16.06.2014 16:16:49
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DGAP-News: Scherzer & Co. AG: Offener Brief zum Übernahmeangebot R. Stahl AG durch die Weidmüller-Gruppe
Scherzer & Co. AG: Offener Brief zum Übernahmeangebot R. Stahl AG durch die Weidmüller-Gruppe
DGAP-News: Scherzer & Co. AG / Schlagwort(e): Sonstiges/Sonstiges
Scherzer & Co. AG: Offener Brief zum Übernahmeangebot R. Stahl AG
durch die Weidmüller-Gruppe
16.06.2014 / 16:17
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Die Scherzer & Co. AG ist Aktionärin der R. Stahl AG. Sie hat heute den
folgenden Text als offenen Brief an den Vorstand und den Aufsichtsrat der
R. Stahl AG gerichtet:
R. Stahl AG
Vorstand und Aufsichtsrat
Am Bahnhof 30
74638 Waldenburg
Köln, 16. Juni 2014
Übernahmeangebot durch die Weidmüller-Gruppe, 32758 Detmold:
Offener Brief an Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG sowie an die
"Familienaktionäre".
Sehr geehrter Herr Schomaker, sehr geehrter Herr Marx, sehr geehrte
Mitglieder des Aufsichtsrats, geschätzte "Familienaktionäre" der R. Stahl
AG
Die Scherzer & Co. AG (www.scherzer-ag.de) ist eine
Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Köln und hält selbst und im Umfeld
insgesamt mehr als 2% der R. Stahl-Aktien. Die Scherzer & Co. ist - und
dies ist im vorliegenden Kontext besonders erwähnenswert - vollkommen
unabhängig und weder mit den Familienaktionären rund um die R. Stahl AG
noch mit der Weidmüller-Gruppe in irgendeiner Weise direkt oder indirekt
verbunden. Die Scherzer & Co. AG ist ein in jeder Hinsicht "freier
Aktionär" der R. Stahl AG - vor allem frei von Interessenkonflikten und
damit auch frei im Wahlverhalten hinsichtlich des Übernahmeangebots.
Grundsätzlich lassen wir uns in der Entscheidungsfindung gerne von
sachlichen Argumenten sowie belastbaren Daten und Fakten pro oder contra
einer Sache leiten.
Mit wachsender Irritation und einer zunehmenden Skepsis beobachten wir die
aktuellen Entwicklungen rund um die R. Stahl AG. Insbesondere der letzte
Erhöhungsschritt der Weidmüller-Gruppe auf 50 Euro einerseits und die
Kommunikation seitens der R. Stahl AG an verschiedenen Orten andererseits
lassen aus heutiger Sicht befürchten, dass Vorstand und Aufsichtsrat
weiterhin - und mit zunehmender Vehemenz - nicht die Interessen aller
Aktionäre der börsennotierten R. Stahl AG vertreten, sondern lediglich
unklaren Partikularinteressen verpflichtet scheinen. Ein Indiz in diese
Richtung war bereits der aus unserer Sicht unnötige, riskante und nicht im
Interesse der unabhängigen Aktionäre stehende Aktienrückkauf von 2% des
Aktienkapitals zu durchschnittlich 43,95 Euro gemäss Information von der
Hauptversammlung, der lediglich die Machtposition der "Familienaktionäre"
(oder zumindest Teilen davon) gestärkt hat, auch wenn die offizielle
Begründung des Vorstands für diesen Schritt eine andere war.
Ein Stück weit entlarvend sind aus Sicht von "freien Aktionären" in diesem
Zusammenhang Aussagen in der aktuellen Ausgabe des HANDELSBLATT vom 16.
Juni 2014, die R. Stahl-Finanzvorstand Bernd Marx zugeschrieben werden.
Wörtlich antwortet Herr Marx auf eine entsprechende Journalisten-Frage zu
den Motiven des Aktienrückkaufs in ungeahnter Offenheit:
"Uns war wichtig, alle Vorkehrungen zu treffen, dass die positive
Entwicklung von R. Stahl nicht durch Minderheitsaktionäre behindert wird,
die abweichende strategische Interessen verfolgen. Wir halten es für das
Beste, wenn wir unseren klaren Fokus behalten und als Technologieführer im
Explosionsschutz weiter profitabel wachsen können."
