31.03.2019 14:59:43
|
'Bankrotterklärung': Kritik in CDU an längerem Rüstungsexportstopp
BERLIN (dpa-AFX) - In der Union mehren sich nach der Verlängerung des Rüstungsexportstopps für Saudi-Arabien kritische Stimmen. "Das ist eine Bankrotterklärung für die deutsche Sicherheits- und Außenpolitik", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Tatsache, dass die Nato-Quote - also der Anteil der Verteidigungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt - weiter verfehlt werde, lasse Deutschland weder verlässlich noch berechenbar und bündnistreu erscheinen.
Pfeiffer mahnte: "Wir müssen nach klaren Regeln agieren und nicht nach Bauchgefühl der SPD." Die SPD verhalte sich europafeindlich und gefährde die Bündnis- und Kooperationsfähigkeit Deutschlands. Die Gewerkschaft IG Metall mahnte, politische Entscheidungen dürften nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. SPD-Chefin Andrea Nahles hatte sich zufrieden mit der Verständigung gezeigt.
Auch CSU-Chef Markus Söder kritisierte die Haltung der SPD. Wenn Deutschland Verträge eingehe und mit Partnern etwas erreichen wolle, könne man nicht "Verbindungen über 20 Jahre kappen", weil man "jetzt mal ein kurzfristiges moralisches Interesse für den Wahlkampf" habe, sagte Söder auf einem kleinen CSU-Parteitag in Nürnberg. "Wir müssen in Europa endlich wieder lernen, ehrlich und anständig mit den anderen umzugehen, als ihnen immer vorzuschreiben, was sie zu denken, zu sagen und zu tun haben."
Zuvor hatte sich auch der stellvertretende Unionsfraktionschef Johann Wadephul (CDU) bereits kritisch geäußert und von einer Benachteiligung der deutschen Rüstungsindustrie gesprochen. Der europapolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), sagte der "Passauer Neuen Presse" (Samstag): "Wir laufen Gefahr, unsere außenpolitische Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit über Gebühr zu strapazieren."
Nach erbittertem Streit hatte die Bundesregierung das Verbot von Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien grundsätzlich um ein halbes Jahr verlängert. Für rein deutsche Produkte gilt ein komplettes Lieferverbot - auch für bereits genehmigte Exporte. Für europäische Gemeinschaftsprojekte haben Union und SPD den Exportstopp dagegen leicht aufgeweicht: Bis Ende des Jahres dürfen deutsche Unternehmen Bauteile für solche Projekte an Unternehmen etwa in Frankreich oder Großbritannien liefern, damit die Produktion weitergehen kann. Die Bundesregierung will aber verhindern, dass sie an die Auftraggeber Saudi-Arabien oder Vereinigte Arabische Emirate ausgeliefert werden.
Zudem enthält die Vereinbarung der Koalition einen geheimen Passus: Laut Funke-Mediengruppe darf Frankreich Rüstungsgüter nach Saudi-Arabien liefern, die deutsche Bauteile im Gesamtwert von mehr als 400 Millionen Euro enthalten. Selbst in Regierungskreisen in Berlin bestand Unklarheit, wie strikt die Vorgaben umgesetzt werden können. Aus Sicht der Vizevorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Daniela De Ridder (SPD), ist "nicht garantiert", dass europäische Regierungen wirklich alle Lieferungen an Saudi-Arabien beenden, wie sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" sagte.
Der scheidende Airbus-Chef Tom Enders warnte die Bundesregierung vor Alleingängen. "Ich bin überzeugt, dass wir in Deutschland uns isolieren werden", sagte er am Freitag vor Journalisten in München. Mit Blick auf künftige europäische Rüstungsprojekte wie das geplante Kampfflugzeug FCAS stellte Enders die Frage, ob man den außerhalb Deutschlands und ohne deutsche Teile bauen solle. "Wenn man die Rüstungsindustrie in Deutschland weiter abbauen will, kann man das machen", sagte der Manager, der die Konzernführung am 10. April abgibt. Für Airbus sei das Geschäftsfeld Rüstung nicht existenziell.
Das IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner sagte der dpa, die Beschäftigten der Rüstungsindustrie erwarteten Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Die Gewerkschaft drang auf alternative Lösungen für erteilte und nun gestoppte Exportgenehmigungen. "Gleichzeitig erwartet die IG Metall von der Bundesregierung, endlich auf die Partnerländer, vor allem in der Europäischen Union, zuzugehen, um Lösungen für bestehende und künftige gemeinsame Projekte zu entwickeln."
Der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour kritisierte, die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gingen ab sofort also über Frankreich. "Und dafür will sich die SPD auch noch feiern lassen", sagte er der "Rheinischen Post" (Samstag)./hoe/seb/DP/he
Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!