10.03.2019 22:33:44
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Mittelbayerische Zeitung: AKK ante portas / Kramp-Karrenbauer will nicht nur mit Auftritten im Karneval Schlagzeilen machen, sondern auch mit einer politischen Agenda. Sie läuft sich warm fürs Kanzler
Regensburg (ots) - Annegret Kramp-Karrenbauer räumt kräftig mit
Vorurteilen auf. Den Vorurteilen über sie selbst vor allem. Vor und
nach ihrer knappen Wahl zur neuen CDU-Chefin galt sie vielen als
Merkel 2.0, als eine Art Fortsetzung der Kanzlerin. Doch offenbar hat
die Saarländerin begriffen, dass sie als bloße Merkel-Kopie nicht
erfolgreich sein kann. Weder als Vorsitzende der CDU, in der viele
von Merkels liberaler Flüchtlingspolitik abgeschreckt sind und damit
über Kreuz liegen. Noch wird AKK das Kanzleramt erreichen, wenn sie
nicht die enttäuschten Konservativen hinter sich bekommt. Dass sich
die Saarländerin Kramp-Karrenbauer nun aber ausgerechnet die
Europa-Politik als Feld zur Profilierung vornimmt, ist nicht ohne
Pikanterie. Denn die mächtigste Frau Europas - und das ist Angela
Merkel immer noch - ist in der EU-Politik in den vergangenen Jahren
vieles schuldig geblieben. Nicht dass Merkel ihre Rolle als
europäische Krisenmanagerin vernachlässigt hätte, nein, das ganz und
gar nicht. Doch bei der Zukunft der Europäischen Union, den Visionen
für den alten Kontinent blieb Merkel erstaunlich schwach. Sie
überließ dieses Feld ganz und gar dem französischen Präsidenten
Emmanuel Macron. Und dessen Vorschläge für die Reform der
schwerfälligen, ineffizienten, aber dennoch notwendigen EU hat Merkel
entweder nur dünnlippig kommentiert oder völlig ignoriert. Eine
Stütze für Macron war Merkel jedenfalls nicht, sondern eher ein
Bremsklotz. Kramp-Karrenbauer will die Berliner Sprachlosigkeit zur
Zukunft der EU überwinden. Und das ist ein richtiger Schritt. Während
die Welt aus den Fugen zu geraten scheint, während Klimaschutz,
Menschenrechte, Migration, Schutz vor Terror und Krieg immer größere
Herausforderungen stellen, hadert Europa mit sich selbst. Dabei kommt
es doch gerade jetzt auf eine souveräne und selbstbewusste
Europäische Union an. Es bedarf eines Gegengewichts zu Donald Trumps
unberechenbarer America-first-Politik, zur aggressiven Politik
Pekings und Moskaus. Zumindest bedarf es eines Europas, das stark ist
und auf Augenhöhe mit den anderen globalen Kraftzentren verhandeln
kann. Kramp-Karrenbauer hatte es nach ihrer Wahl im Dezember nicht
leicht, als "Nur-CDU-Vorsitzende" politische Duftmarken zu setzen und
Themen zu bestimmen. Ihr Werkstattgespräch zur Flüchtlings- und
Integrationspolitik ist weitgehend folgenlos verrauscht. Aber
offenbar will sie nicht nur mit - fragwürdigen - Auftritten im
Karneval, etwa über pinkelnde Männer auf Unisex-Toiletten,
Schlagzeilen machen, sondern auch mit einer eigenen politischen
Agenda. Da läuft sich eine Konservative warm fürs Kanzleramt, die vor
nicht allzu langer Zeit kaum als besonders wertkonservativ
wahrgenommen wurde. Dass auf der anderen Seite der Koalitionspartner
SPD Sperrfeuer gegen eine mögliche Kanzlerin AKK schießt, ist indes
nicht besonders klug. Die SPD in ihrem jetzigen Zustand wird die
GroKo nicht verlassen, selbst wenn Kramp-Karrenbauer ins Kanzleramt
einziehen sollte. Und außerdem fiele es den Nahles, Scholz und Co. in
diesem Fall leichter, eigenes Profil zu entwickeln. AKKs
Reformvorschläge für die EU sind freilich noch nicht der große Wurf,
sondern eher ein Aufguss altbekannter Forderungen, wenn es etwa um
das Schließen von Steuerschlupflöchern, eine gemeinsame Asylpolitik
und den Schutz der Grenzen des Schengen-Raums geht. Einem eigenen
Haushalt für die Euro-Zonenländer, Macrons Prestigeprojekt, erteilt
AKK dagegen ebenso eine Absage wie einem EU-weiten Mindestlohn.
Obendreien serviert die Saarländerin Paris unverdauliche Kost. Dass
etwa Straßburg den Sitz des EU-Parlaments verlieren soll, ist für
Frankreich nicht akzeptabel.
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