Vorstand und Aufsichtsrat waren demnach offenbar zur Entscheidung gekommen,
dass Minderheitsaktionäre, die nicht den Kurs der Familie vertreten, den
Frieden stören und deshalb mit dem Firmengeld - also auch jenem Kapital
dieser störenden Minderheitsaktionäre! - mittels Aktienrückkauf
neutralisiert werden müssen. Das Firmenvermögen wird also in fragwürdiger
Weise dazu verwendet, um sich gegen Teile des eigenen Aktionariats zu
stellen - und zwar gegen die Minderheitsaktionäre. Der Vorstand hat damit
klar gegen § 33 WpÜG verstoßen, der ihm alle Handlungen verbietet, die
einen Erfolg des Übernahmeangebots verhindern könnten und gesteht dies auch
noch öffentlich ein.
Ein kooperativer, offener Diskurs zwischen Weidmüller und R. Stahl ist nach
außen nicht erkennbar und es müssen auch ernsthafte Zweifel bestehen, dass
es hinter den Kulissen ungeachtet des vorliegenden Angebots und des
Voranschreitens auf der Zeitachse konstruktive Gespräche zwischen den
Beteiligten gibt. Eher ist das Gegenteil der Fall: wechselseitige
Schuldzuweisungen, der Vorwurf fehlender Aufrichtigkeit und
Glaubwürdigkeit, "Unverschämtheit", "Respektlosigkeit", "Frechheit" usw. Es
sind offenkundig viele Emotionen im Spiel.
Der äußere Eindruck ist zunehmend jener einer Blockade-Position, die sich
in Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG zum möglichen Schaden von
Aktionären - und aus heutiger Sicht letztlich auch der R. Stahl AG selbst
und ihrer Mitarbeiter! - gebildet hat. Vorstand und Aufsichtsrat greifen -
mutmaßlich primär im Interesse einzelner "Familienaktionäre", aber auch im
eigenen Interesse - weitreichend in die Vermögenssphäre von Aktionären ein,
ohne diesen - und das macht diesen Fall so pikant - inhaltlich eine
Alternative zur Weidmüller-Gruppe aufzeigen zu können, obwohl gleich
mehrere Alternativen auf der Hand lägen, wenn die Prognosen von Vorstand
und Aufsichtsrat zum weiteren Kurs der R. Stahl AG stimmig wären und nicht
nur ein Zünden von Nebelkerzen.
Es gibt zum heutigen Zeitpunkt - und auch das wurde auf der
Hauptversammlung sehr deutlich - offenbar keinen "Plan B" für R. Stahl,
außer einem wirtschaftlichen Alleingang mit einem "Weiter so", dessen
Erfolgsaussichten der Markt zumindest aktuell, da der Aktienkurs einer
"isolierten R. Stahl AG" sehr deutlich unterhalb der Weidmüller-Offerte von
50 Euro notiert, als unsicher und zweifelhaft beurteilt werden muss. Es
erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Aktienkurs bei einem Scheitern der
Offerte für lange Zeit ungeachtet der ambitionierten Prognosen des
Vorstands von Anfang Mai 2014 deutlich unterhalb der Weidmüller-Offerte
verharren würde und all Ihre optimistischen Prognosen schon sehr bald
Makulatur wären.
Vorstand und Aufsichtsrat - aber auch die inhaltlich schwer zu fassenden
"Familienaktionäre" der R. Stahl AG - stürzen "freie Aktionäre" wie die
Scherzer & Co. AG mit ihrem jüngsten Verhalten und der Kommunikation
darüber in ein Dilemma und auch in eine "Entscheidungsschlacht" auf äußerst
dünner Datenbasis. Hinzu kommt erschwerend, dass sich mit wachsender Dauer
des Übernahmekampfs aus einer unabhängigen (Aktionärs-)Außenperspektive auf
Seiten der R. Stahl AG auch die Widersprüche und Ungereimtheiten mehren.
Darunter leidet letztlich die Glaubwürdigkeit, sowohl die der Organe wie
auch jene der komplex strukturierten "Familienaktionäre". Diese
sollen/wollen nach den letzten Meldungen nach außen zwar als untrennbare
Einheit wahrgenommen werden, obwohl sich auch belastbare Hinweise finden
lassen, dass es um die Einheit und Einigkeit der Familienstämme zumindest
in der Vergangenheit nicht immer zum Besten bestellt war.
