16.06.2015 16:40:49

MÄRKTE EUROPA/Nach Viermonatstiefs zurück im Plus

   Von Herbert Rude

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte können ihre Abwärtswelle am Nachmittag beenden. Der Euro-Stoxx-50 zeigt sich gut behauptet. Der Dax gewinnt 4 Punkte auf 10.988, nachdem er am Vormittag erstmals seit Mitte Februar unter 10.800 Punkte gefallen war. "Das beherrschende Thema bleibt Griechenland", sagt ein Händler. Habe am Vormittag noch die "Grexit-Angst" die Märkte regiert, sei nun wieder Hoffnung auf einen positiven Ausgang des Dramas aufgekommen. Marktteilnehmer verweisen auf Aussagen, nach denen die griechische Regierung die fälligen IWF-Tranchen entgegen anderslautenden Berichten nun doch noch in diesem Monat zurückzahlen will. Im Anschluss erholten sich die Anleihen in der Peripherie, so machten italienische Staatspapiere die Verluste vom Vormittag vollständig wett.

   Merrill Lynch bezweifelt, dass ohne einen positiven Ausgang der Verhandlungen eine Rally möglich ist. Im Fall einer Lösung seien die Chancen für eine Aufwärtswelle aber gut. Denn die Europa-Fonds hätten nun die größte Cash-Quote seit sechs Jahren, so das Haus nach einer Umfrage unter Fondsmanagern.

   Die Deutsche Bank gibt sich hoffnungsvoll und hat das Kursziel für den DAX zum Jahresende von 11.000 auf 12.000 Punkte erhöht. Zwischen Griechenland und den Gläubigern werde es einen "Deal" geben und das werde die Kurse antreiben, meint das Haus.

   "Ich kann mir gut vorstellen, dass es schief geht", sagt dagegen Assenagon-Chefvolkswirt Martin Hüfner zu den aktuell laufenden Verhandlungen. Der DAX besitze in diesem Fall Abwärtspotenzial bis auf 10.000 Punkte. Nach einem ersten kräftigen Abverkauf sollte sich die Börse von dem Schock aber auch schnell wieder erholen. "Der Grexit ist keine Katastrophe für die Eurozone", so Hüfners Begründung.

   Etwas gestützt wird die Stimmung auch von der freundlichen Eröffnung der Wall Street. In den USA sind neue Zahlen zu den Baubeginnen überraschend schwach ausgefallen. "Am US-Immobilienmarkt gibt es keine Konstanz", sagt Dwight Bolden, Analyst von Metzler. Zwar machten die starken Baugenehmigungen Hoffnung auf bessere Baubeginne in der Zukunft. "Unter dem Strich werden die Daten die US-Notenbank aber eher zur Zurückhaltung mahnen", sagt der Marktanalyst. Die Sitzung der US-Notenbank beginnt am Dienstagabend, die Ergebnisse werden am Mittwochabend erwartet. Marktteilnehmer rechnen damit, dass die Notenbank den Markt auf eine Leitzinserhöhung im September vorbereitet.

   Auf europäischer Ebene wird die Gewinnerliste von den Pharmatiteln angeführt, ihr Branchenindex im Stoxx gewinnt 1,1 Prozent. Vor allem Glaxo, Novartis und Roche treiben die Kurse. Zum einen heißt es, die anhaltende Übernahmefantasie mache den Sektor attraktiv. Die Online-Ausgabe der Daily Mail schreibt, Glaxo könnte ins Visier von Johnson & Johnson oder von Roche geraten. Die Bewertung von Glaxo könnte dann 40 Prozent höher liegen als derzeit, im Raum stünden 1.900 Pence je Aktie. Außerdem hat Jefferies den Sektor erneut herausgestellt und sowohl Roche als auch Novartis abermals zum Kauf empfohlen. Zu Novartis meint das Haus, der Blutdrucksenker LCZ696 könnte sich als Kurstreiber erweisen, sofern er in den nächsten Monaten genehmigt werde und die Erwartungen hinsichtlich der Preisgestaltung erreicht würden. Novartis steigen um 1,6 Prozent, Roche um 1,5 Prozent und Glaxo um 1,2 Prozent.

   Am deutschen Markt schließen sich Bayer mit einem Plus von 1,1 Prozent den Pharmawerten an. Daneben steigen Infineon um 1,2 Prozent auf 11,51 Euro. Dagegen fallen Henkel um 1,5 Prozent auf 102,85 Euro. Händler verweisen auf Kreise-Meldungen, laut derer Henkel beim Bieterwettstreit um Wella nicht zum Zuge kommen wird. Wella gehört zum US-Konsumgüterkonzern Procter & Gamble. Wie es nun heißt, könnte der US-Konzern Wella für 12 Milliarden Dollar an die Kosmetikgruppe Coty verkaufen.

   Für Verwunderung sorgen unter Händlern Presseberichte über eine vermeintliche Gewinnwarnung der Lufthansa. Diese soll in ihrer Mitarbeiterzeitung "Lufthanseat" am Montagnachmittag angekündigt haben, dass das Sparprogramm die gesteckten Ziele in diesem Jahr nicht erreichen wird. Der Kurs der Aktie gibt um 1,3 Prozent nach. DZ-Bank-Analyst Dirk Schlamp merkt jedoch an, die Airline habe am Vorabend in einer E-Mail klargestellt, dass das Unternehmensziel eines Gewinns von mehr als 1,5 Milliarden Euro vor Streikkosten nach wie vor Bestand habe.

   Die Konsolidierung in der deutschen Immobilienbranche geht munter weiter. Der Kurs der Immobiliengesellschaft DO Deutsche Office springt um gut 9 Prozent nach oben. Der Hamburger Immobilienkonzern alstria will den Kölner Wettbewerber übernehmen. Bezahlen will alstria den Deal mittels eines Aktientauschs. Der Kurs der alstria-Aktie gibt um 0,7 Prozent nach.

   TecDAX-Aufsteiger ADVA gewinnen 7,3 Prozent. ADVA hat die Prognose für das laufende Quartal nach oben genommen, pünktlich vor der Aufnahme in den Index, in dem sie am Freitagabend die Aktien von BB Biotech ablösen.

INDEX Stand +-% Euro-Stoxx-50 3.439,52 +0,04% Stoxx-50 3.314,33 +0,48% DAX 10.987,53 +0,02% FTSE 6.696,93 -0,20% CAC 4.826,20 +0,23% EUREX Stand +-Ticks Bund-Future 151,66 +44

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 8.00 Uhr Mo, 17.35 Uhr EUR/USD 1,1236 -0,39% 1,1280 1,1249 EUR/JPY 138,60 -0,59% 139,41 138,87 EUR/CHF 1,0469 -0,15% 1,0485 1,0527 USD/JPY 123,35 -0,18% 123,58 123,45 GBP/USD 1,5636 0,18% 1,5608 1,5558

Kontakt zum Autor: herbert.rude@wsj.com DJG/hru/cln (END) Dow Jones Newswires

   June 16, 2015 10:09 ET (14:09 GMT)

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