Andreas Meyer-Kolumne 13.08.2013 12:00:00

Lieber Herr Draghi – Transparenz ja, aber bitte nicht zu viel!

Kolumne

Auch Anfang August hatte sich der Rat der Europäischen Zentralbank um Präsident Mario Draghi erneut versammelt. Es wurde der Beschluss geafasst, den Leitzins auf einem Rekordtief von 0,5 Prozent zu belassen. Neben der Frage nach der Dauer eines solchen Zinstiefs, kommt auch immer wieder die Forderung nach mehr Details über den Ablauf einzelner Sitzungen auf!

Aber vorab zum Verständnis: Der EZB-Rat, der regelmäßig über die Geldpolitik in den aktuell 17 Euroländern berät, besteht aus 23 Mitgliedern. Diese 23 Mitglieder sind die 17 Präsidenten der einzelnen Notenbanken eines jeweiligen Landes, sowie die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums. Das Direktorium wiederum wird vom EZB-Rat gewählt und ist für das laufende „operative Geschäft“ zuständig.

Nun kommen immer wieder Stimmen auf, mehr Details über die einzelnen Sitzungen des Rates zu veröffentlichen. Im Grundprinzip vertrete ich diesen Gedanken ebenfalls. Dabei könnte es meiner Meinung nach interessant sein, wie der allgemeine Tenor einer solchen Veranstaltung ist, welche Länder sich stärker oder zurückhaltender an den Diskussionen beteiligt haben und wie knapp Ergebnisse ausfallen. Somit könnte man gegebeenfalls genau zuzuordnen, wer zu den Tauben, also den Währungshütern gehört, die die Wirtschaft eher ankurbeln wollen anstatt die Preisstabilität zu wahren, und wer nicht.

In den USA ist die Veröffentlichung der Protokolle bereits gang und gäbe, wodurch natürlich auch einzelne Akteure einer Zinsentscheidung der FED mehr in die Kritik geraten. Generell ist die EZB mittlerweile die letzte große Zentralbank, die ihre Sitzungsprotokolle nicht veröffentlicht.

Objektivität muss gewahrt bleiben

Ich sehe in einer zu umfangreichen Veröffentlichung von Details jedoch die Gefahr, dass unter anderem politische oder lobbyistische Einflussfaktoren den Entscheidungsprozess zu sehr verzerren könnten. Bisher kann jedes Ratsmitglied völlig objektiv und völlig ohne Druck entscheiden.

Wenn man sich nun den Fall ausmalt, dass zum Beispiel der spanische oder portugiesische Notenbankpräsident eine objektive Entscheidung zugunsten des Euro trifft, die in der aktuellen Situation jedoch nicht förderlich für sein Land ist, kann man sich die Reaktion des Volkes oder weiterer Interessengruppen bei seiner „Rückkehr“ vorstellen. Auch Mario Draghi hat bereits ähnliches angekündigt: „Wir stehen am Anfang einer schwierigen Entscheidung [...]. Die Unabhängigkeit der einzelnen Notenbankchefs darf durch die Offenlegung der Protokolle nicht gefährdet werden.“

Dieser Ansatz verspricht bisher zumindest Lösungsvorschläge, dessen Ansichten ich voll und ganz teile und die das Direktorium bis Herbst erarbeiten will. Jedoch ist es wichtig, dass die Sitzungen nicht von ihrem eigentlichen Zweck abweichen, welcher sein sollte, weiterhin die beste Entscheidung für die gesamte Eurozone zu treffen.

Bis dahin hoffen wir auf mehr Transparenz, Herr Draghi! Ja, aber bitte nicht zu viel!



Andreas Meyer ist Student der internationalen Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Finanzwirtschaft in Frankreich. Mit dem weltweiten Geschehen an den Börsen beschäftigt er sich bereits seit seinem 16. Lebensjahr. Praktische Erfahrungen konnte er schon im Derivategeschäft, Asset Management sowie der Hedgefonds-Branche gewinnen. Des Weiteren hat Meyer neben dem Studium mit der Gründung von A.M. Capital Research den Weg in die Selbstständigkeit angetreten. Als Herausgeber des "AM-Strategy-Report" beschäftigt sich A.M. Capital Research professionell mit der Analyse der Finanzmärkte, von Unternehmen im Einzelnen und speziell mit dem Schwerpunkt des "Value-Investing".

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Andreas Meyer beschäftigt sich seit seinem 16. Lebensjahr mit den Abläufen der weltweiten Kapitalmärkte. Während und nach dem Studium der int. Betriebswirtschaft in Deutschland und Frankreich konnte er bereits praktische Erfahrungen im Derivategeschäft, Asset Management sowie im Corporate und Investment Banking sammeln.

Mit der Gründung von A.M. Capital Management (www.am-capital.de) wird nun die eigens kreierte Investmentphilosophie umgesetzt, welche sowohl eine fundamental ausgerichtete Stock-Picking-Strategie als auch einen ergänzenden dynamischen Investors-Behaviour-Ansatz verfolgt. Mit Hilfe dieses Ansatzes werden sowohl private als auch institutionelle Investoren im Investmentprozess begleitet, sodass damit der langfristige Weg ins Asset Management geebnet wird.

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