Kurzum: In der vorliegenden Übernahmesituation in einer börsennotierten
Aktiengesellschaft mit Minderheitsaktionären, die nicht zur "Familie"
gehören, helfen nur Offenheit und völlige Transparenz, um "freie Aktionäre"
inhaltlich von der eigenen Position überzeugen zu können und sich nicht dem
Verdacht aussetzen zu wollen, auf sehr fragwürdige Art und Weise lediglich
Einzelinteressen zu bedienen und die Aktionäre im Kampf gegen einen
"missliebigen Aggressor" - so zumindest der heute entstehende Eindruck - im
Eigeninteresse instrumentalisieren zu wollen. Deshalb fordern wir Vorstand
und Aufsichtsrat der R. Stahl AG mit diesem Schreiben auf:
1. Schaffen Sie im eigenen Interesse und im Interesse aller unabhängigen
Aktionäre uneingeschränkt Klarheit über den angemessenen Wert der R.
Stahl AG und veröffentlichen Sie die wichtigsten wirtschaftlichen
Eckdaten der sog. "Inadequacy Opinion" von Ebner Stolz GmbH & Co. KG,
Stuttgart, vom 2. Juni 2014. Verschanzen Sie sich bitte nicht dahinter,
dass die "Inadequacy Opinion" nur für Vorstand und Aufsichtsrat der
Gesellschaft erstellt wurde, wie dies auf der letzten Seite des
Dokuments erwähnt wird. Die Aktionäre, von deren Geld dieses Gutachten
bezahlt wurde, müssen ein Recht darauf haben, die so von den
beauftragten Gutachtern ermittelten Werte auch in ihrer Zusammensetzung
zu erfahren, um diese in ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigen zu
können.
2. Zeigen Sie den Aktionären, die nicht zur Familie gehören und "frei"
sind, gangbare Alternativen zum Weidmüller-Übernahmeangebot auf und
suchen Sie im Interesse aller Minderheitsaktionäre nach wirtschaftlich
sinnvollen Lösungen in der vorliegenden "Blockade-Konstellation", die
maßgeblich Sie selbst als Organe zu verantworten haben und die entgegen
Ihrer Thesen nicht im Interesse des Unternehmens und aller Aktionäre
sein muss, sondern je nach weiterer Entwicklung und Eskalation auch
geeignet sein kann (kann!), Unternehmen wie Aktionäre gleichermaßen -
und nachhaltig - zu schädigen.
Zu 1.)
In der Stellungnahme vom 2. Juni 2014 zum Übernahmeangebot haben Sie die
"Inadequacy Opinion" der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ebner Stolz GmbH &
Co. KG, Stuttgart, abgedruckt, die die R. Stahl AG in Auftrag gegeben hat.
Insofern handelt es sich hier um eine Auftragsarbeit, wie es sich bei
entsprechenden Bewertungsgutachten im Normalfall - das gilt insbesondere
auch für Strukturmaßnahmen am Aktienmarkt - um Auftragsarbeiten handelt.
Aus eigener Erfahrung mit der institutionellen Gutachterpraxis -
einschließlich der Prüfer von Ebner Stolz - insbesondere im Umfeld von
Strukturmaßnahmen (Squeeze outs, Gewinnabführungs- und
Beherrschungsverträge etc.) wissen wir, wie flexibel solche Gutachten je
nach den gewählten Parametern im Regelfall sind.
Insofern ist unser Vertrauen in Fairness Opinions (oder "Inadequacy
Opinions") von Prüfungsgesellschaften ex ante grundsätzlich begrenzt, da
diese immer auch einen bestimmten Zweck verfolgen. Dies gilt natürlich umso
mehr, wenn wir nicht wissen, wie diese Bewertungen zustande gekommen sind
und welche Annahmen einer Bewertung zugrundelagen. Der vorliegende Fall der
"Inadequacy Opinion" von Ebner Stolz GmbH & Co. KG im Zusammenhang mit der
R. Stahl AG erscheint uns sogar besonders zweifelhaft, da die Begründungen
für die "Nichtangemessenheit" zwar wortreich und wolkig aufgeführt worden
sind. Eine detaillierte Herleitung der tatsächlichen Unternehmenswerte nach
den verschiedenen Verfahren sowie die zur Entstehung dieser Werte
beitragenden Parameter sucht man allerdings vergeblich. Auch findet sich
keine einzige Kennzahl - weder vergangenheitsbezogen noch
zukunftsorientiert - in diesem Bericht. Gerade diese in der konkreten
Situation unnötige "Geheimhaltung" nährt letztlich inhaltliche Zweifel an
dieser "Inadequacy Opinion" von Ebner Stolz GmbH & Co. KG, Stuttgart,
obwohl die Organe das genaue Gegenteil bezwecken.
