14.07.2015 11:32:46

Bankenschließung trifft griechische Start-ups hart

   Von Ianthe Jeanne Dugan und Georgi Kantchev

   ATHEN (Dow Jones)-- Das Schicksal hat bei Alexandros Nikolaidis zum ersten Mal zugeschlagen, als ein Datendienstleister in San Francisco sein Konto wegen Nichtzahlung schloss. Dann räumte ein E-Mail-Provider dem Onlinemusik-Entrepreneur nur eine Woche Zahlungsfrist ein. Schließlich flehte Nikolaidis den Host seiner Server, ebenfalls ein US-Unternehmen, an, seine Website nicht abzuschalten, solange seine Bankkonten eingefroren seien.

   "Es ist, als ob alles zusammenfällt", beklagte Nikolaidis, der seinen Job als Consultant bei PricewaterhouseCoopers vor zwei Jahren aufgab, um die Musikgesellschaft Tapely zu gründen, für die er im vergangenen Jahr bei Investoren eine halbe Million Euro eingesammelt hatte.

   Am Montag gab er auf: "Wir haben versucht, auf ein neues Produkt umzusteigen", sagte er. Mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen habe er jedoch entschieden, mit Tapely nicht weiterzumachen.

   Zwar haben sich die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am Montagmorgen für Verhandlungen über ein drittes Hilfsprogramm für das von der Staatspleite bedrohte Griechenland verständigt und dies an umfangreiche Sparmaßnahmen geknüpft. Die Probleme für die Start-ups, die in den vergangenen Jahren gestützt von Millionen von Dollar ausländischer Investoren gediehen sind, bestehen aber weiter.

   Die Schließung der Banken, die bereits in ihre dritte Woche geht, verbietet den Transfer von Geld von griechischen Konten ins Ausland. Dies trifft vor allem die Technologiefirmen, die anders als konventionelle Einzelhändler auf das globale Netz von elektronischen Dienstleistungen angewiesen sind. Dabei sind in der Regel wöchentlich oder monatlich Kreditkartenabrechnungen fällig.

   Über Nacht standen Dutzende im Regen. Zahlungsfunktionen auf Facebook und Google verschwanden. Amazon stellte die Belieferung ein. Konten bei PayPal funktionierten nicht mehr. Entrepreneure baten Freunde, Familien und Investoren im Ausland um Hilfe, um ihre Rechnungen bei Technologieanbietern zu bezahlen.

   Geschürt wird das Chaos von der allgemeinen Befürchtung eines möglichen "Haircuts" der Regierung bei Bankeinlagen, im Grunde die Einführung einer Steuer, um Gläubiger zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund haben viele Unternehmen in den vergangenen Wochen Gehälter und Rechnungen Monate im Voraus bezahlt, um auf diese Weise ihre Kontobestände zu reduzieren, sagten Beschäftigte und Inhaber von Geschäften.

   Die Mehrheit der Unternehmen bemühe sich darum, die Aktivitäten und das Kapital zu schützen, sagte Haris Makryniotis, Managing Director bei Endeavor Greece, der in Start-ups investiert. Es sei entscheidend, auch in Zeiten von Verlusten weiterzumachen, um dann auch in Zeiten der Stabilisierung oder Erholung dabeizusein.

   Seit 2010 hat sich die Zahl der Start-ups in Griechenland jedes Jahr verdoppelt. Allein im vergangenen Jahr sind rund 300 dazugekommen, so Endeavor. Der Sektor ist zwar noch klein, und viele haben in Erwartung finanzieller Probleme in Griechenland ihr Domizil in den USA oder Großbritannien. Aber die Tech-Szene war ein Glanzlicht inmitten des langen Schrumpfens der Wirtschaft.

   Qrator, ein soziales Netzwerk für kreative Köpfe, hat seine Verwaltung in London. Das operative Geschäft und die Entwicklung werden von Athen und Chania gesteuert. Dort gebe es Unmengen guter und preiswerter Computerspezialisten, sagte Gründer Nikolas Ioannides.

   Im Dezember sammelte Qrator 830.000 US-Dollar bei Investoren unter anderem in den USA ein und heuerte 11 Mitarbeiter in Griechenland an. Im Mai legte die Firma in Athen los und verfolgte auch Pläne, weltweit zu agieren. Aufgrund der Kapitalverkehrskontrollen konnte die Gesellschaft in der vergangenen Woche ihre Rechnungen nicht bezahlen, um die Server laufen zu lassen, elektronische Werbung zu lancieren oder das Verhalten der Kunden zu messen. "Wir mussten anrufen und um mehr Zeit bitten oder nach anderen Wegen der Bezahlung suchen", sagte Ioannides.

   Jüngst bekam die in Galloway im US-Bundesstaat New Jersey ansässige Linode einen Anruf von Qrator. Linode unterhält Clouds, über die Kunden Dienste gemeinsam im Netz nutzen können. Qrator hat einen Monat Aufschub für Zahlungen erhalten. Bis zur vergangenen Woche hatte Linode nie von irgendeinem griechischen Unternehmen gehört, wie Manager Stephen C. Clemens sagte. Und plötzlich riefen Dutzende an.

   Alle baten sie um Alternativen für die Zahlung ihrer monatlich fälligen Rechnungen. Ein griechischer Kunde sei so weit gegangen, dass er die Kreditkarte eines Freundes außerhalb von Griechenland genutzt habe, um Dienstleistungen für sechs Monate zu bezahlen.

   Ein anderer habe einen Mitarbeiter von Linode gebeten, ihm das Geld für einen Monat vorzuschießen. Er würde das Geld erstatten, sobald seine Bank wieder öffne. Das sei die verzweifelste Bitte gewesen. (Der Mitarbeiter habe abgelehnt.)

   Incrediblue, ein Onlinemarkt für Bootsverleih, konnte seine Werbung bei Google nicht mehr bezahlen, das Geschäft brach daraufhin ein. "In der vergangenen Woche ist die Nachfrage um 80 Prozent gesunken", sagte CEO Antonios Fiorakis. Und Philipp Brinkmann, CEO von Travelplanet24, hat für die Facebook-Werbung der auf Schönheitsdienstleistungen spezialisierten Plattform Funkmartini gezahlt. Er ist an dem Unternehmen beteiligt.

   Der niederländische Botschafter in Griechenland, Jan Versteeg, hatte 2013 Orange Grove ins Leben gerufen, ein Gründerzentrum, das im ersten Stock der Botschaft in Athen untergebracht ist. Gesponsort von niederländischen Firmen bietet Orange Grove mehr als 50 griechischen Start-ups Arbeitsräume und Beratung an. Es sei ein "Gegenmittel zur Krise", sagte Versteeg.

   Seit Einführung der Kapitalverkehrskontrollen seien die Menschen eindeutig pessimistischer geworden. Doch dies sei hoffentlich nur ein kleines Tief, so Versteeg.

   Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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   July 14, 2015 05:22 ET (09:22 GMT)

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