Ölpreise im Höhenflug 05.10.2023 23:33:00

Öl-Aktien hinken der Ölpreis-Entwicklung hinterher: Diese Faktoren sorgen für Gegenwind

Öl-Aktien hinken der Ölpreis-Entwicklung hinterher: Diese Faktoren sorgen für Gegenwind

• Ölpreise mit neuen Zehn-Monats-Hochs, durchschnittlicher Preis in Q3 jedoch unter Vorjahr
• Aktien aus Energiesektor hinken wegen schwachen Bilanzen und Wirtschaftssorgen hinterher
• Analysten geteilter Meinung für Sektor


In den letzten drei Monaten hat der Preis für Öl der Sorte Brent um 18,36 Prozent zugelegt (Stand: 04.10.2023). Auch für WTI ging es im gleichen Zeitraum kräftig nach oben. Anhaltender Rückenwind für das schwarze Gold kommt dabei von Förderkürzungen durch Saudi-Arabien und Russland. Diese würden laut Experten für ein tägliches Angebotsdefizit von drei Millionen Barrel Rohöl sorgen, schreibt "Oilprice.com". Dieses Öldefizit zwinge Raffinerien laut "Barron's" dazu, auf ihre Lagerbestände zurückzugreifen und treibe gleichzeitig die Preise hoch. Doch während sich die Ölpreise seit Wochen im Aufwind befinden, hinken die Aktien von Unternehmen aus dem Energiesektor mit ihrer Performance deutlich hinterher. Warum sie nur in geringem Ausmaß von der Ölpreis-Rally profitieren können, dürfte dabei mehrere Gründe haben.

Energiesektor mit vergleichsweise schwacher Performance

Während Rohöl der Sorte WTI in den letzten drei Monaten um 21,42 Prozent teurer wurde und der Preis von Brent-Öl um 18,31 Prozent anzog (Stand: 04.10.2023), konnte der S&P 500 Energy Sector Index im gleichen Zeitraum nur 8,84 Prozent hinzugewinnen (Stand: Schlusskurs vom 03.10.2023). Beim S&P 500 Energy Sector Index handelt es sich um einen Subindex des S&P 500, in dem alle Energie-Aktien aus dem breiten US-Index zusammengefasst sind. Während der Subindex der Ölpreisentwicklung damit also klar hinterherhinkt, schlug er sich dennoch besser als der gesamte S&P 500, der in den letzten drei Monaten 5,08 Prozent verlor (Stand: Schlusskurse vom 03.10.2023).

Warum Öl-Aktien sich aber zuletzt weniger stark als der Ölpreis gezeigt haben, dürfte mehreren Faktoren geschuldet sein. Laut "Oilprice.com" sei beispielsweise das Sentiment für die Branche aktuell etwas negativ, nachdem Unternehmen aus dem Gas- und Öl-Sektor in der letzten Berichtssaison enttäuscht hätten. So hätten drei der fünf Teilbranchen des Sektors im Jahresvergleich einen Gewinnrückgang von mehr als 20 Prozent erlitten. Vier der fünf Subbranchen hätten außerdem Umsatzrückgänge von mehr als 10 Prozent verzeichnet. So erlitten Unternehmen der integrierten Öl- und Gasindustrie laut der Webseite im Vergleich zum Vorjahr einen Gewinnrückgang um 50 Prozent und einen Umsatzrückgang um 26 Prozent, bei Unternehmen der Öl- und Gasexploration und -produktion sanken die Gewinne um 44 Prozent und der Umsatz um 27 Prozent. Der Gewinn von Konzernen aus dem Bereich Öl- und Gasraffinierung und Marketing ging derweil um 22 Prozent zurück, während der Umsatz um 14 Prozent fiel. Die Teilbranche Öl- und Gaslagerung und -transport konnte trotz eines Umsatzrückgangs um 14 Prozent hingegen ihren Gewinn um fünf Prozent steigern. Lediglich Unternehmen aus dem Bereich Öl- und Gasausrüstung und -dienstleistungen - unter ihnen etwa Baker Hughes, Halliburton und Schlumberger - verbuchten zuletzt sowohl beim Gewinn als auch beim Umsatz ein Plus von durchschnittlich 29 bzw. 14 Prozent, da ihre Dienstleistungen stark nachgefragt wurden.

