24.01.2024 10:06:38

OTS: Coface Deutschland / Tourismus in Südeuropa: Geht dem Zugpferd die Kraft ...

Tourismus in Südeuropa: Geht dem Zugpferd die Kraft aus? (FOTO)

Mainz (ots) - Nach einem massiven Einbruch während der Coronapandemie haben die

Touristenzahlen 2023 in Europa das Niveau von vor der Pandemie überschritten.

Von der wiedererstarkten Reiselust profitieren die Mittelmeerländer besonders

stark. Südeuropa hat sich vom Problemfall zum Zugpferd der wirtschaftlichen

Erholung Europas entwickelt: In den Jahren 2021 bis 2023 haben Italien, Spanien,

Griechenland und Portugal zwischen einem Viertel und der Hälfte zum

Jahreswachstum der Europäischen Union beigetragen. Diese positive Dynamik dürfte

aufgrund verschiedener Faktoren wie Klimawandel und Inflation zunehmend

abflachen. Darüber hinaus ist die Arbeitsproduktivität im Tourismussektor

relativ gering, was angesichts aufkommender demografischer Krisen besonders in

Italien Probleme birgt.

Die EU als Ganzes verzeichnete 2023 ein Rekordjahr, die Statistikbehörde

Eurostat geht von insgesamt 2,92 Milliarden Übernachtungen in

Touristenunterkünften aus. Obwohl die Inflation und steigende Reisekosten den

Geldbeutel der Verbraucher stark belasten, sind viele Haushalte bereit, die

verbleibende geringere Kaufkraft in Reisen zu investieren. Infolge dieses

Touristenzustroms, aber auch aufgrund höherer Preise, stieg der Umsatz

touristischer Aktivitäten innerhalb der EU im zweiten Quartal 2023 um

durchschnittlich 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr und um 25 Prozent gegenüber

2019. Die Erholung des Tourismus wird weiterhin eine zentrale Rolle für die

Widerstandsfähigkeit des Wachstums in Südeuropa spielen, dessen

Volkswirtschaften besonders von dieser Branche abhängig sind. Der Fremdenverkehr

macht mehr als 10 Prozent des Bruttoinlandproduktes der Länder in dieser Region

aus und leistet als arbeitsintensiver Sektor einen wichtigen Beitrag zur

Schaffung von Arbeitsplätzen. Im zweiten Quartal 2023 führten 5,2 Prozent der

europäischen Arbeitnehmer tourismusbezogene Tätigkeiten aus, wobei Griechenland

mit dem doppelten Anteil herausstach.

Wachstum mit Risiken

Mit Blick auf die Zukunft ist jedoch nicht klar, wie lange der Boom anhalten

wird, denn es lauern finanzielle, soziale und politische Risiken. "Aufgrund der

Inflation wird es für Südeuropa schwierig sein, in puncto Kosten gegenüber

aufstrebenden Reisezielen in Schwellenländern wettbewerbsfähig zu bleiben.

Darüber hinaus hat der Klimawandel besondere Auswirkungen auf die

südeuropäischen Regionen, die im Sommer regelmäßig großer Hitze oder

Naturkatastrophen wie Waldbränden ausgesetzt sind", sagt Marcos Carias,

Coface-Volkswirt für die Region Südeuropa. "Die Türkei hat bei Spaniens

wichtigster Klientel, den Briten, Marktanteile gewonnen. Die Abwertung des

britischen Pfunds gegenüber dem Euro in Verbindung mit der anhaltenden Abwertung

der türkischen Lira hat dazu geführt, dass britische Reisende die Türkei Spanien

zunehmend vorziehen."

Darüber hinaus führt die Tourismusabhängigkeit südeuropäischer Länder im

Vergleich zum übrigen Europa zu erheblichen Nachteilen mit Blick auf die

Produktivität, da mit dem Tourismus verbundene Tätigkeiten eher gekennzeichnet

sind durch Arbeitskräfte mit geringerer Ausbildung und prekäre

Beschäftigungsverhältnisse. Der Druck, die Produktivität zu erhöhen, um auch

fernab des Tourismus wettbewerbsfähiger zu werden, ist angesichts der

kurzfristig guten Aussichten im Tourismus nicht gegeben. Damit geraten diese

Länder langfristig jedoch ins Hintertreffen.

Italien: Frauen könnten drohenden Arbeitskräftemangel abfedern

Die Frage der Produktivität ist besonders für Italien, wo der

Bevölkerungsrückgang einen dauerhaften Arbeitskräftemangel auslösen wird, von

größter Bedeutung. Denn bis 2040 wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter um

11,7 Prozent schrumpfen - gegenüber 2,4 Prozent in Frankreich, 4,1 Prozent in

Spanien und 4,9 Prozent in Deutschland. Coface schätzt, dass die demografische

Krise das BIP-Wachstumspotenzial Italiens bereits 2025 fast halbieren könnte.

"Wenn die EU-Fiskalregeln wieder in Kraft treten, ist jedes Hindernis für das

Wachstum auch ein Hindernis für den Schuldenabbau. Daher ist der

Bevölkerungsrückgang in Italien ein Risikofaktor für die Tragfähigkeit der

öffentlichen Finanzen", sagt Marcos Carias. Die realistischste Möglichkeit, um

dies zu vermeiden, besteht auf kurze Sicht darin, die Integration von Frauen in

die erwerbstätige Bevölkerung stark zu beschleunigen - so wie es zum Beispiel

Spanien zwischen den 1990er und 2000er-Jahren getan hat. 55 Prozent der Frauen

in Italien haben derzeit eine formelle Beschäftigung, gegenüber 70 Prozent in

Spanien. So müsste Italien etwa 1 Million Frauen in die erwerbstätige

Bevölkerung aufnehmen und das Produktivitätswachstum auf jährlich 0,5 Prozent

steigern, um die von der EU im Haushaltsplan 2024 vorgeschlagenen

Haushaltsverpflichtungen zu erfüllen. Sollten entsprechende Maßnahmen nicht

greifen, wird der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften steigen.

Die gesamte Analyse und weitere Grafiken zum Download: http://www.coface.de

Pressekontakt:

Coface, Niederlassung in Deutschland

Sebastian Knierim - Pressesprecher -

Tel. 06131/323-335

mailto:sebastian.knierim@coface.com

http://www.coface.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/51597/5698481

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