Interview |
26.12.2012 03:00:00
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SAP-Co-Chef Jim Snabe: "Wir müssen uns öffnen"
Snabe sagte, SAP habe in der Entwicklung lange auf seine eigene Umgebung rund um die Programmiersprache ABAB gesetzt. „Nur haben wir es versäumt, uns zu öffnen und andere zu gewinnen, die auf dieser Plattform eigene Lösungen entwickeln“, räumte Snabe ein. Ein solch proprietärer Ansatz sei angesichts der technologisch rasanten Entwicklung jedoch kein „nachhaltiges Geschäftsmodell“ mehr. Dies wolle man nun ändern.
Herr Snabe, die SAP hat klare, langfristige Ziele: Bis 2015 soll der Konzern-Umsatz auf 20 Milliarden Euro steigen, die operative Marge soll dann bei 35 Prozent liegen. Aber wie wird das Unternehmen SAP jenseits der nackten Zahlen aussehen?
Wir durchlaufen seit einiger Zeit einen grundlegenden Wandel mit unserer klaren Ausrichtung auf Wachstum durch kundenorientierte Innovationen. Dazu gehören unsere mobilen Lösungen, die Cloud-basierten Softwareanwendungen und unsere In-Memory-Computing Plattform SAP HANA. Damit lassen sich bislang unvorstellbare Datenmengen in Sekundenbruchteilen verarbeiten, was die Prozesse in Unternehmen erheblich beschleunigt und neue Erkenntnisse ermöglicht. Dieser Wandel wird weitergehen.
Aber wie wollen Sie das geplante Wachstum ohne größeren Personalaufbau stemmen?
Das möchten wir vor allem über unsere Partner realisieren. Wir haben zwar ein leistungsfähiges Partnernetz. Aber diesen Bereich wollen wir künftig deutlich ausbauen. Das ist der Weg, um Wachstum zu schaffen und neue Märkte zu entwickeln. Co-Innovation und Offenheit für Partnerlösungen hat für uns strategische Bedeutung.
Also ein Wachstumsschub per Öko-System?
Die beiden SAP-Co-Vorstandschefs Jim Hagemann Snabe (li.) und Bill McDermott
Welche Größenordnung schwebt Ihnen für das Partnernetzwerk vor?
Durch diesen Ansatz möchten wir in Zukunft bis zu einer Million Entwickler gewinnen, ohne dass diese unbedingt bei SAP angestellt sein müssen.
Und zwar nicht nur auf ABAB?
Nein, eben nicht nur auf ABAB, sondern auf der SAP HANA-Plattform, bei mobilen Lösungen oder in der Cloud. Das ist attraktiv, denn SAP hat die interessanteste Kundenbasis auf der ganzen Welt. Wir werden die Partner-Entwicklungen global verfügbar machen. Damit wird es auch kleinen Unternehmen ermöglichen, weltweit präsent zu sein. Das ist ein sehr großer Anreiz.
Sie können ohnehin nicht alle Märkte selbst bedienen?
Wir sind weltweit aufgestellt, aber wenn Sie so wollen, erleben wir eine zunehmende Demokratisierung von Technologie. Als Softwareunternehmen müssen Sie sich öffnen. Das ist die Grundlage für nachhaltiges Wachstum durch Innovationen.
HANA gilt als größter Wachstumstreiber bei SAP. Inzwischen ist HANA nicht mehr nur eine Datenbank, sondern eine Plattform, auf der auch Anwendungen laufen. Wie stark wird HANA SAP verändern?
SAP HANA ist die Technologie-Plattform der Zukunft. Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass SAP in seiner Geschichte nicht deshalb erfolgreich war, weil wir eine Technologie-Debatte angestoßen haben. Wir waren und sind deshalb erfolgreich, weil wir Geschäftsprobleme lösen. Das ist unser Mehrwert. Und genau aus diesem Grund ist SAP HANA so wichtig. Denn damit versetzen wir Unternehmen in die Lage, völlig neue Geschäftsmodelle zu betreiben. Und SAP HANA wird dann erfolgreich sein, wenn nicht nur SAP auf dieser Plattform entwickelt, sondern eben auch viele andere kreative Köpfe. Daran arbeiten wir.
Sie müssten bei HANA mit gutem Beispiel vorangehen. Wann wird SAP selbst auf HANA umstellen und wichtige Prozesse wie Finanzbuchhaltung oder Kundenmanagement über HANA laufen lassen?
Das haben wir für nächstes Jahr geplant.
Weiß das Ihr IT-Chef Oliver Bussmann schon?
Aber sicher (lacht). Wir werden damit einer der ersten sein.
Wenn HANA eines Tage das Rückgrat der IT darstellt, wird es für Unternehmen theoretisch möglich sein, zu jedem beliebigen Zeitpunkt eine Übersicht über die wirtschaftliche Lage zu erhalten. Was bedeutet das für die Unternehmen und die Art und Weise wie Entscheidungen getroffen werden?
Unternehmen können ganz neue Geschäftsmodelle entwickeln. Analyse von riesigen Datenmengen und Management von komplexen Prozessen in Echtzeit heißt ja nicht nur deutlich mehr Schnelligkeit. Es bedeutet vor allem mehr Zeit und bessere Einblicke, um Strategien anzupassen und Prozesse neu zu erfinden. Nehmen Sie z.B. das weite Feld der Promotion von Konsumgütern. Mit HANA können sie nicht nur viel schneller erfolgreiche von nicht erfolgreichen Werbeaktionen unterscheiden. Sie können vor allem Ihren Bedarf besser planen, Kundenbindungen ganz neu gestalten, durch individuelle Rabatte direkt beim Kauf und weitere personalisierte Angebote.
Aber werden die Manager nicht eines Tages zu langsam für ihre eigene IT?
Nein. Im Gegenteil. Manager wie ein CFO oder ein CEO können selber viel früher ins laufende Geschäft eingreifen, weil sie in Echtzeit Unternehmenskennzahlen auf ihre mobilen Geräte geliefert bekommen.
Nun laufen drei von vier SAP-Lösungen auf Oracle-Datenbanken. Mit HANA wird die Konkurrenz zu den Datenbank-Herstellern steigen, vor allem zu Oracle. Und Sie verkaufen ja Oracle-Datenbanken. Wie lange noch?
Wir verabschieden uns nicht aus dem traditionellen Datenbankgeschäft. Solange seitens der Kunden die Nachfrage da ist, werden wir relationale Datenbanken verkaufen. Wir selbst haben auch hochleistungsfähige relationale Datenbanken mit Sybase ASE und Sybase IQ im Portfolio, die stark nachgefragt sind bei unseren Kunden.
Haben Sie Hinweise darauf, dass Oracle bei Ihnen den Stecker zieht?
Nein. Wir haben unseren Kunden immer Wahlmöglichkeiten gegeben. Offenheit heißt Wettbewerb und das ist gut für die Branche. Deshalb werden wir auch in Zukunft alle wichtigen Datenbanken unterstützen - auch die von Oracle.
von Thomas Schmidtutz, Euro Magazin
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