Bitte veröffentlichen Sie im Interesse Ihrer "freien Aktionäre" deshalb
zeitnah vor Ablauf der Übernahmefrist mindestens folgende Eckdaten aus der
"Inadequacy Opinion", wenn Sie es ernst meinen mit Ihrer bisherigen Politik
der Ablehnung und gleichzeitig die Unterstützung der Aktionäre auf diesem
Wege einfordern:
Ertragswertverfahren
Prognosedaten R. Stahl AG Umsätze / EBIT / Jahresüberschüsse ( 5 Jahre)
Kapitalisierungsparameter R. Stahl AG
Höhe sicherer Zins
Marktrisikoprämie vor und nach Steuern
Beta Faktor (Komponenten / Komposition)
Wachstumsraten
Sonstige Zu- oder Abschläge
Sonderwerte (nicht betriebsnotwendiges Vermögen etc.)
Bandbreite Eigenkapital-/Unternehmenswert R. Stahl AG absolut und in EUR je
Aktie
Marktpreisorientierte Verfahren
Auflistung vergleichbarer Transaktionen und ihrer Transaction Multiples
Zugrundeliegende EBIT-Planung R. Stahl AG
Verwendete Daten von Finanzdienstleistern
Bandbreite Eigenkapital-/Unternehmenswert R. Stahl AG absolut und in EUR je
Aktie
Zu 2.)
Ungeachtet unserer Kritik am bisherigen Vorgehen von Vorstand und
Aufsichtsrat halten wir es noch nicht einmal für völlig ausgeschlossen,
dass Weidmüller - in der Lesart der R. Stahl AG - tatsächlich "nicht der
richtige Partner ist", obwohl wir aus der Außensicht gleichzeitig
industriell einige inhaltliche Ergänzungen erkennen können und deshalb
nicht so negativ gegenüber der möglichen Liaison eingestellt sind wie die
R. Stahl-Organe.
Wenn nun aber Weidmüller nicht der richtige Partner sein sollte oder "die
Familie" einfach sonstige schwer qualifizierbare Bedenken gegenüber
Weidmüller haben sollte, wäre es aus unserer Sicht in einer börsennotierten
Aktiengesellschaft bei einem vorliegenden Übernahmeangebot in der gegebenen
Konstellation nicht zuletzt im Interesse der aussenstehenden Aktionäre
zwingend, dass Vorstand und Aufsichtsrat eine zumindest wirtschaftlich
adäquate und "angemessene" Alternative für potentiell ausstiegsbereite
Aktionäre ausloten und diese den Aktionären anbieten. Im vorliegenden Fall
ist nichts dergleichen feststellbar. Vorstand und Aufsichtsrat verschanzen
sich - ohne Alternativen aufzuzeigen! - hinter dem Mantra "wir sind
unverkäuflich" und "auch der leicht verbesserte Angebotspreis wird dem
wahren Wert der Aktie bei weitem nicht gerecht. Aktionäre sollten dieses
Angebot daher nicht annehmen, sondern vom vollen Potential unseres
Unternehmens profitieren." Das ist - nicht nur von den Formulierungen -
alles leider relativ wolkig und nicht sehr griffig, wenn man mit einer
konkreten Entscheidungssituation und einem gut planbaren Abfindungsangebot
konfrontiert ist.
Mit einer solchen, nicht sehr konsensorientierten und auf Geheimhaltung
fokussierten Blockade-Strategie gefährden Vorstand und Aufsichtsrat, aber
auch die "Familienaktionäre" das Vermögen von Aktionären (und damit auch
ihr eigenes Vermögen!). Sie riskieren auch, dass die Firma als solche
Schaden nimmt.
