30.03.2007 14:39:00

UPDATE: KarstadtQuelle und JCC legen Grundstücksstreit bei

(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz, weitere Details, Aktienkurs)

   Von Archibald Preuschat

   Dow Jones Newswires

   DÜSSELDORF (Dow Jones)--Die KarstadtQuelle AG und die Jewish Claims Conference (JCC) haben ihren Streit um das Berliner Lenné-Dreieck beigelegt. Der Warenhaus- und Versandhandelskonzern wird für das Grundstück 88 Mio EUR an die JCC zahlen. Die Nationalsozialisten hatten die Immobilie der jüdischen Kaufmannsfamilie Wertheim vor mehr als 60 Jahren abgenommen. Die außergerichtliche Einigung kam nach knapp einjährigen Verhandlungen zustande. Die JCC vertritt die Ansprüche der Wertheim-Nachfahren. Laut JCC handelt es sich um eine der höchsten Entschädigungssummen, die je für eine Enteignung während der Nazizeit gezahlt wurden.

   "Das Materielle sei aber nicht das Entscheidende", sagte Gideon Taylor, Executive Vice President der JCC, zu Dow Jones Newswires. Die Einigung zwischen KarstadtQuelle und der JCC habe vielmehr "gewaltigen symbolischen Charakter. Sie ist ein sehr wichtiger Schritt, um das Unrecht der Vergangenheit zu korrigieren".

   Nach einer Begegnung mit dem KarstadtQuelle-Vorstandsvorsitzenden Thomas Middelhoff vor einigen Wochen in Frankfurt einigten sich der Konzern und die JCC auf die Grundzüge der jetzt getroffenen Vereinbarung. "Bei diesem Treffen haben wir uns abschließend auf die Höhe des Entschädigungsbeitrages verständigt", sagte Middelhoff. Die Begegnung mit Taylor bezeichnete der KarstadtQuelle-Vorstandsvorsitzende als "sehr harmonisch und verständnisvoll".

   Noch im vergangenen Jahr hatte KarstadtQuelle eine Entschädigung für das Lenné-Dreieck kategorisch abgelehnt und wollte sich notfalls auf einen Rechtsstreit einlassen. Rückstellungen für eine Einigung mit der JCC hat der Konzern entgegen früheren Aussagen aber bereits gebildet. "Wir hatten in der Bilanz bereits zuvor Vorkehrungen getroffen, so dass es zu keiner Belastung der Gewinn- und Verlustrechnung kommt. Der größte Teil ist in der Bilanz 2006 verarbeitet", sagte Middelhoff auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf.

   Die Zahlen hatte er tags zuvor am Donnerstag an gleicher Stelle vorgelegt. "Vor dem geschichtlichen Hintergrund ist es aber nicht geeignet gewesen, die Einigung mit der JCC im Rahmen der Bilanzpressekonferenz zu verkünden", sagte er. Der Entschluss, die Wertheim-Erben zu entschädigen, wurde Middelhoff zufolge vom Altbundeskanzler Helmut Kohl angestoßen. "Ohne ihn hätten wir den Weg so nicht gefunden. Der Prozess stand auch im Spannungsfeld, die Aktionärsinteressen zu wahren."

   Dies sieht Middelhoff gelungen: "Für das Unternehmen gebe es nun Rechtssicherheit auf dem weiteren Weg der wirtschaftlichen Konsolidierung und des Wachstums." Im Aktienmarkt wurde die Einigung zwischen dem MDAX-Unternehmen und der Jewish Claims Conference einhellig begrüßt. Das Papier selbst zeigt sich am Freitag volatil. Die Aktie kam kurz bei Bekanntwerden der Nachricht unter Druck, drehte kurze Zeit später aber wieder ins Plus. Um 14.35 Uhr notierte sie bei 27,61 EUR, ein Minus von 0,2%.

   Das Lenné-Dreieck am Potsdamer Platz, das die Nazis der Familie Wertheim abgenommen hatten, war nach Kriegsende zunächst Teil Ostberlins und fiel 1988 im Zuge eines Gebietstausches an den Westteil der Stadt. 1991 bekam der Kaufhaus-Konzern Hertie, der in den 1950er-Jahren die Wertheim-Kaufhäuser von den Nachfahren der jüdischen Kaufmannsfamilie erwarb, das Grundstück vom Land Berlin zurück. Mit der Übernahme von Hertie durch Karstadt 1994 gelangte es in den Besitz des Essener Konzerns. Der verkaufte es Ende 1999 an den Metro-Gründer Otto Beisheim für 145 Mio EUR. Heute steht auf dem Gelände im Herzen der Hauptstadt das Beisheim-Center, zu dem Büros und zwei Hotels gehören.

   Die Höhe der Entschädigungssumme ist nach den Worten des JCC-Deutschlanddirektor Roman Haller ein Kompromiss gewesen. "Unsere Wertvorstellungen waren zunächst deutlich höher und auch Middelhoff hat zunächst mit ganz anderen Werten angefangen." Das Gros der 88 Mio EUR soll den Wertheim-Erben zufließen. Mit einem Teil der Summe will die JCC aber auch weltweit Projekte zur Unterstützung von Überlebenden des Holocaust unterstützen.

   Die KarstadtQuelle erklärte, nach der Einigung mit der JCC seien alle strittigen Fragen im Zusammenhang mit dem Verkauf des Wertheim-Grundstücks erledigt. