07.02.2021 16:02:38
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Termin durch 'Zufallsgenerator' - Politiker in Halle zu früh geimpft
HALLE (dpa-AFX) - Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) und mindestens zehn Stadträte haben die bundesweit festgelegte Reihenfolge für die Corona-Impfungen missachtet und sich bereits gegen das Virus immunisieren lassen. Er habe am 17. Januar seine Erstimpfung bekommen, sagte Wiegand am Samstag und verteidigte das Vorgehen. Auch am Sonntag stand er dazu, räumte aber ein, die Impfung zu spät öffentlich gemacht zu haben. Es ist der dritte bekanntgewordene Fall binnen weniger Tage, in dem Kommunalpolitiker in Sachsen-Anhalt gegen die festgelegte Impfreihenfolge verstoßen haben.
Laut dem 63 Jahre alten Wiegand hatte die Stadt ein Verfahren für den Umgang mit Impfdosen entwickelt, die am Ende des Tages übrig bleiben und nicht bis zum nächsten Tag haltbar sind. Demnach werden bei solchen Resten zunächst Menschen der ersten Prioritätsgruppe angerufen. Sollten die nicht für eine spontane Impfung zur Verfügung stehen, werde mit einem "Zufallsgenerator" ein Kandidat aus einem Pool aus Rettungsdiensten, Fachärzten, Stadträten und Angehörigen des Katastrophenstabes gezogen.
Im Rahmen dieses Verfahrens sei er am 17. Januar angerufen worden und habe sich impfen lassen, nachdem er sich vergewissert habe, dass keine anderen Kandidaten zur Verfügung stehen, sagte Wiegand. 585 Menschen seien in Halle bislang nach diesem Verfahren geimpft worden. Während Mitarbeiter von Rettungsdiensten und Fachärzte durchaus zur in der Impfverordnung festgelegten Prioritätsgruppe zählen können, sind Angestellte der Stadt das, jedenfalls von Berufswegen, nicht. Wie viele Angehörige der Verwaltung unter den Geimpften sind, könne er nicht sagen, so Wiegand.
Der Oberbürgermeister betonte auf Pressekonferenzen am Wochenende, dass er zu diesem Verfahren stehe. Auf Nachfragen zum Verfahren reagierte er teilweise gereizt. Man könne schon fast von einer "Hexenjagd" sprechen, hatte Wiegand am Samstag gesagt. Wegen der Kritik sei das Verfahren der Ad-hoc-Impfungen in Halle nun aber gestoppt worden, sagte der Oberbürgermeister am Sonntag. In einem Brief habe er Landes-Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) um eine landesweite Regelung zum Umgang mit den übrigen Dosen gebeten.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Magdeburg sind die Landkreise und kreisfreien Städte mehrfach angewiesen worden, ein Verfahren zum Umgang mit übrig gebliebenen Dosen zu entwickeln. Dabei seien die Kreise - zuletzt am Donnerstag - aber ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass dabei die in der Impfverordnung des Bundes festgelegte Reihenfolge einzuhalten ist.
Die Gesundheitsministerin hatte verärgert auf den Vorgang reagiert: "Ich habe keinerlei Verständnis, wenn bundesweit festgelegte Impfreihenfolgen missachtet werden". Die SPD Halle kritisierte am Sonntag, Wiegand habe mit seinen Angaben mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet. Die Sozialdemokraten forderten am Sonntag eine Sondersitzung des Hauptausschusses der Stadt.
Kritik war unter anderem auch vom Kreischef der CDU Halle, Marco Tullner, gekommen. Er hatte Wiegand vorgeworfen, den "moralischen Kompass" verloren zu haben und umfassende Aufklärung gefordert. Der Vorgang sorgte auch in der Bundespolitik für Aufsehen. "Dass sich offenbar nicht nur ein kommunaler Amtsträger hat impfen lassen, bevor an der Reihe, ist unverständlich und ärgerlich", twitterte am Samstag der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU).
Die Impfungen in Halle waren nicht der erste Fall in Sachsen-Anhalt gewesen, in dem außerhalb der festgelegten Reihenfolge geimpft wurde. Auch der Landrat von Wittenberg, Jürgen Dannenberg (Linke) räumte ein, mit übrig gebliebenen Dosen geimpft worden zu sein, hatte jedoch Bedauern über diese Entscheidung geäußert. Am Donnerstag war außerdem bekanntgeworden, dass der Landkreis Stendal im Januar im Rahmen eines Feldversuches mehr als 300 Polizistinnen und Polizisten geimpft hatte. Landrat Patrick Puhlmann (SPD) hatte angegeben, davon erst nachträglich erfahren zu haben und den Vorgang als rechtlich fehlerhaft bezeichnet und Verständnis für die Kritik gezeigt./afa/DP/fba
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