Sollte sich herausstellen, dass die Prognosen von Vorstand und Aufsichtsrat
zu optimistisch waren, wird die R. Stahl AG und die Aktie darunter zu
leiden haben. Die Tatsache, dass die Aktie aktuell ca. 10% unter dem
Abfindungsangebot notiert, zeigt deutlich, dass die Märkte ihre Bedenken
hinsichtlich der künftigen R. Stahl AG haben.
Deshalb bitten wir Sie heute nachdrücklich: Zeigen Sie den Aktionären, die
nicht zur Familie gehören und "frei" sind, gangbare Alternativen zum
Weidmüller-Übernahmeangebot auf und suchen Sie im Interesse aller
Minderheitsaktionäre zeitnah - d.h. bis Ende Juni - nach Lösungen.
Eine Lösung aus der Situation könnte auch sein, dass die Familienaktionäre
ausstiegswilligen Aktionären anbieten, deren Aktien mindestens zum gleichen
Preis wie Weidmüller - also 50 Euro - zu übernehmen. Dies wäre eine faire
und insbesondere auch glaubwürdige Lösung, da es auch die Familienaktionäre
sind, die den R. Stahl-Aktionären aufgrund ihres eigenen Verhaltens einen
möglichen Ausstieg zu 50,00 Euro, entsprechend der Annahme des
Übernahmeangebots, verbauen.
Da Vorstand und Aufsichtsrat - und mit ihnen die "Familienaktionäre" (oder
Teile davon) - gemäss "Inadequacy Opinion" von Ebner Stolz GmbH & Co. KG
von deutlich höheren Unternehmenswerten ausgehen, wäre eine solche
Übernahme von Aktionärsanteilen zu 50,00 Euro sogar weitgehend risikofrei
für die Käufer - solange sie an ihre eigenen Prognosen überhaupt glauben!
Der Verzicht auf ein solches "Herauskaufen" der Aktionäre und ein denkbares
Going Private unter Federführung der R. Stahl-Erben könnte allerdings auch
bedeuten, dass die Familienfront a.) doch nicht so fest in Stein gemeißelt
ist und/oder b.) die Finanzierung eines solches Projekts nicht frei von
Risiken ist.
Eine weitere Alternative zur Weidmüller-Offerte könnte sein, dass Vorstand
und Aufsichtsrat einen genehmeren Aktionärspartner an Bord nehmen und
dieser den Aktionären ein zu Weidmüller mindestens gleiches
Abfindungsangebot zu 50 Euro unterbreitet. Doch auch an dieser Stelle sind
Vorstand und Aufsichtsrat der R. Stahl AG jetzt in der Pflicht - und mit
ihnen die Familienaktionäre, die die Aktionäre i.w.S. in die aktuelle
Situation "hineingetrieben" haben.
Zum Abschluss unseres "Offenen Briefs" möchten wir noch auf zwei weitere
Punkte eingehen, die uns aufgefallen sind und die u.E. nach ungewöhnlich
und auch erklärungsbedürftig sind.
Die Insiderverkäufe des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Volker Stahl werden
sowohl von der Gesellschaft selbst wie von Hans Volker Stahl auf der
Hauptversammlung 2014 stark heruntergespielt, passen sie doch offenkundig
nicht ins Bild einer "unverkäuflichen Firma", an dem auch medial sehr
sorgsam über entsprechende Berichte gearbeitet wird. Hans Volker Stahl
sagte auf der Hauptversammlung 2014 auf eine entsprechende Nachfrage aus
dem Aktionärskreis, dass diese Verkäufe "lange zurückliegen" und deshalb
nicht mehr relevant seien. Herr Marx als Finanzvorstand erwähnt gegenüber
dem HANDELSBLATT vom 16. Juni 2014, dass "Herr Stahl (...) diese Aktien zur
Finanzierung eines privaten Investments verkauft hat". Zudem weist Herr
Marx in diesem HANDELSBLATT-Gespräch darauf hin, dass "innerhalb des
Konsortiums der Gründerfamilien (...) ein vertraglich geregeltes
Vorkaufsrecht" gilt. Und weiter: "Auf diese Weise bleiben die Aktien auch
beim Ausstieg einzelner Gesellschafter im Kreis des Konsortiums."