Insgesamt verzeichnete der Energiesektor im Vorjahresvergleich jedoch den größten Umsatz- und Gewinnrückgang aller Sektoren im S&P 500. "Oilprice.com" führt das darauf zurück, dass die Ölpreise zwar in der jüngsten Vergangenheit einen Höhenflug erlebten, der durchschnittliche Ölpreis im dritten Quartal jedoch trotzdem noch unter dem des Vorjahreszeitraums liege. So habe der durchschnittliche Ölpreis im dritten Quartal 2022 91,43 US-Dollar betragen, während er im dritten Quartal 2023 nur bei 80,39 US-Dollar liege. Dieser im Jahresvergleich niedrigere Ölpreis belaste das Ergebnis der Konzerne aus dem Sektor und damit auch die Performance ihrer Aktien.

Sorgen um Nachhaltigkeit des Ölpreis-Anstiegs angesichts schwacher Wirtschaft

Anleger könnten sich bei den Öl-Aktien jedoch auch vorsichtig zeigen, da sie angesichts der aktuellen Wirtschaftssorgen nicht daran glauben, dass sich der Ölpreis-Anstieg als nachhaltig erweisen wird. Denn wenn sich die Wirtschaft abschwächt, sinkt im Normalfall auch die Nachfrage nach dem Rohstoff. "Ich denke, es ist einfach so, dass die Anleger nicht glauben, dass der jüngste beträchtliche Anstieg der Ölpreise nachhaltig ist, und dass zu diesem Zeitpunkt des Zyklus immer noch Risiken für die Wirtschaft und das Öl bestehen", schrieb etwa Leo Mariani, Analyst bei Roth MKM, in einer Mail an "Barron's". Nach seiner Erfahrung werde Energie normalerweise verkauft, wenn eine mögliche Konjunkturabschwächung drohe, ergänzte er.

Die gleichen Sorgen äußerte laut "Reuters" auch Aktienstratege Andreas Bruckner von der Bank of America, der sogar Abwärtspotenzial für Öl-Aktien sieht. "Wir haben Energieaktien untergewichtet, weil es Spielraum für einen Rückgang des Ölpreises vom aktuellen Niveau gibt, wenn die Nachfrageschwäche in den USA einsetzt, und Veränderungen der Spot-Ölpreise sind normalerweise das, was für die relative Performance von Öl-Aktien ausschlaggebend ist", so Bruckner. "Wir glauben nicht, dass der Öltiefpunkt für diesen Zyklus erreicht ist, was wiederum bedeuten würde, dass der Energiesektor im Verhältnis zum Markt noch nicht die Talsohle erreicht hat", führte er weiter aus. Tatsächlich wird laut "Barron's" am Futures-Markt aufgrund der Wirtschaftssorgen aktuell mit einem Rückgang der Ölpreise im kommenden Jahr gerechnet. Dies dürfte ebenfalls ein Faktor sein, der die Öl-Aktien belastet.

Experten dennoch mit Kaufempfehlungen für Öl-Aktien

Doch nicht alle Analysten sind sich mit Blick auf den Energiesektor einig. Manche Experten glauben, dass in einigen Öl-Aktien angesichts der hohen Ölpreise noch Potenzial für Kursgewinne steckt. Wie "Oilprice.com" unter Berufung auf Daten von TipRanks berichtet, habe der Energie-Sektor sogar die höchste Quote an Kaufempfehlungen aller Sektoren aus dem S&P 500. "Wir sehen den Energiesektor mit einer Übergewichtung optimistisch, da er unserer Meinung nach preislich attraktiv ist, über eine starke Bilanz und eine hohe Cash-Generierung verfügt, insbesondere angesichts der jüngsten Erholung des Ölpreises", sagte etwa Mislav Matejka, Leiter der globalen und europäischen Aktienstrategie bei JPMorgan, laut "Reuters".

Auch Bill Smead, Chief Investment Officer von Smead Capital Management, empfahl laut "Barron's" Energie-Aktien zum Kauf. Er setzt dabei jedoch vor allem auf unterbewertete Anteilsscheine von kleineren Unternehmen der Branche, da er Potenzial für Übernahmen sieht. Momentan bestehe laut Smead am Markt ein Ungleichgewicht zwischen Öl-Riesen und anderen Unternehmen der Branche. Viele Öl- und Gas-Aktien kleinerer Unternehmen würden bei vergleichbaren Ölpreisen zu viel niedrigeren Aktienkursen gehandelt, weil sie immer noch zu klein seien, als dass sie von institutionellen Investoren bzw. deren größeren Geldpools berücksichtigt werden könnten, so der Experte. Er hält daher eine bevorstehende Konsolidierung der Branche für wahrscheinlich und glaubt, dass die großen Ölkonzerne möglicherweise die kleineren aufkaufen werden. Für Anleger böte sich dabei eine "ungewöhnliche Gelegenheit" davon zu profitieren, indem sie jetzt auf die unterbewerteten Aktien setzen.

Redaktion finanzen.at

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