01.11.2013 18:28:58
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"DER STANDARD"-Kommentar: "Asyl für Snowden in Europa" von Alexandra Föderl-Schmid
Wien (ots) - Man muss wohl über die Erfahrenheit eines Helmut Schmidt und sein Alter - 94 Jahre - verfügen, um derart gelassen auf die jüngsten Enthüllungen über NSA-Aktivitäten zu reagieren: "Meine Aufregung hält sich auch deshalb in Grenzen, weil ich die Amerikaner auf dem Feld der Spionage nicht für edler gehalten habe als die anderen", schreibt der deutsche Altkanzler in der Zeit.
Dass Geheimdienste spionieren, ist ihre Aufgabe. Aber die in den vergangenen Monaten bekanntgewordenen Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA übersteigen jegliches Maß. Die US-Geheimdienste haben ihre Möglichkeiten überspannt.
Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 lautete die Devise: Überwacht wird, was möglich ist. Das geheime Abhören von Telefonaten und Mitlesen von E-Mails hat sich aber nicht auf konkrete Gefahren beschränkt, sondern hat - nicht zuletzt durch technische Entwicklungen - zu einer massiven Erfassung und Speicherung von Millionen von Bürgern geführt. Sogar Suchmaschinen werden genutzt, um Daten zu sammeln, und die Bewegungen jedes Einzelnen können nachvollzogen werden. All das zeugt von einer grenzenlosen Obsession, die zu einer globalen Überwachungsgesellschaft geführt hat.
Jeder ist in den Augen der US-Spionage verdächtig; auch die Regierungschefin eines eigentlich befreundeten Landes. Es ist ein Glücksfall, dass herausgekommen ist, dass auch das von der Partei zur Verfügung gestellte Handy von Angela Merkel abgehört wurde. Damit hat die Affäre eine Dimension erreicht, die die bisherige Gelassenheit der deutschen Kanzlerin erschüttert hat. Die persönliche Betroffenheit Merkels hat internationale Auswirkungen: In Europa ist das Thema endlich Chefsache, zumal insgesamt 35 Staats- und Regierungschefs, soweit bisher bekannt, abgehört wurden.
Auslöser dieses Erkenntnisprozesses war Edward Snowden, der ausgerechnet in Russland Asyl erhalten hat. Was bisher bekannt ist, erklärt die Nervosität der Amerikaner und warum sie ihn unbedingt zum Schweigen bringen wollen. Wenn Snowden nun um Asyl "in Deutschland oder in einem anderen, vergleichsbaren Land" bittet, sollte es ihm ein europäischer Staat gewähren. In Berlin kann ihm Asyl gewährt werden, wenn dies der "Wahrung der politischen Interessen Deutschlands" dient. Das ist in dem Fall gegeben.
Zwar räumen die USA erstmals durch Außenminister John Kerry ein, dass die Überwachung in einigen Fällen zu weit gegangen sei. US-Präsident Barack Obama hat angeordnet, dass Weltbank und Internationaler Währungsfonds nicht mehr überwacht werden dürfen.
All das zeugt aber noch nicht von einer grundsätzlichen Einsicht,
dass den US-Geheimdiensten klare Grenzen gesetzt werden müssen
nicht nur wenn es um die Daten von Amerikanern geht, wie ein
Gesetzesentwurf des Geheimdienstausschusses des US-Senats vorsieht.
Die Europäer müssen auf einen verbindlichen Verhaltenskodex drängen, der Regeln sowohl für den Umgang mit Daten von Behörden und Politikern als auch normalen Bürgern oder Unternehmen beinhaltet. Solange dies nicht geschieht, sollten die Übertragung der Fluggastdaten gestoppt und das Swift-Abkommen ausgesetzt werden. Ein weiteres Druckmittel wäre Snowden, der die notwendige Aufklärung in einem europäischen Rechtsstaat stärker vorantreiben könnte.
Rückfragehinweis: Der Standard, Tel.: (01) 531 70/445
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