten, vom ersten Tag so viel Hartz IV zahlen solle wie Menschen, die 30 Jahre gearbeitet haben und jetzt arbeitslos sind. "Können wir nicht wenigstens die Kosten für die Eingliederungsleistungen abziehen?", hatte er gefragt. Die SPD hatte sich aber deutlich gegen diese Idee positioniert und betont, weder gebe es dafür rechtlichen Spielraum, noch sei dies wünschenswert.
Anders als der CSU-Finanzpolitiker Michelbach begründete Schäuble seine Idee, die er am vergangenen Dienstag in einer Rede beim 8. Deutschen Maschinenbau-Gipfel in Berlin präsentierte, allerdings nicht mit finanzpolitischen Argumenten, sondern er stellte auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt ab.
Die Folgen der Flüchtlingswelle für den deutschen Bundeshaushalt ließ der Finanzminister vor diesem Hintergrund ausdrücklich offen. Die Maßnahmen sollten "wenn möglich" ohne neue Schulden finanziert werden, die Flüchtlingskrise habe aber "ein wahnsinnig großes Risikopotenzial". Im Bundeshaushalt werde es einen enormen Anstieg der Ausgaben für Arbeit und Soziales geben.
Hintergrund der Bemerkung sind die Zusagen des Bundes für die Flüchtlinge. Jeder von ihnen soll nach einer Verabredung von Bund und Ländern 670 Euro monatlich bis zum Ende seines Verfahrens erhalten. Danach sollen anerkannte Asylbewerber Hartz IV beantragen können.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel richtet sich Schäuble darauf ein, schon im kommenden Jahr wieder neue Schulden aufnehmen zu müssen. Der Puffer von neun Milliarden Euro, den der Finanzminister im nächsten Jahr hat, um den ausgeglichenen Haushalt zu halten, werde nicht ausreichen. Denn Fachleute im Finanzministerium rechnen laut dem Bericht mit Flüchtlingskosten von deutlich über zehn Milliarden Euro und halten unter anderem ein milliardenschweres Wohnungsbauprogramm für unausweichlich. Außerdem bräuchten die Länder mehr Hilfen vom Bund.
Das Finanzministerium bestätigte dies aber nicht und geht offiziell weiterhin von einem ausgeglichenen Haushalt für 2016 aus. Schäuble hat aber wiederholt betont, die Bewältigung der Flüchtlingskrise habe oberste Priorität.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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October 20, 2015 05:58 ET (09:58 GMT)
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