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Erstaunliche Story 25.05.2013 03:00:01

Fossil: Warum die Uhren richtig ticken

von Nele Husmann, Euro am Sonntag

Einen einzigen Dollar Gehalt bezieht Kosta Kartsotis pro Jahr. Keine Dividende, keine Versicherungsprämien, die solche symbolischen Gehälter sonst häufig abfedern. Und doch muss man sich um Kartsotis’ finanzielles Wohlergehen keine Sorgen machen: Der Grieche gehört zu den reichsten Immigranten in den USA. Denn ihm gehören elf Prozent am Modeuhren-Unternehmen Fossil. Und der Aktienkurs setzt soeben zu einem Höhenflug an.

Armbanduhren gelten in Zeiten digitaler Gimmicks zwar bisweilen als rückständig — moderne Menschen schauen angeblich auf ihr Smartphone, wenn sie wissen wollen, wie spät es ist. Doch die Absatzzahlen von Fossil strafen die Schwarz­maler Lügen. Egal, ob Zeitmesser mit großen Zifferblättern und schlanken, bunten Armbändern oder die an die 70er-Jahre angelehnten Retrostücke: Fossil macht Uhren wieder zu Modeaccessoires.

Seit die Eurokrise an Wucht verliert und die US-Konsumenten wieder zuversicht­licher werden, übertrifft Fossil alle Erwartungen. In den Jahren nach der Finanzkrise wuchs Fossil zweistellig: Die durchschnittliche Wachstumsrate liegt seit 2010 bei deutlich über 20 Prozent pro Jahr.

Ein symbolisches Gehalt für einen Vorstandschef ist oft ein Zeichen für eine stürmische Geschäftslage oder einen Turn­around. Kartsotis ließ sich erstmals im Krisenjahr 2008 mit nur einem Dollar bezahlen. 2009 sank der Umsatz dann zum ersten Mal in der 29-jährigen Firmengeschichte, wenn auch nur um zwei Prozent.

Chef spart zuerst an sich selbst
Der Chef selbst ging mit gutem Beispiel voran, bevor er die Gehälter der Angestellten einfror. Die Belegschaft verdient inzwischen wieder mehr Geld, der Chef selbst bleibt bei dem einen Dollar. „Uns gefällt, dass Kartsotis schon lange im Unternehmen ist und ein Großteil seines Vermögens im Unternehmen liegt“, sagt Fondsmanager Kenneth Stuzin von Brown Advisory in Baltimore, der mehr als fünf Prozent des Unternehmens hält. „Uns gefällt, wenn ein Managementteam Schulter an Schulter mit Anlegern steht.“

Ursprünglich gründete Kostas jüngerer Bruder Tom 1984 als 24-Jähriger das Unternehmen auf den Rat seines älteren Bruders hin. Er hatte das Studium abgebrochen und verdiente sich sein Geld mit dem Weiterverkauf von Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen und Konzerten — selbstverständlich zu überhöhten Preisen. Kostas Idee, Modeuhren in Hongkong günstig herzustellen und mit hohen Margen in hiesigen Kaufhäusern zu verkaufen, erwies sich als goldrichtig. Schon bald konnte Fossil die Produktion hochfahren.

Inzwischen machen die Eigenmarken des Unternehmens — Fossil, Relic, Abacus, Michele Watch und Zodiac Watches — nur noch etwas mehr als fünfzig Prozent des Umsatzes aus. Die andere Hälfte des Geschäfts sind Uhren, die Fossil für andere Marken herstellt. Im Portfolio sind so illustre Modemarken wie Emporio Armani, Karl Lagerfeld, Michael Kors und Marc by Marc Jacobs.

Analysten legen Fossil immer wieder nahe, das Geschäft aufzuspalten — die Lizenzproduktionen wachsen schneller als die Eigenmarken und gelten als vielversprechender. Doch Kartsotis hält dagegen: „Wir haben noch eine Menge mit Fossil vor.“ Mit seinem Sortiment von Uhren zwischen 85 und 600 Dollar will Fossil den schnell wachsenden Mittelstand in China und Korea ansprechen. Ab 2020 soll es dort laut Schätzungen eine größere Käuferschicht geben als in Europa und Amerika zusammengenommen. Fossil will diesen Megamarkt angehen.

Mit der Akquisition der dänischen Designermarke Skagen im Jahr 2012 baute Kartsotis die eigenen Marken aus. Der Zukauf war im ersten Quartal maßgeblich für die Umsatzzuwächse von 15 Prozent verantwortlich. Zudem baut Fossil sein hochpreisiges Angebot aus. Neu im Sortiment sind in der Schweiz gefertigte Uhren.

Fossil ist finanziell stabil, fast schuldenfrei — und bislang ohne Verlustquartal. Trotzdem brauchen Anleger starke Nerven, denn die Wall Street neigt bei der Fossil-Aktie zu scharfen Reaktionen. Vor einem Jahr fiel der Aktienkurs an einem Tag um beinahe 40 Prozent — Anleger waren enttäuscht, weil das Umsatzplus im ersten Quartal nur zehn Prozent betrug und der Vorstand die Jahresprognose wegen der Eurokrise kippen musste.

Der jüngste Ausschlag nach den Zahlen fiel mit plus zehn Prozent so gesehen eher moderat aus. Kartsotis’ Tagesgewinn betrug knapp 50 Millionen Dollar. Der Mann braucht offenbar wirklich kein Gehalt.

Investor-Info

Fossil
Nützliches Accessoire

Analysten gehen weiter von zweistelligen Zuwachsraten bei Umsatz und Gewinn aus. 2014 soll der Gewinn je Aktie um 14 Prozent auf sieben Dollar steigen. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von fast 16 auf Basis dieser Schätzungen ist der Uhrenhersteller wesentlich günstiger als vergleichbare Hersteller von Accessoires. Die Aktie kann überproportional von einer Erholung in Europa profitieren.

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