20.10.2015 12:28:00

Immofinanz - Generalanwalt: Gutachter nicht auf Skiurlaub eingeladen

Generalanwalt Harald Eisenmenger sieht im Immofinanz-Prozess um Aktienoptionen keine Verfahrensmängel und daher auch keinen Grund für die Aufhebung der Ersturteile durch den OGH. Er warnte auch ausdrücklich davor, die Strafen gegen Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics, Ex-Aufsichtsratschef Helmut Schwager sowie gegen den Ex-Prokuristen Christian Thornton zu reduzieren.

Das wäre ein falsches Signal für den Wirtschaftsstandort Österreich, so Eisenmenger. Da "dieser Kriminalfall" im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsstandort des Landes zu sehen sei, sei auch eine strafrechtliche Verfolgung sicherzustellen, argumentierte Eisenmenger von der Generalprokuratur, der "Wahrerin des Rechts".

Den sowohl im Ermittlungs- als auch im Gerichtsverfahren tätigen Gutachter sieht der Generalanwalt keinesfalls als befangen an, wie er klarmachte. Eine gute Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden mit dem Sachverständigen könne "niemals" Befangenheit bewirken. "Da muss schon etwas Konkretes sein - wenn der Staatsanwalt den Sachverständigen auf Skiurlaub eingeladen hat", so Eisenmenger.

Das Wiener Straflandesgericht habe sich zudem in seinem Urteil auf die gutachterlichen Ausführungen der Hauptverhandlung gestützt, nicht auf das Gutachten des Ermittlungsverfahrens.

"Sie haben in der Hauptverhandlung tagelang versucht, den Sachverständigen zu kritisieren" sowie Privatgutachten vorgelegt, meinte Eisenmenger in Richtung der erstinstanzlich zu mehrjährigen Haftstrafen Verurteilten. Die Gelegenheiten, sich mit der "Expertise des Sachverständigen" auseinanderzusetzen, befand der Generalanwalt für "ausreichend".

Eine überlange Verfahrensdauer - 7,5 Jahre - sieht der Generalanwalt nicht. Bei komplexen Wirtschaftsprozessen wäre das nur der Fall, wenn es zu langen Stillständen gekommen wäre, was aber in der Causa Immofinanz-Aktienoptionen nicht der Fall gewesen sei. Insgesamt sei das Verfahren fair abgelaufen, es liege kein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vor.

Der Anwalt des Zweitangeklagten Helmut Schwager, Michael Rohregger, appellierte indes an das Höchstgericht, sich der Folgen seiner heutigen Entscheidung bewusst zu sein. "Wir entscheiden heute über zwölfeinhalb Jahre Haft für Menschen", sagte der Anwalt. Solche Strafen dürfe man nur verhängen, wenn man sich sicher sei, dass die Entscheidung inhaltlich richtig war und auf Basis eines fairen Verfahrens zustandegekommen ist. "Diese Sicherheit, was das Verfahren betrifft, haben wir nicht", schloss Rohregger.

Generalanwalt Eisenmenger findet den Verweis der Verteidiger auf das heuer ergangene Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zur Gutachterfrage irrelevant. "Der OGH ist nicht eine Unterinstanz des VfGH." Es sei nicht Aufgabe des OGH zu interpretieren, was sich der VfGH "gedacht haben könnte". Vielmehr habe der OGH im Einzelfall zu prüfen, ob Gründe für eine Befangenheit des Gutachters vorliegen.

Der VfGH hat im heurigen März entschieden, dass Sachverständige in ein- und demselben Fall grundsätzlich durchaus sowohl für die Staatsanwaltschaft als auch für das Gericht tätig werden dürfen. Ob der Gutachter dann in der Hauptverhandlung noch objektiv sein kann, muss laut VfGH das Gericht aber im Einzelfall prüfen.

Im Immofinanz-Prozess hatte das Wiener Straflandesgericht den Antrag der Angeklagten auf Ablehnung des Gutachters aus Befangenheitsgründen abgelehnt.

Mit einem Urteil ist nicht vor 14.30 Uhr zu rechnen, sagte OGH-Richter Michael Schwab.

Kurz vor Ende der mündlichen Verhandlung am OGH ergriff von den erstinstanzlich Verurteilten lediglich Schwager selbst kurz das Wort. "Ich hatte nie die Absicht, meinen Dienstgeber zu schädigen. Das passt überhaupt nicht zu mir."

(Schluss) snu/ivn/kan

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