Index-Neuordnung DAX 40 |
06.09.2021 16:03:00
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DAX künftig mit 40 Werten: Diese Aktien-Aufsteiger hat die Deutsche Börse benannt
Mit Airbus bekommt der DAX ein weiteres Schwergewicht auf dem Niveau des Autoherstellers Daimler oder des Versicherungsriesen Allianz. "Airbus begrüßt die Ankündigung der Deutschen Börse, den deutschen Premium-Index zu erweitern und wir freuen uns sehr darauf, noch in diesem Monat Mitglied des DAX40 zu werden", kommentierte ein Sprecher des Flugzeugherstellers.
Neu auf dem DAX-Kurszettel stehen demnächst zudem die folgenden neun Unternehmen: der Chemikalienhändler Brenntag, der Kochboxenlieferant HelloFresh, die Holdinggesellschaft Porsche, der Sportartikelhersteller PUMA, das Biotechnologie- und Diagnostikunternehmen QIAGEN, der Pharma- und Laborzulieferer Sartorius, der Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers, der Aromen- und Duftstoffehersteller Symrise, der Online-Modehändler Zalando.
Die Vergrößerung des DAX hatte die Deutsche Börse im vergangenen November beschlossen. Lange wurde das wichtigste deutsche Börsenbarometer von den vier Branchen Chemie, Autoindustrie, Energie, Finanzdienstleistungen dominiert. Nun soll der Leitindex die deutsche Wirtschaft repräsentativer abbilden.
Im Gegenzug verkleinert der Frankfurter Marktbetreiber den MDAX der mittelgroßen Werte von 60 auf 50 Titel. Fünf Unternehmen aus dem Nebenwerte-Index SDAX rücken zum 20. September in den verkleinerten MDAX auf: die Vodafone-Sendemastentochter Vantage Towers, der Recycling-Spezialist Befesa, der Gabelstapler-Hersteller Jungheinrich, der Finanzdienstleister Hypoport sowie zooplus, ein Online-Händler für Haustierbedarf.
Ihre Plätze im MDAX räumen müssen dafür der Baukonzern HOCHTIEF, der Antikörperspezialist MorphoSys, der Windkraftanlagen-Hersteller Nordex, der Wind- und Solarparkbetreiber ENCAVIS und die Shop Apotheke.
Die Zusammensetzung des DAX, den es seit Juli 1988 gibt, soll künftig zweimal statt nur einmal jährlich regulär überprüft werden. Neu aufnehmen in den DAX will die Deutsche Börse künftig nur noch profitable Unternehmen. Wer Mitglied werden will, muss mindestens auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in den vorhergehenden beiden Geschäftsjahren profitabel gewesen sein. Pleitekandidaten und Konzerne, die ihrer Pflicht zur fristgerechten Veröffentlichung von Zwischenberichten nicht nachkommen, sollen nichts mehr in der ersten deutschen Börsenliga verloren haben.
Mit der Verschärfung der Regeln für die DAX-Familie reagiert die Börse auf den Wirecard-Bilanzskandal. Der Zahlungsdienstleister hatte sich trotz milliardenschwerer Luftbuchungen, die im Sommer 2020 aufflogen, noch über Monate im DAX halten können, weil die bisherigen Regeln einen raschen Rauswurf aus dem Leitindex nicht zuließen. Für Kritik sorgte auch, dass für Wirecard der Essenslieferant Delivery Hero in den DAX aufrückte und damit ein Unternehmen, das seit seiner Gründung 2011 im laufenden Geschäft noch nie Geld verdient hat.
Die DAX-Aufsteiger erhoffen sich von der Aufnahme in die erste deutsche Börsenliga Rückenwind. "Die Aufnahme von Siemens Healthineers in den DAX wird unsere Sichtbarkeit weiter erhöhen und unterstreicht die Relevanz der Gesundheitsbranche", erklärte der Vorstandsvorsitzende der Siemens Healthineers AG, Bernd Montag. Auch der Vorstandsvorsitzende der Porsche Automobil Holding SE, Hans Dieter Pötsch, zeigte sich überzeugt, dass sich mit dem Aufstieg in den DAX die Wahrnehmung seines des Unternehmens in der breiten Öffentlichkeit weiter erhöhen werde.
Die Berliner Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) äußerte sich erfreut, dass die Hauptstadt zwei neue DAX-Konzerne beherbergt: "Der Aufstieg von Zalando und Hellofresh in den DAX ist ein wichtiger Tag und eine Zeitenwende für Berlin. Noch vor einigen Jahren fragte man sich, wie DAX-Unternehmen nach Berlin gelockt werden können. Heute werden Berliner Gründungen zu DAX-Konzernen und verjüngen den Leitindex deutlich."
Welche Unternehmen waren im DAX von Anfang an dabei?
12 der ursprünglich 30 Konzerne sind seit dem DAX-Start am 1. Juli 1988 ohne Unterbrechung in dem Index gelistet: Allianz, BASF, Bayer, BMW, Daimler (zuvor Daimler-Benz), Deutsche Bank, E.ON (2006 entstanden aus Veba und Viag), Henkel, Linde, RWE, Siemens und Volkswagen.
Ändert sich mit der Erweiterung auch der Zählerstand des DAX?