Fakt ist:
Hier gibt es erhebliche Widersprüche zwischen den Organ-Aussagen und den
tatsächlichen Handlungen des Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Volker Stahl,
die sich für uns und andere Aktionäre nicht ohne Weiteres aufklären lassen.
Es ist aber zu befürchten, dass es mit der Wahrheit nicht so genau genommen
wurde. Gemäß Veröffentlichungen auf www.insiderdaten.de und Ihrer eigenen
Homepage www.stahl.de hat der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Volker Stahl im
Zeitraum von Oktober 2013 bis Februar 2014 in 22 (!!!) Tranchen - bevorzugt
zu 200 Aktien je Transaktion - insgesamt 3.920 Aktien zwischen 34 Euro
(10.10.2013) und 39,59 Euro (7.1.2014) der heute zu 50 Euro
"unverkäuflichen" R. Stahl-Aktie verkauft. Insgesamt hat der AR-Vorsitzende
Hans Volker Stahl gut 140.000 Euro oder durchschnittlich 35,51 Euro/Aktie
mit seinen Verkäufen erlöst. Mitnichten lagen diese "lange zurück", wie der
Aufsichtsratsvorsitzende selbst den Aktionären quasi zur Entschuldigung
suggerierte. Die letzten Verkäufe erfolgten nur wenige Wochen vor der
kolportierten Kontaktaufnahme durch die Weidmüller-Gruppe. Auch steht die
Frage im Raum, um was für eine "private Investition" eines zweifelsfrei
nicht unvermögenden Aufsichtsratsvorsitzenden es sich wohl gehandelt haben
mag, wenn die Verkäufe über einen Zeitraum von 5 Monaten gestaffelt und in
für sich genommen eher kleinen Tranchen erfolgten. Dieses Argument der
"privaten Investition", die offenbar Aktienverkäufe der Monate später von
der Familie für "unverkäuflich" erklärten R. Stahl-Aktie notwendig machte,
wirkt in diesem Kontext der effektiven Handlungen - 22 Verkäufe in 5
Monaten - sehr bemüht und letztlich - leider - auch nicht sehr glaubwürdig.
Beinahe noch schwerer wiegt die Aussage des CFO Marx gegenüber dem
HANDELSBLATT vom 16. Juni 2014 im Zusammenhang mit den Aktienverkäufen des
AR-Vorsitzenden Hans Volker Stahl, wonach "innerhalb des Konsortiums der
Gründerfamilien (...) ein vertraglich geregeltes Vorkaufsrecht" gilt und
"auf diese Weise (...) die Aktien auch beim Ausstieg einzelner
Gesellschafter im Kreis des Konsortiums" bleiben. Diese Aussage suggeriert
eindeutig, dass Hans Volker Stahl seine eigenen Aktien nur innerhalb des
Familienkonsortiums verkauft haben soll - über die angeblich vertraglich
geregelten Vorkaufsrechte.
Tatsächlich hat Hans Volker Stahl aber seine 3.920 verkauften Aktien in 22
Transaktionen ausschließlich (!) über verschiedene Börsenhandelsplätze
(Xetra / München) und nicht etwa außerbörslich verkauft (vgl.
www.stahl.de). Es wäre Zufall, wenn auf der anderen Seite dieser börslichen
Transaktionen über einen längeren Zeitraum bis in die jüngere Vergangenheit
jeweils Familienmitglieder gestanden hätten. Aufsichtsratsmitglied Peter
Leischner aus der Stahl-Familie hatte hingegen am 30. Oktober 2013 258
Aktien außerbörslich unter 30 Euro (!) erworben.
Eine Wirksamkeit bzw. Ausübung der Vorkaufsrechte im vorliegenden Fall Hans
Volker Stahl unterstellt, hätte es definitiv einfachere Verfahren gegeben
als 22 börsliche Transaktionen in 5 Monaten über gerade einmal 3.920
Aktien.
Der bei freien Aktionären entstehende Eindruck ist leider, dass rund um
diese früheren Insiderverkäufe des AR-Vorsitzenden Hans Volker Stahl jetzt
im Umfeld des Übernahmeangebots eine Legendenbildung entstehen soll - aus
welchen Motiven auch immer.
