"Schwerwiegende Verstöße" |
23.04.2018 17:56:00
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Fresenius-Aktie leichter nach abgeblasener Milliarden-Übernahme - Akorn-Aktie stürzt ab
Unter anderem habe es schwerwiegende Verstöße gegen Vorschriften der US-Gesundheitsbehörde FDA bezüglich der Datenintegrität bei Akorn gegeben. Das habe die von Fresenius eingeleitete, unabhängige Untersuchung zu Tage gefördert, hieß es in der Mitteilung von Fresenius. Der jetzt verschmähte US-Generikahersteller sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und pocht auf die Einhaltung der von Fresenius gemachten Zusagen.
Die laufenden Ermittlungen stellten keine Bedingung für die Übernahme dar und hätten keinerlei Fakten zutage gefördert, die sich negativ auf Akorns Geschäft auswirkten, teilte der US-Generikahersteller am späten Sonntagabend in Lake Forest mit. Es fehle daher die Voraussetzung für einen Abbruch des Geschäfts. Akorn werde seine Rechte und Fresenius' Pflichten, wie sie aus der bindenden Übernahmevereinbarung hervorgingen, mit aller Energie durchsetzen, hieß es weiter.
"Wir haben Akorns Mitteilung zur Kenntnis genommen. Das ändert nichts an den Tatsachen, unsere Entscheidung ist richtig und begründet", sagte ein Fresenius-Sprecher am Montagmorgen auf Anfrage.
Fresenius-Chef Stephan Sturm hatte hinter den geplanten Zukauf schon Ende Februar ein großes Fragezeichen gemacht, da aber noch von "angeblichen Verstößen" gesprochen. Der in Bad Homburg beheimatete Konzern hatte zuvor anonyme Hinweise erhalten und daraufhin unter anderem untersuchen lassen, ob Akorn beim Zulassungsverfahren neuer Medikamente in den USA gegen Vorgaben der Gesundheitsbehörde verstoßen hat.
Auf welche konkreten Verstöße die externen Ermittler dabei gestoßen sind, ließ der DAX-Konzern nun offen. Dies geschah auf Wunsch der anderen Seite, da Akorn laut einem Fresenius-Sprecher auf Einhaltung der gemachten Vertraulichkeitszusagen besteht. In den vergangenen Wochen scheinen sich ohnehin die Fronten zwischen beiden Unternehmen verhärtet zu haben: Das Angebot, mehr Zeit zu bekommen, um selbst weiter zu prüfen und Fresenius zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen, hätten die Amerikaner abgelehnt, teilte Fresenius mit.
Die Übernahme von Akorn wäre die zweitgrößte nach dem Zukauf der spanischen Krankenhauskette Quironsalud gewesen. Der US-Generikahersteller Akorn produziert unter anderem Cremes und Salben. Fresenius hatte mit dem Zukauf seine auf Flüssigmedizin spezialisierte Tochter Kabi in den USA stärken wollen. Ursprünglich hatte Fresenius den Zukauf bereits Anfang 2018 abschließen wollen, doch dann zog sich die kartellrechtliche Prüfung hin.
An der Börse war die Übernahme bereits im vergangenen Jahr umstritten, als sich abzeichnete, dass Akorn unter dem Preisdruck auf dem Generikamarkt zu leiden hat und nicht die gewünschten Ergebnisse lieferte. Daher wuchs die Sorge, Fresenius könne sich nach einigen gelungenen Übernahmen diesmal verhoben haben.
Zumindest einen finanziellen Nachteil aus dem geplatzten Zukauf bräuchten die Bad Homburger nicht zu befürchten, betonte der Sprecher. Im Übernahmevertrag hatten die Bad Homburger keine Auflösungsgebühr im Falle eines Scheiterns (Breakup fee) vereinbart. Fresenius bestätigte entsprechend seine Jahresprognose für Konzernergebnis und -umsatz.
Mit dem Rückzug bei Akorn könnten sich nun die Übernahmespekulationen neu beleben: "Wir halten an unserem strategischen Ziel fest, das Produktangebot bei Kabi zu verbreitern", sagte der Sprecher. Dies könne organisch oder über Zukäufe geschehen, sollten sich in der Zukunft entsprechende Gelegenheiten bieten.
Der Fresenius-Konzern hat 14 Rekordjahre infolge hinter sich und will im laufenden Jahr Umsatz und Ergebnis weiter steigern. Am 3. Mai (Donnerstag) präsentieren die Bad Homburger ihre Zahlen für das erste Quartal.
Fresenius-Aktien nach anfänglichen Gewinnen leichter
Das Aus für die Übernahme des US-Konzerns Akorn durch Fresenius kam bei den Fresenius-Anlegern zunächst gut an. Die Aktien des deutschen Medizinkonzerns stiegen am Montag auf XETRA zeitweise um fast vier Prozent, bevor sie ihre Gewinne am Nachmittag wieder abgeben mussten und um 0,12 Prozent marginal leichter bei 65,62 Euro aus dem Handel gingen. An der Börse war die Übernahme umstritten, weil sich abzeichnete, dass Akorn unter dem Preisdruck auf dem Generikamarkt leidet. Im Tagesverlauf ist die Erleichterung über die Absage an einen teuren Zukauf jedoch offenbar der Sorge über einen langen Rechtsstreit gewichen.
Die Papiere von Akorn gerieten in Frankfurt jedoch unter die Räder und verloren in Spitze rund 30 Prozent. Auch im US-Handel an der NASDAQ bricht die Aktie der Amerikaner zeitweise um mehr als 34 Prozent ein.
Investoren dürften sich fragen, ob dies nur der erste Schritt in einem Kampf um einen niedrigeren Kaufpreis sei, schrieb Analyst Tom Jones von der Privatbank Berenberg in einer ersten Einschätzung. Allerdings sei der Schritt von Fresenius, die Übernahme abzublasen, eine juristische Frage und kein Wunschkonzert. Fresenius dürfte also einen guten Grund gefunden haben, da ansonsten ein langer Rechtsstreit mit unsicherem Ausgang drohe. Auch Analyst Oliver Reinberg vom Investmenthaus Kepler Cheuvreux befürchtet, dass Fresenius noch ein längerer Rechtsstreit bevorstehen könnte.
Für Analyst Hugo Solvet vom Investmenthaus Bryan Garnier dürft der Schritt für den Dax-Konzern aber in jedem Fall positiv sein. "Egal wie es weitergeht, Fresenius dürfte in jedem Fall im Vorteil sein", sagte er. Sollte Fresenius mit seinen Vorwürfen gegen Akorn Recht haben, würde der Kaufpreis vermutlich deutlich sinken, oder aber Fresenius könnte den Deal wirklich abblasen. Selbst ohne Akorn errechnet der Experte einen Wert von circa 80 Euro je Fresenius-Aktie - ein Potenzial von fast einem Fünftel.
Zum Zeitpunkt der ersten Spekulationen über einen Akorn-Kauf von rund einem Jahr hatten die Fresenius-Aktien um die 75 Euro gekostet. Ende März 2018 im Tief lag der Preis dann nur noch bei rund 59 Euro - ein Minus von mehr als 21 Prozent. Im Lauf der Monate hatten sich die Zweifel der Anleger an der Geschäftsentwicklung von Akorn und damit auch an dem rund 4,4 Milliarden Euro teuren Zukauf gemehrt. Im Februar stellte Fresenius dann selbst den Kauf nach Vorwürfen über mögliche Missstände bei der Produktentwicklung auf den Prüfstand. /tav/men/zb
BAD HOMBURG (dpa-AFX)
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