15.11.2023 14:48:40

Scholz: Tiefgreifende Änderung der Haushaltspraxis wegen Urteils möglich

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält es für denkbar, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Umwidmung von Haushaltsmitteln weitreichende Folgen für die Haushaltspolitik von Bund und Länder hat. Gleichzeitig erneuerte er seine Zusagen für staatliche Investitionen, damit Deutschland die Transformation hin zur Klimaneutralität schaffen kann.

In der Regierungsbefragung im Bundestag sagte Scholz, dass die Bundesregierung und auch der Haushaltsgesetzgeber die Gerichtsentscheidung beachten und genau darauf prüfen werden, welche Auswirkungen diese im Einzelnen habe. "Eine solche Prüfung ist auch angemessen, denn wenn man viele der dabei auch mitgesagten Erwägungen genau betrachtet, kann es so sein, dass es eine sehr tiefgreifende Veränderung der Haushaltspraxis der Länder in Deutschland, aber auch des Bundes zur Folge hat. Da gebietet sich kein Schnellschuss, sondern eine sorgfältige Prüfung", sagte Scholz.

Er betonte, dass Deutschland angesichts der Transformation viele Investitionen benötigt. "Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir die vielen Herausforderungen für die Modernisierung unseres Landes und unserer Industrie auch tatsächlich hinbekommen", sagte Scholz. "Das wird natürlich nur hinbekommen, wenn wir nicht nur auf private Investition setzen".

Investitionen auch mit "anderem Rahmen" hinbekommen

Auch staatliche Investitionen seien für die Transformation notwendig, damit Deutschland C02-neutral wirtschaften könne und ein global wettbewerbsfähiges Industrieland bleibe. "Das erfordert, wie gesagt, Investitionen. Deshalb ist es für uns wichtig, dass wir bei der Betrachtung des Urteils genau sehen, wie wir vor keiner der Herausforderungen, vor der unser Land steht, die Augen verschließen und dass wir sie auch mit einem anderen Rahmen, den wir jetzt haben, hinbekommen", sagte Scholz.

Mit Blick auf die Einigung der Regierungskoalition auf Strompreishilfen für das produzierende Gewerbe und Forderungen nach Hilfen auch für andere Branchen, zeigte sich Scholz zurückhaltend. "Dass wir da noch viele Ausweitungen vorschlagen können, kann ich nun gerade auch nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts so richtig nicht erkennen. Aber vielleicht ist ja jemand weitsichtiger als ich", sagte Scholz.

Zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Haushaltsmanöver der Bundesregierung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Es urteilte, dass die für die Corona-Krise gedachten milliardenschweren Kreditermächtigungen nicht für Klimaprojekte verwendet werden dürfen. Die Bundesregierung hatte die Kreditermächtigungen rückwirkend in einem Nachtrag zum Haushalt 2021 in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verschoben.

Laut dem Urteil des Gerichts durfte die Regierung aber diese unter Ausnahme von der Schuldenbremse aufgenommenen Mittel von 60 Milliarden Euro nicht nachträglich zum Klimaschutz umwidmen. Damit fehlen im Klima- und Transformationsfonds Milliarden für geplante Ausgaben.

(Mitarbeit: Andreas Kißler)

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/apo

(END) Dow Jones Newswires

November 15, 2023 08:49 ET (13:49 GMT)

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