Bei der Durchsicht der "Begründeten Stellungnahme" haben wir uns
schließlich auch gefragt, warum dieses zentrale (Abwehr-)Dokument im
Angebotsverfahren im Juni 2014 zwar vom kompletten Vorstand mit den Herren
Schomaker und Marx unterzeichnet wurde, angesichts der Dimension aber nicht
vom Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Volker Stahl (Seite 60, Stellungnahme
Vorstand und Aufsichtsrat). In dieser Konstellation ist dies u.E.
ungewöhnlich. Steht der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Volker Stahl, bereits
als Verkäufer von 3.920 Aktien über die Börse in Erscheinung getreten, etwa
nicht hinter diesem Dokument?
Stattdessen unterzeichnet für den Aufsichtsrat Frau Heike Dannenbauer,
Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende, ebenfalls zur R. Stahl-Familie
gehörend, innerhalb der weitverzweigten Familie größere R. Stahl-Aktionärin
(43.000 R. Stahl-Aktien) und dem Gremium seit 2008 angehörend. Damals
setzte sich Frau Dannenbauer - hauptberuflich als Managerin in der
Theaterproduktion tätig - bekanntlich nach familieninternen, offen
ausgetragenen Streitigkeiten gegen den Gegenkandidaten Gerold Schmidt,
zuvor immerhin amtierender Aufsichtsrat, aus der Zaiser-Linie, auf der
Hauptversammlung durch
(http://www.stimme.de/hohenlohe/wirtschaft/sonstige-Zwist-erlaubt-seltene-
Einblicke-in-den-R-Stahl-Clan;art17654,1282942).
Nota bene: Die Unterzeichnende Heike Dannenbauer als Vertreterin des
Aufsichtsrats scheint dabei im "Familienkonsortium" eine tragende Rolle zu
spielen (oder gespielt zu haben?), finden sich bei der HEILBRONNER STIMME
vom 28. Juni 2008 doch folgende Aussagen von Dannenbauer:
"Ich habe viel im Konsortium mitgearbeitet" (...)
In dem inoffiziellen Familienaufsichtsrat habe sie "viel bewegt und viel
erreicht". Sie sprach sich für ein "stabiles Konsortium" aus - und für
Wachstum "nicht um jeden Preis".
Die die Stellungnahme von Vorstand und Aufsichtsrat unterzeichnende Heike
Dannenbauer wäre demnach vor allem ein Gewächs des Familienkonsortiums, von
dem sich erklärtermaßen zumindest ein Teil gegen das Angebot stemmt.
Aber wo bleibt hier an dieser Stelle der Aufsichtsratsvorsitzende Hans
Volker Stahl mit seiner Unterschrift?
Die vorliegende Übernahmesituation stellt alle Beteiligten - Weidmüller, R.
Stahl und auch die freien Aktionäre - vor große Herausforderungen.
Aus unserer Sicht als Aktionär der R. Stahl AG wären Vorstand und
Aufsichtsrat der Gesellschaft zunehmend gut beraten, mit Weidmüller
entweder konstruktive Gespräche im Interesse aller Aktionäre über eine
Zusammenarbeit aufzunehmen - oder aber, wenn dies z.B. aus emotionalen
Motiven nicht mehr möglich ist - auch gangbare Alternativen aufzuzeigen.
Die einfachen Aussagen "wir sind unverkäuflich" oder "2016 fahren wir die
Ernte ein" können zumindest im Interesse von nicht zur Familie gehörenden
Aktionären alleine kaum zielführend sein. Am Ende sind sie auch nicht im
Interesse des Unternehmens. Im schlimmsten Falle gefährdet ein solches
"Blockade-Denken" Arbeitsplätze.
Wir bitten Sie, auf unsere Anliegen einzugehen und insbesondere unser
Begehren nach Veröffentlichung der wichtigsten Eckdaten aus der "Inadequacy
Opinion" von Ebner Stolz GmbH & Co. KG, Stuttgart, vom 2. Juni 2014 - in
Ihrem eigenen Interesse - auch zeitnah mit den entsprechenden Inhalten
öffentlich zu machen.
Mit freundlichen Grüssen
Dr. Georg Issels Hans Peter Neuroth
Vorstand Vorstand
Ende der Corporate News
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16.06.2014 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
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273840 16.06.2014
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