09.11.2016 11:13:48
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MÄRKTE EUROPA/Schockwelle nach Trump-Wahlsieg ebbt schnell ab
Von Thomas Leppert
FRANKFURT (Dow Jones)--So groß der erste Schreck an den Finanzmärkten auf den Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl auch war, die Erholung kommt schnell. Schon der Start an den Börsen in Europa fiel nicht so desaströs aus, wie es sich vorbörslich abgezeichnet hatte, und mittlerweile bewegen sich die Verluste nur noch um 1 Prozent. "Der erste Schock über den Trump-Sieg ist erst einmal verdaut", sagt ein Händler.
Der Dax liegt 1 Prozent im Minus bei 10.380 Punkten und damit über 200 Punkte über dem Tagestief. Der Euro-Stoxx-50 verliert 1,3 Prozent auf 2.984. Im Handel werden diverse Gründe für die rasche Erholung ausgemacht. Zum einen zeichne sich ein totaler Triumph der Republikaner ab - nicht nur bei den Präsidentschaftswahlen sondern auch im Kongress. Das könnte die jahrelange Blockade zwischen Weißem Haus und Repräsentantenhaus auflösen, heißt es. Daneben werde ein Zinserhöhungszyklus in den USA gerade ausgepreist.
Nomura verweist als beruhigenden Faktor auf die Siegesrede von Trump. Sie habe "präsidial" geklungen und nichts vom Aufbau von Mauern enthalten. Die Analysten der Credit Suisse haben in einer schnellen Reaktion sogar Aktien auf "Neutral" von zuvor "Negative" nach oben genommen.
Die Investoren hatten auf Hillary Clinton als erste US-Präsidentin gesetzt und reagieren entsprechend nervös auf den überraschenden Wahlsieg von Donald Trump, denn die Unklarheit unter anderem über dessen künftige Wirtschaftspolitik ist groß. "Die Folgen der Wahl sind - wie der Kandidat Trump - völlig unberechenbar", kommentiert Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ Bank. Einige seiner Pläne seien radikal, viele nur rudimentär bekannt.
Meinungen über Folgen von Trump-Sieg gehen auseinander Nach Einschätzung der Commerzbank ist der Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen für die Finanzmärkte ein größeres Problem als das Brexit-Votum im Juni. Zwar könnten sich die Aktienmärkte nach einem initialen Ausverkauf rasch wieder erholen. Die Folgen eines Trump-Siegs seien indes langfristiger Natur. Schließlich gehe die immer noch größte Volkswirtschaft der Welt unter einem Präsidenten Trump in der Handelspolitik auf Konfrontationskurs. Hinzu komme die monatelange Unsicherheit darüber, was genau Trump tun werde. Die Commerzbank spricht von einem "Kulturschock" und der "Selbstzerfleischung des Westens".
Für Aktienstratege Gerhard Schwarz von Baader stellt der Trump-Sieg kein systemisches Risiko für die Finanzmärkte dar. Damit zeichne sich auch kein größerer Abverkauf ab. Schwarz sieht Kursschwächen als Kaufgelegenheiten. Er verweist auf den soliden Wirtschaftsausblick in den USA, an dem sich kurzfristig nichts ändern werde. Auch dürfte sich das politische Erdbeben nach dem Trump-Sieg als weniger schwer erweisen als befürchtet.
Am Devisenmarkt ging der Dollar in ersten Reaktionen auf den sich abzeichnenden Wahlausgang erst einmal in die Knie, der Euro schoss beispielsweise auf 1,13 Dollar nach oben. In der Zwischenzeit hat er den größten Teil seiner Gewinne wieder abgegeben und liegt bei 1,1113.
Ulrich Leuchtmann, Devisen-Analyst bei der Commerzbank, verweist zum Schwächeanfall des Dollar auf den an den Märkten ausgepreisten US-Zinserhöhungszyklus. Der Markt preise nun zwei Zinsschritte für 2017 nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 8 Prozent ein nach zuvor 64 Prozent. An den Finanzmärkten wird spekuliert, dass die US-Notenbank bei einem Sieg Trumps bei ihrem geldpolitischen Kurs besondere Vorsicht walten lassen könnte, mithin von einer Zinserhöhung im Dezember absieht.
Tendenziell gesucht sind sichere Häfen wie Anleihen und das Gold, wenngleich auch dort mittlerweile eine starke Beruhigung zu erkennen ist. Vom Tageshoch bei 1.337 Dollar kommt der Goldpreis auf 1.300 deutlich zurück, liegt damit aber noch 2 Prozent höher als im späten US-Handel am Dienstag.
Rüstungs- und Pharmaaktien nach Trump-Sieg gesucht Der Pharmasektor ist der große Gewinner des Trump-Siegs, sein Subindex legt um 2,4 Prozent zu. Hillary Clinton hatte im Wahlkampf angekündigt, gegen die hohen Medikamentenpreise vorzugehen und hatte sich für Preiskontrollen ausgesprochen, dagegen will Donald Trump die von Präsident Obama eingeführte Krankenversicherung Obama-Care abschaffen und Medicaid reformieren. Die Chance dafür sind gestiegen, denn die Republikaner haben auch die Mehrheit im Repräsentantenhaus sowie im Senat.
