09.02.2014 17:27:31
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Offenbar knappe Mehrheit für begrenzte Zuwanderung in der Schweiz
GENF (AFP)--In der Schweiz hat die Abstimmung über eine Begrenzung der Zuwanderung am Sonntag ein denkbar knappes Ergebnis gebracht: Nach einer Hochrechnung des Meinungsforschungsinstituts GfS stimmten 50,4 Prozent der Wähler für das Projekt "Gegen Masseneinwanderung" - allerdings lag die Fehlermarge bei diesem Wert bei 0,7 Prozent. Sollte die Mehrheit der Wähler am Ende mit Ja stimmen, würde die Schweiz wieder Einwanderungsquoten einführen und Abkommen mit der EU neu aushandeln müssen.
Die Stimmen der beiden großen Kantone Bern und Zürich waren noch nicht ausgezählt. Damit die Initiative der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP) angenommen wird, muss die Mehrheit der Schweizer Kantone und die Mehrheit der Wähler für die Initiative stimmen. Am frühen Nachmittag hatten die Auszählungen bereits ergeben, dass die Mehrheit der 26 Kantone mit Ja gestimmt hatte. Die meisten Stimmberechtigten beteiligten sich schon vorher per Briefwahl an dem Volksentscheid.
Seit dem Inkrafttreten der Abkommen über freien Personenverkehr mit der Europäischen Union 2002 haben sich jährlich 80.000 EU-Bürger in der Schweiz niedergelassen - zehn Mal so viel wie die Regierung in Bern prognostiziert hatte. Die Schweiz ist nicht EU-Mitglied, wickelt aber den größten Teil ihres Handels mit EU-Staaten ab.
Der Abgeordnete der rechten Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP), Hans Grunder, hatte der Zeitung "Schweiz am Sonntag" gesagt, bei einem Ja zur SVP-Initiative müssten außer dem einzigen SVP-Minister die übrigen sechs Kabinettsmitglieder wohl zurücktreten. Die BDP lehnte die Initiative wie alle anderen großen Parteien ab. Auch die Regierung, Wirtschafts- und Industrieverbände sowie die Gewerkschaften riefen mit Verweis auf den Bedarf an Fachkräften in der Schweiz ihre Landsleute auf, mit Nein zu stimmen.
Die SVP als stärkste Partei im Parlament hält die "unkontrollierte Einwanderung" für die Wurzel allen Übels in der Schweiz: Niedriglöhne für einheimische Arbeiter, eine Überlastung der Gesundheits-, Bildungs- und Verkehrssysteme, Wohnungsmangel, die Zubetonierung ganzer Landstriche und insgesamt eine Verschlechterung der Lebensqualität.
Die Regierung - ihr gehört Ueli Maurer als SVP-Verteidigungsminister an - führt gegen die SVP ins Feld, dass die Zuwanderung die Grundlage für das im Vergleich zu seinen Nachbarn einmalige Wirtschaftswachstum in der Schweiz sei. Im Übrigen sei auch die Arbeitslosenrate in der Schweiz mit durchschnittlich 3,5 Prozent vergleichsweise niedrig.
2013 waren in der Schweiz 1,88 Millionen Menschen Ausländer. Das entspricht einem Ausländeranteil von 23,5 Prozent an einer Gesamtbevölkerung von mehr als acht Millionen Menschen. Von den Ausländern stammen 1,25 Millionen aus der Europäischen Union.
Am zahlreichsten sind die Italiener und Deutschen mit 291.000 beziehungsweise 284.200 Einwohnern. Es folgen den amtlichen Angaben zufolge die Portugiesen (237.000) und Franzosen (104.000).
Die bisherigen Ergebnisse ließen eine deutliche Kluft zwischen den deutsch- und den französischsprachigen Kantonen erkennen. Während erstere mehrheitlich mit Ja stimmten, lehnten letztere die Initiative mehrheitlich ab. Im italienischsprachigen Kanton Tessin wurde mit einer hohen Zustimmung gerechnet. Dort hat sich die Zahl der aus dem benachbarten Italien zugewanderten Einwohner seit 2002 nach Angaben des Tessiner Abgeordneten Norman Gobbi verdoppelt.
Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com
DJG/smh
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February 09, 2014 10:56 ET (15:56 GMT)- - 10 56 AM EST 02-09-14
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