16.12.2025 11:54:00

Regierung drängt auf Ende von Merit-Order-Prinzip

--------------------------------------------------------------------- AKTUALISIERUNGS-HINWEIS Neu: Durchgehend neu nach Regierungspressekonferenz ---------------------------------------------------------------------

Im Vorfeld der heutigen Sondersitzung im Nationalrat haben die Spitzen der Bundesregierung erneut die angekündigte Senkung der Elektrizitätsabgabe gepriesen. Zugleich kündigte Kanzler Christian Stocker (ÖVP) für heute einen Brief an die EU-Kommission an, indem ein Ende des Merit-Order-Prinzips am Strommarkt gefordert werden soll. Noch immer würden nämlich fossile Energieträger den Marktpreis bestimmt, kritisierte Stocker.

In dem Brief nach Brüssel wolle man "auf die besonderen Umstände und Herausforderungen des gemeinsamen Strommarktes aufmerksam machen und auch konkrete Vorschläge unterbreiten", führte Stocker aus. Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) bezeichnete das Merit-Order-Prinzip unterdessen als ein "irrsinniges Prinzip". Weil man sich nicht allein auf die Geschwindigkeit der EU verlassen könne, setze man jetzt nationale Maßnahmen um. Laut Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) wird man bei der EU-Kommission auch für einen "solidarischen Ausgleich" bei den Netzkosten eintreten. Österreich sei als Transitland für Strom überproportional von steigenden Netzausbaukosten betroffen.

Beim Merit-Order-Prinzip wird der Strompreis immer von der Anlage bestimmt, die zur Deckung des Strombedarfs notwendig ist. Das hat im Zuge der Energiekrise in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass der teuer produzierte Strom aus Gaskraftwerken den gesamten Strompreis in die Höhe getrieben hat. Das Prinzip in dem Kontext auch bereits auf europäischer Ebene in Frage gestellt - am Ende aber beibehalten.

Elektrizitätsabgabe soll für Haushalte auf 0,1 Cent/kWh sinken

Im Nationalrat soll im Lauf des Tages beschlossen werden, die Elektrizitätsabgabe im Kalenderjahr 2026 von derzeit 1,5 Cent je Kilowattstunde (kWh) auf 0,82 Cent zu reduzieren. Für private Haushalte ist laut Gesetzesantrag ein Satz von 0,1 Cent je kWh vorgesehen. Der Antrag wurde von ÖVP, SPÖ und NEOS eingebracht und wurde am Montag bereits im Finanzausschuss durchgewinkt. Der Bundeskanzler erinnerte bei der Pressekonferenz auch an weitere kurzfristige Maßnahmen wie den Energiestrombonus für energieintensive Betriebe sowie die geplante Senkung des Erneuerbaren-Förderbeitrags ab 2026.

"Wir zeigen heute: Wir liefern", kommentierte Babler den geplanten Nationalratsbeschluss. Alle drei Regierungsvertreter verteidigten die Abgabenabsenkung für das Jahr 2026 als Überbrückungshilfe, bis längerfristige Reformen am Strommarkt wirken. Gemeint sind damit die erst kürzlich beschlossene Strommarktreform (auch "Günstiger-Strom-Gesetz" genannt; Anm.) und etwaige europäische Reformen, sollte der heute angekündigte Brief nach Brüssel entsprechend fruchten.

Meinl-Reisinger: "Keine Gießkanne"

Kosten soll das gesamte Vorhaben rund eine halbe Milliarde Euro. Das Geld soll aus staatsnahen Betrieben kommen, konkret 200 Mio. Euro vom Verbund, 200 Mio. Euro von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und 100 Mio. Euro aus einem noch nicht an den Bund ausgeschütteten Bilanzgewinn aus Dividendenerträgen der Staatsholding ÖBAG. "Das ist keine Gießkanne, das ist kein Eingriff in die Preise", betonte Meinl-Reisinger mit Blick auf die Gegenfinanzierung. Die Maßnahme werde zu sinkenden Preisen führen.

Unternehmensvertreter loben die geplante Senkung der Elektrizitätsabgabe, forderten aber zugleich weitere Schritte ein. Die Wirtschaftskammer (WKÖ) spricht sich für eine Verlängerung der Strompreiskompensation bis 2030 aus. Aktuell sei diese Maßnahme, die besonders energieintensiven Betrieben zugute kommt, bis Ende 2026 befristet. In ein ähnliches Horn bläst die Industriellenvereinigung (IV). "Vor dem Hintergrund der angespannten budgetären Situation wären stärker fokussierte Maßnahmen vorzuziehen", wird IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung zitiert. Österreichs E-Wirtschaft begrüßt die rasche Senkung der Stromkosten, bemängelt aber das "rigide zeitliche Ablaufdatum" mit Ende 2026. Strom könnte Anfang 2027 wieder inflationstreibend wirken, wenn die Maßnahme ausläuft.

spo/ivn

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