22.11.2023 15:29:00

Finanzausgleich - Gemischte Reaktionen auf Verhandlungsergebnis

--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: WKÖ im 8. Absatz ---------------------------------------------------------------------

Während sich die Verhandlungspartner erwartungsgemäß zufrieden über die Einigung beim Finanzausgleich für die kommenden fünf Jahre zeigen, gibt es auch Kritik an der Vereinbarung zwischen Bund, Länder und Gemeinden. Der Gemeindebund begrüßte das Verhandlungsergebnis als "guten Kompromiss", für den Städtebund ist es immerhin "annehmbar". Von anderer Seite kam dagegen am Mittwoch Kritik, am schärfsten von den NEOS, die von einer "vertanen Chance auf Kosten der Jungen" sprachen.

Der Gemeindebund zeigte sich zufrieden über einen "guten Kompromiss im Sinne der Elementarpädagogik". Als Erfolg werteten die beiden Vizepräsidenten des Gemeindebundes Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger in einer gemeinsamen Aussendung, dass 500 Millionen Euro aus dem Zukunftsfonds für die Elementarpädagogik vorgesehenen ist und die Hälfte davon zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung über die Länder ausbezahlt werden müssen. "Damit haben die Gemeinden und Städte nun ein Stück mehr Planungssicherheit für Ausbau und Finanzierung der Elementarpädagogik", so Kaufmann und Dirnberger. Ein weiterer Erfolg sei die Verdoppelung der Finanzzuweisungen für Länder und Gemeinden von 300 auf 600 Millionen Euro. Insgesamt habe man "hart verhandelt" und einen "partnerschaftlichen Finanzausgleichspakt erreicht, der die vielen Herausforderungen der Gemeinden in den nächsten Jahren ein Stück weit abfedern kann", so die Vizepräsidenten des Gemeindebunds.

Der Städtebund reagierte deutlich gedämpfter und bezeichnete das Ergebnis der Verhandlungen als "annehmbar". Beim Zukunftsfonds habe man "in den letzten Verhandlungsrunden noch einiges erreicht", erklärte Städtebund-Präsident Michael Ludwig (SPÖ). Konkret verwies er darauf, dass in jedem Fall 50 Prozent der Mittel, die für Elementarpädagogik vorgesehen sind, aus dem jeweiligen Landestopf an Städte und Gemeinden des jeweiligen Bundeslandes weiterzugeben seien. Auch in den Bereichen Gesundheit und Pflege sei "einiges gelungen", betonte Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger. Ein wesentlicher Punkt seien außerdem die zusätzlichen 30 Millionen Euro für den öffentlichen Verkehr, als "erster wichtiger Schritt, um die bevorstehende Mobilitätswende finanziell unterstützen zu können".

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) strich besonders die zusätzlichen Gelder für die Kinderbetreuung hervor und sprach von einem "historischen Investment in Österreichs Familien". Angesichts der angekündigten 4,5 Milliarden Euro, die von Bund, Ländern und Gemeinden bis 2030 in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert werden sollen, könne nun der notwendige flächendeckende Ausbau durchgeführt werden. "Der Ball liegt nun bei den Bundesländern, in den kommenden Jahren den flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung und somit echte Wahlfreiheit für Familien sicherzustellen", so Raab laut Aussendung.

Kritik an den Ankündigungen zum Ausbau der Kinderbetreuung kam von der Gewerkschaft younion. "Zwar fließt über den sogenannten Zukunftsfonds tatsächlich mehr Geld in die Elementarpädagogik, aber von den verkündeten 4,5 Milliarden ist man dabei weit entfernt. Denn insgesamt ist der Zukunftsfonds mit rund 5,8 Milliarden Euro bis zum Jahr 2028 ausgestattet, 50 Prozent davon sind für die Elementarpädagogik reserviert, sprich 2,9 Milliarden Euro. Es fehlen also noch 1,6 Milliarden Euro auf die versprochenen 4,5 Milliarden", so die Gewerkschaft in einer Aussendung. Skeptisch zeigte sich die Gewerkschaft auch darüber, wie angesichts des fehlenden Personals unter anderem die Öffnungszeiten ausgeweitet und die Gruppengrößen verkleinert werden sollen.

Die NEOS vermissen bei der Einigung zum Finanzausgleich "den Mut für Strukturreformen und echte Transparenz". "Solange der Finanzausgleich nicht reformiert wird, solange es keinerlei Konsequenzen gibt, wenn die Länder vereinbarte Ziele nicht erreichen, solange ist das weder ein 'Meilenstein' noch ein 'Pakt für die Zukunft'. Es ist eine weitere vertane Chance", kritisierte die NEOS-Finanzsprecherin Karin Doppelbauer in einer Aussendung. Aufgrund der erneut fehlenden Steuerautonomie bekämen die Landeshauptleute weiter Steuermillionen überwiesen, ohne Verantwortung für Einnahmen und Ausgaben übernehmen zu müssen.

Das Urteil der Industriellenvereinigung (IV) fiel dagegen überwiegend positiv aus. Von einer "wichtigen Weichenstellung für Österreich" sprach die IV in einer Aussendung. Begrüßt wurden die zusätzlichen Mittel zum Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. "Die geforderten Strukturreformen auf Länderebene sowie in Teilen des Sozialbereichs blieben jedoch aus", bemängelte die IV zugleich. Generalsekretär Christoph Neumayer kritisiert zudem das Fehlen von "konkreten Sanktionsmöglichkeit des Bundes, falls die Länder die ausgehandelten Ziele nicht erreichen sollten". Eine stärkere Abgabenautonomie der Länder und Gemeinden sei ebenfalls nach wie vor nicht in Sicht, hieß es.

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) lobte die Einigung als "wichtigen Schritt zur Verbesserung der Kinderbetreuung und Stärkung der frühkindlichen Bildung". "Es freut mich, dass sich unser jahrelanger Einsatz gelohnt und die Regierung unsere konsequenten Forderungen aufgegriffen hat", erklärte die WKÖ-Vizepräsidentin Martha Schultz laut Aussendung. Neben einem flächendeckendem Ausbau des Betreuungsangebots und einer Verbesserung der Öffnungszeiten, die mit einem Vollzeitjob vereinbar sein müssen, müsse der Fokus nun ganz gezielt auf auch qualitative Verbesserungen gesetzt werden, so Schultz.

Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) kritisierte, dass der Klimaschutz "nur eine Randnotiz im Zukunftsfonds ist". Der Dachverband fordert eine Verknüpfung der Mittelvergabe mit der Klimaperformance von Ländern und Gemeinden. Nachvollziehbare und vergleichbare Vorgaben für die Energiewende und den Klimaschutz sollen nach zweieinhalb Jahren überprüft werden als Grundlage für die weitere Mittelaufteilung.

jeg/ji/wim

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!