04.10.2023 15:31:40
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Kabinett beschließt Klimaschutzprogramm - Klimaschutzlücke bleibt
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeskabinett hat das neue Klimaschutzprogramm der Bundesregierung beschlossen. Mit den geplanten Maßnahmen ist aber absehbar, dass die Klimaschutzziele der Bundesregierung für 2030 ohne weitere Anstrengungen nicht erfüllt werden können. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums betonte, dass noch ein "größerer Entwurf" notwendig sei, um die Lücke bei den Treibhausgaseinsparungszielen bis 2030 zu schließen.
Das Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Deutschland seinen Kohlendioxidausstoß bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 verringern soll. Allerdings sind im Klimaschutzprogramm Maßnahmen vorgesehen, die lediglich 80 Prozent der bestehenden Klimaschutzlücke zur Einsparung der CO2-Emissionen schließen wird. Das Wirtschaftsministerium betonte jedoch, dass mit dem Klimaschutzprogramm das Ziel der Bundesregierung, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 Prozent zu verringern, damit "erstmal" in greifbare Nähe gerückt sei.
"Mit dem Klimaschutzprogramm 2023 stellen wir wesentliche Weichen für die Dekarbonisierung in allen wichtigen Sektoren unserer Volkswirtschaft. Das ist ein großer Fortschritt", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). "Klar ist aber auch: Es ist noch viel zu tun und die Umsetzung ist entscheidend. Daran zu arbeiten, ist eine Aufgabe für die gesamte Regierung."
Die Klimaschutzlücke bis 2030 will die Bundesregierung in den unterschiedlichen Sektoren mit bereits beschlossenen Maßnahmen verringern. Dazu zählen etwa der Ausbau erneuerbarer Energien an Land und auf See, das Gebäudeenergiegesetz, Hilfen bei der energetischen Gebäudesanierung, Förderung der Dekarbonisierung in der Industrie sowie die Lkw-Maut und das Deutschlandticket. In den kommenden Jahren stehen zudem der Ausbau eines Wasserstoffnetzes auf der Tagesordnung sowie ein umfangreicher Ausbau der Übertragungs- und Verteilernetze für die Stromversorgung.
Bis 2045 will Deutschland Klimaneutralität erreicht haben.
Lücke von 200 Millionen Tonnen CO2 muss noch geschlossen werden
Das Bundeswirtschaftsministerium verwies darauf, dass die zu Beginn der Legislaturperiode festgestellte Klimaschutzlücke bis 2030 noch auf 1100 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente geschätzt worden sei. Mit den Maßnahmen im Klimaschutzprogramm könne diese Lücke nun um bis zu 80 Prozent geschlossen werden. Es verbleibt eine Lücke von ca. 200 Millionen Tonnen bis 2030.
"Wir wissen um diese Lücke, diese Lücke ist aber wesentlich kleiner, als sie noch davor gewesen ist, weil wir eben diese viele Maßnahmen getroffen haben", sagte Ministeriumssprecherin Susanne Ungrad. Die Regierung sei sich bewusst, dass Klimaexperten Nachbesserungsbedarf sehen, um die Klimaziele zu erreichen. Man habe aber das Gesetz erst einmal in dieser Form ins Kabinett einbringen wollen, damit alle Ressorts sich an die Umsetzung machen könnten.
Es mache keinen Sinn, das Klimaschutzprogramm, das im Sommer vorgestellt worden war, nun schnell auszubessern. Es müsse jetzt ein "größerer Entwurf" her, um diese Lücke in Höhe von 200 Tonnen noch zu füllen.
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner betonte, die Bundesregierung wisse, dass es ambitioniert bleibe, die für die deutschen Klimaschutzziele notwendigen Treibhausgasemissionseinsparungen zu erreichen. "Daher rechnen wir damit, dass weitere Anstrengungen sehr wahrscheinlich notwendig sind", sagte Büchner.
Innerhalb der Ampel-Regierung hat es beim Klimaschutz wiederholt Streit gegeben besonders über erforderliche Klimaschutzmaßnahmen im Gebäude- und Verkehrssektor. Beide Sektoren haben im vergangenen Jahr die Emissionsziele verfehlt. So lehnt etwa das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium ein gesetzliches Tempolimit auf Autobahnen ab. Auch beim Heizungsgesetz mit dem geplanten verpflichtenden Austausch von alten fossilen Heizungen hat es Differenzen zwischen SPD, Grünen und FDP gegeben.
Kritik vom Expertenrat Klima und von Unternehmensverband
Im Vorfeld der Kabinettsentscheidung hat es Kritik an der deutschen Klimapolitik gegeben. Der unabhängige Expertenrat der Regierung für Klimafragen hatte im Sommer kritisiert, dass mit dem Klimaschutzprogramm des Bundesregierung zwar die Lücke zur Erreichung der Emissionsziele bis 2030 verringert, aber insgesamt nicht geschlossen würde. Daher stünde das Klimaschutzprogramm nicht im Einklang mit den gesetzlich festgelegten Emissionszielen.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) warf der Bundesregierung vor der Kabinettssitzung vor, dass das Programm zu einer "erneuten klimapolitischen Nullrunde" der Ampel-Regierung zu werden drohe, wenn nicht weitere politische Maßnahmen folgen. Und diese ließen auf sich warten. Wesentliche Maßnahmen seien zudem zurückgestellt oder abgeschwächt und Fördermittel gekürzt worden.
"Die selbsternannte Fortschrittskoalition verursacht derzeit vor allem Stillstand. Durch anhaltendes Förderchaos, das Aussetzen angekündigter Standards bleiben echte Impuls aus - besonders im Gebäudebereich. Die Klimaziellücke, droht weiter zu wachsen", sagte Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand der DENEFF.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/kla
(END) Dow Jones Newswires
October 04, 2023 09:31 ET (13:31 GMT)

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