Gesucht sind auch Rüstungsaktien wie Rheinmetall mit einem Plus von 2,9 Prozent. "Trump hatte von den Europäern immer eine größere Beteiligung an den Verteidigungsantrengungen gefordert", sagt ein Händler. Dazu komme seine eher NATO-skeptische Haltung, die auf einen höheren Eigenschutz der Mitglieder hinauslaufe: "Per Saldo alles gute Nachrichten für Europas Rüstungsindustrie". In London springt der Kurs des größten britischen Rüstungsunternehmens BAE Systems um 3,3 Prozent an, in Paris legen Thales um 2,4 Prozent zu.
Aktien von Unternehmen, die im Bereich Erneuerbare Energien tätig sind, werden dagegen verkauft. Wie Independent Research anmerkt, will Trump die fossilen Energieträger unterstützen, die Umweltregulierung entschärfen und auch das Pariser Klimaschutzabkommen nicht anerkennen. SMA Solar verlieren 1,4 Prozent, Nordex 5,3 Prozent und Vestas 6,8 Prozent.
BBVA wird Mexiko-Geschäft zum Verhängnis Zu den größten Verlierern unter den großen europäischen Werten gehören BBVA mit einem Minus von 6,9 Prozent. Das Chance-Risiko-Verhältnis für die spanischen Bank verschlechtert sich nach Aussage von Benjie Creelan-Sandford, Analyst bei Jefferies, mit einem US-Präsidenten Donald Trump deutlich. Denn damit trübe sich der Ausblick für die Wirtschaftsbeziehung zwischen den USA und Mexiko ein. Über 80 Prozent der Exporte Mexikos gingen in die USA, 50 Prozent der Importe kämen von dort. Die BBVA hänge stark von der wirtschaftlichen Entwicklung in Mexiko ab, da die Bank dort über 40 Prozent der Gewinne erwirtschafte. Auch der schwache Peso belaste die Ertragslage der spanischen Bank. Der Peso wertet um rund 10 Prozent gegen den US-Dollar ab in Reaktion auf den Trump-Triumph.
Während die übergeordnete Tendenz an den Börsen zur Wochenmitte klar vom Wahlergebnis in den USA getrieben wird, liefert die Berichtssaison weitere Impulse. Hohe Abschreibungen auf die abgespaltene Tochter Uniper belasten Eon: Der Energiekonzern hat in den ersten neun Monaten einen Verlust von rund 9,3 Milliarden Euro geschrieben. Die Aktie notiert knapp 1 Prozent im Minus.
Der Rückversicherer Munich Re hat angesichts eines geringeren Preisdrucks und eines guten dritten Quartals die Jahresprognose erhöht und rechnet nun mit einem Nettogewinn. Die etwas unter den Erwartungen liegenden Quartalszahlen des Rückversicherers dürften nach Einschätzung der DZ-Bank auf höhere Abschreibungen auf Derivate zurückzuführen sein. Die Aktie handelt 3 Prozent im Minus.
Die schwache Nachfrage aus der Öl- und Gasindustrie in Nordamerika, die schwierige Situation in Südamerika sowie ungünstige Währungskurseffekte haben dem Chemikalienhändler Brenntag erneut ein schwaches Quartal beschert. Die Aktie verliert 5,2 Prozent den Verlierer im MDAX.
INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD Euro-Stoxx-50 2.987,07 -1,20 -36,36 -8,58 Stoxx-50 2.775,84 -0,36 -9,91 -10,46 DAX 10.401,65 -0,77 -80,67 -3,18 MDAX 20.413,82 -0,98 -202,30 -1,74 TecDAX 1.732,99 0,15 2,67 -5,34 SDAX 9.000,48 0,01 1,30 -1,08 FTSE 6.833,99 -0,13 -9,14 9,48 CAC 4.432,58 -0,99 -44,31 -4,41
Bund-Future 162,37 0,58 6,71
DEVISEN zuletzt +/- % Mi, 8:18 Di, 17:15 % YTD EUR/USD 1,1061 -1,23% 1,1199 1,1049 +1,9% EUR/JPY 114,4129 -0,15% 114,5850 115,90 -26,0% EUR/CHF 1,0808 -0,13% 1,0823 1,0768 -0,6% EUR/GBP 0,8927 +0,27% 0,8976 1,1235 +21,2% USD/JPY 103,40 +1,01% 102,36 104,89 -11,9% GBP/USD 1,2403 -0,61% 1,2480 1,2414 -15,9%
ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 44,54 44,98 -1,0% -0,44 +1,6% Brent/ICE 45,57 46,04 -1,0% -0,47 +0,2%
METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.300,28 1.275,80 +1,9% +24,48 +22,6% Silber (Spot) 18,69 18,38 +1,7% +0,31 +35,2% Platin (Spot) 1.002,00 1.004,50 -0,2% -2,50 +12,4% Kupfer-Future 2,44 2,38 +2,6% +0,06 +13,3%
Kontakt zum Autor: thomas.leppert@wsj.com
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November 09, 2016 04:43 ET (09:43 GMT)
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Brenntag SE | 60,70 | -1,33% | |
E.ON sp. ADRs | 11,20 | 0,00% | |
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG (Munich Re) | 520,60 | -0,91% | |
Nordex AG | 11,15 | -1,50% | |
Rheinmetall AG | 753,80 | 0,78% | |
SMA Solar AG | 13,49 | -0,81% | |
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