10.08.2020 20:29:38
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Politische Pipeline, Kommentar zu Nord Stream 2 von Christoph Ruhkamp
Frankfurt (ots) - Die jüngste US-Sanktionsdrohung gegen Unternehmen, die am Bau
der 10 Mrd. Euro teuren russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 beteiligt
sind, sorgt in Deutschland parteiübergreifend für Empörung, und der Ruf nach
Gegenmaßnahmen wird lauter. Drei Senatoren der Republikanischen Partei von
US-Präsident Donald Trump haben - ein wenig überkandidelt - den Betreibern und
Aktionären des Fährhafens Sassnitz auf Rügen mit der "finanziellen Vernichtung"
gedroht sowie mit Einreisesperre in die USA und dem Einfrieren von Eigentum. Nun
könnten Deutschland und die EU mit dem Verbot von Importen von verflüssigtem
US-Frackinggas per Tanker in die EU reagieren.
Zitat Außenminister Heiko Maas: "Mit ihren Ankündigungen von Maßnahmen, die auch
europäische Unternehmen mit Sanktionen bedrohen, missachtet die US-Regierung das
Recht und die Souveränität Europas, selbst zu entscheiden, wo und wie wir unsere
Energie beziehen. Die europäische Energiepolitik wird in Europa gemacht und
nicht in Washington. Extraterritoriale Sanktionen lehnen wir klar ab." Diesen
Worten jetzt mit Gegensanktionen Taten folgen zu lassen, wird schwierig. Eine
Sanktionsspirale wäre wohl die Folge. Wahrscheinlicher ist deshalb, dass Berlin
diplomatischere Gegenmaßnahmen findet. Schließlich dauert es nur noch drei
Monate, bis Trump abgewählt werden kann.
Zu dessen Wahlkampfkalkül gehört es, sich durch die Sanktionen als scharfer
Gegner der Russen zu gerieren, nachdem ihm im vorigen Wahlkampf Hilfe durch
Präsident Wladimir Putin nachgesagt wurde. Insoweit handelt es sich bei den
Drohbriefen der Senatoren um Theaterdonner, der bald verhallt. Anders sieht es
aus beim Sanktionsgesetz, das der Kongress gerade auf den Weg bringt. In der
Einigkeit von Republikanern und Demokraten manifestieren sich die Interessen der
USA an Gasexporten ihrer Fracking-Konzerne nach Europa. Diese Interessen hatte
auch schon der (demokratische) Präsident Barack Obama vertreten - wenn auch
weniger aggressiv.
Von den Sanktionen wären 120 europäische Unternehmen betroffen, darunter auch
die deutschen Energiekonzerne Uniper und Wintershall mit jeweils rund 1 Mrd.
Euro Finanzierung für die Pipeline. Verwandelt sich die Verzögerung des
Baufortschritts in einen Stopp, dann wäre das Resultat eine Investitionsruine
von 10 Mrd. Euro Umfang. Das wird sich die Bundesregierung nicht bieten lassen
können, weil es ein Dammbruch wäre - eine Einladung, auch künftig
Industriepolitik zugunsten der US-Unternehmen mit Sanktionen zu betreiben.
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