Trotz der zehn neuen Unternehmen gibt es keine Auswirkungen auf den Punktestand des Leitindex. Nur das Gewicht der einzelnen Aktien ändert sich. Die bisherigen 30 Mitglieder verlieren zugunsten der Neuaufnahmen einen Teil ihres Gewichts.
Was bedeuten die Neuerungen für Anleger?
Für Privatanleger, die etwa per börsengehandelter Indexfonds in den DAX investieren, ändert sich im Großen und Ganzen nicht viel. Diese sogenannten ETFs (Exchange Traded Fund) werden von den Anbietern entsprechend umgebaut: Sie werden Aktien der DAX-Neulinge entsprechend ihres dann errechneten Gewichts kaufen und dafür Anteile an den bisherigen DAX-Werten verkaufen.
Welche Reformvorschläge haben sich nicht durchgesetzt?
Rüstungsgegner und Umweltschützer hatten vergeblich gefordert, Unternehmen von der DAX-Mitgliedschaft auszuschließen, die mehr als zehn Prozent ihres Umsatzes mit der Herstellung umstrittener Waffen machen. Die Frage, ob der DAX moralischer werden soll und bei der Auswahl der Mitglieder Kriterien wie Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung stärker gewichten werden sollen, hatten Banken und Broker, Verbände und Profi-Investoren in einem Austausch zu der geplanten Reform im vergangenen Jahr jedoch mehrheitlich verneint.
Ökonom: Auch DAX mit 50 Konzernen vorstellbar
"Grundsätzlich ist die DAX-Erweiterung sehr sinnvoll", sagte der Darmstädter Wirtschaftsprofessor Dirk Schiereck der Deutschen Presse-Agentur. "Wenn man sich in Europa andere Aktienmärkte anschaut, sind die dortigen Leitindizes alle größer, obwohl diese Volkswirtschaften kleiner sind als die deutsche. Das allein zeigt, dass ein Index mit 30 Mitgliedern die deutsche Volkswirtschaft nicht angemessen abbildet." Der Experte für Unternehmensfinanzierung ergänzte: "Wenn es wieder mehr Börsengänge gibt und der Kurszettel deutlich anwachsen sollte, wäre 40 aber sicher nicht das Ende. Da kann man sich auch einen DAX 50 vorstellen."
Nach Darstellung des Personalberaters Russel Reynolds bekommt die positive Entwicklung der letzten Jahre zu mehr Frauen im Top-Management und in den Aufsichtsräten durch die Erweiterung einen deutlichen Dämpfer. Die DAX-40-Aufsteiger verringerten die Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten, die Arbeitnehmer-Mitbestimmung sinke zudem auf einen Tiefststand.
Demnach fällt der durchschnittliche Frauenanteil in den DAX-Vorständen von 19 auf 17,6 Prozent. Denn fünf der 10 Aufsteiger hätten keine Frau im Vorstand. Auch in den Aufsichtsräten gehe die Frauenquote erstmals seit mehr als zehn Jahren wieder zurück - von zuletzt 34 auf jetzt 33 Prozent. Zudem seien 30 Prozent der DAX-40-Aufsichtsräte jetzt ohne paritätische Mitbestimmung. 2015 seien noch alle DAX-Unternehmen mitbestimmt gewesen. Die Neulinge sorgten aber zugleich für einen Schub bei der Internationalisierung.
Lange wurde der DAX, dessen Kurse Abend für Abend zur besten TV-Sendezeit in deutsche Wohnzimmer flimmern, von den vier Branchen Chemie, Autoindustrie, Energie, Finanzdienstleistungen dominiert. Nun soll die Mischung ausgewogener werden und zum Beispiel auch aufstrebenden Internetfirmen einen Platz im Schaufenster der deutschen Wirtschaft sichern.
"Gemessen an der Gesamtstruktur der deutschen Wirtschaft wird es im DAX weiterhin über- und untergewichtete Branchen geben. Was wir sehen, ist eine vorsichtige Readjustierung der branchenmäßigen Zusammensetzung", befand Schiereck. "Viele Mittelständler sind auch gar nicht so böse darum, dass sie kein DAX-Unternehmen sind. Man steht nicht so sehr im Schaufenster, und es ist immer noch schöner, König im MDAX oder SDAX zu sein, als Schlusslicht im DAX."
Allerdings verliert der MDAX als zweite Börsenliga nach Ansicht von Experten deutlich an Gewicht. Die dortigen Abgänge machten rund 45 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung des Index der mittelgroßen Werte aus, rechnete das Deutsche Aktieninstitut vor. "Diese Lücke wieder zu schließen, ist nicht so einfach", hatte Institutschefin Christine Bortenlänger am Donnerstag erklärt. Die nächste Bundesregierung müsse Börsengänge in Deutschland attraktiver machen.
Die Zusammensetzung des DAX will die Deutsche Börse künftig zweimal statt einmal jährlich regulär überprüfen. Neu aufgenommen werden sollen nur noch profitable Unternehmen. Pleitekandidaten und Konzerne, die ihrer Pflicht zur fristgerechten Veröffentlichung von Zwischenberichten nicht nachkommen, sollen nichts mehr in der ersten deutschen Börsenliga verloren haben. /ben/DP/mis
FRANKFURT (dpa-AFX)
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