30.03.2007 13:21:00
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Union sieht in mehreren Punkten Beratungsbedarf zu Steuerreform
Kritik des Normenkontrollrates der Regierung an den bürokratischen Auswirkungen der Reformpläne nehme die Union "natürlich sehr ernst", betonte Bernhardt. "Wir werden uns ganz genau die zusätzlichen 40 Meldepflichten ansehen", kündigte er an. Viele ergäben sich allerdings aus zusätzlichen Wahlrechten. "Es wäre gut, wenn wir in der zweiten Lesung sagen könnten, die neue Unternehmensteuerreform bedeutet unterm Strich nicht 72 Mio EUR mehr Bürokratie, sondern vielleicht 20 Mio oder 30 Mio EUR weniger", sagte er.
Bernhardt deutete auch an, dass mehr mittelständische Unternehmen in den Genuss der geplanten Investitionsrücklage kommen könnten, auf die nach den bisherigen Plänen nur Personengesellschaften mit einem Betriebsvermögen von bis zu 210.000 EUR zurückgreifen können. "Lassen Sie uns noch einmal diskutieren, vielleicht finden wir noch eine Möglichkeit, in Richtung 250.000 EUR zu marschieren", sagte Bernhardt.
Zur "Zinsschranke" unterstrich der CDU-Finanzexperte, man wisse noch nicht ganz genau, wie diese in allen Bereichen wirke. "Wir wollen uns noch einmal ganz genau die Auswirkungen der Zinsschranke auf vier moderne Finanzierungsformen angucken, die wir brauchen", kündigte Bernhardt an und nannte Leasing, Factoring, Öffentlich-Private Partnerschaften und Private Equity.
Im Rahmen der vorgesehenen Mantelkaufregelungen wolle die Union zudem "noch einmal über die Frage diskutieren, wie ist es mit Verlustvorträgen bei Sanierungen und Umstrukturierungen in internationalen Konzernen". Diskussionsbedarf bestehe auch noch zur Besteuerung von Funkionsverlagerungen. "Uns interessiert noch ein bisschen die Auswirkung auf den Bereich Forschung und Entwicklung", hob Bernhardt hervor. Hier gelte es, unerwünschte "Nebenwirkungen" zu verhindern. "Deutschland ist in Forschung und Entwicklung an der Spitze der Welt, dies soll nicht durch die Funktionsverlagerungsbesteuerung gefährdet werden", forderte er.
Allerdings dürften auch mögliche Veränderungen nicht dazu führen, dass die vorgesehenen Einnahmeausfälle von rund 5 Mrd EUR bei voller Jahreswirkung überschritten würden, verlangte er. "Wir werden uns nur in einem Rahmen bewegen, der die 5 Mrd EUR sicherstellt", machte er klar.
Auch der SPD-Finanzexperte Reinhardt Schultz unterstrich, Veränderungen dürften nicht zu erhöhten Ausfällen führen. "Wir werden versuchen, auch unter dem Gesichtspunkt der Praxistauglichkeit, im Rahmen der weiteren Beratungen den Gesetzentwurf auf den Prüfstand zu stellen", sagte er. "Die Möglichkeit für weitere Entlastungen unter dem Strich sehen wir allerdings eindeutig nicht", hob er hervor. Es bestehe im Gegenteil "eher die Notwendigkeit, zu stabilisieren", wenn hierzu Möglichkeiten gegeben seien. In der SPD waren zuvor Forderungen nach erhöhten Ausgaben laut geworden.
Steinbrück hatte am Freitag im Bundestag erneut für die Reform geworben, mit der die Regierung ab 2008 die durchschnittliche Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften auf 29,83% von 38,65% senken will. "Wir haben sehr absichtlich keinen Systemwechsel vorgenommen", hatte er gesagt und auf unkalkulierbare Nebeneffekte entsprechender Vorschläge verwiesen.
Die Regierung plant mit der Reform eine Senkung des Körperschaftsteuersatzes auf 15% von 25% und der Gewerbesteuermesszahl auf 3,5%. Bei voller Wirkung aller Be- und Entlastungsmaßnahmen kostet die Reform laut dem vom Kabinett eingebrachten Gesetzentwurf Bund, Länder und Gemeinden 5,015 Mrd EUR. Demnach soll die Reform den Staat im ersten Kassenjahr 2008 mit 6,47 Mrd EUR belasten. Für Personenunternehmen ist eine begünstigte Gewinnthesaurierung geplant, die die Besteuerung einbehaltener Gewinne auf höchstens 30% beschränkt.
Zur Finanzierung soll neben der "Zinsschranke", die den Abzug der Zinskosten von der Körperschaftsteuer begrenzt, auch ein Wegfall des Betriebsausgabenabzugs für die Gewerbesteuer, eine Verschärfung der Regelungen zum Mantelkauf, eine Besteuerung von Funktionsverlagerungen ins Ausland und eine Streichung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter erfolgen. Ferner sind die Ausdehnung von Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer, Einschränkungen der Gestaltungsmöglichkeiten bei der Wertpapierleihe zwischen Kreditinstituten, ein Wegfall des Betriebsausgabenabzugs für die Gewerbesteuer sowie Änderungen bei der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter geplant.
Sowohl Steinbrück als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten sich bereits offen für Detailänderungen im parlamentarischen Verfahren gezeigt. Steinbrück hatte Mitte März eine Nachbesserung angedeutet, um eine Benachteiligung von Forschung und Entwicklung zu verhindern. Die deutschen Wirtschaftsverbände hatten ihrerseits Nachbesserungen an den Regierungsplänen verlangt.
Bereits in der Kabinettsvorlage waren mehrere Detailänderungen gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf vorgenommen worden, um Klarstellungen zu erreichen oder Einwänden gegen die Regelungen Rechnung zu tragen. Die "Zinsschranke", die die Abzugsfähigkeit des Saldos aus Zinserträgen und Zinsaufwand bei der Körperschaftsteuer mit einer Freigrenze von 1 Mio EUR auf 30% des Vorsteuergewinns beschränkt, war dabei um eine Regelung ergänzt worden, nach der eine schädliche Gesellschafterfremdfinanzierung bei einer Konzerngesellschaft zur Anwendung der Zinsschranke bei allen Konzerngesellschaften führt.
Der Bundestag will die Reform am 25. Mai billigen, mit der ab 2009 zudem eine pauschale Abgeltungssteuer von 25% auf Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne eingeführt werden soll. Zuvor sollen zwei Anhörungen im Bundestags-Finanzausschuss am 25. April und am 7. Mai stattfinden. Der Abschluss des Verfahrens im Bundesrat soll noch vor der parlamentarischen Sommerpause erfolgen, die nach dem 6. Juli beginnt.
-Von Andreas Kißler, Dow Jones Newswires, +49 (0)30 - 2888 4118,
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March 30, 2007 07:18 ET (11:18 GMT)
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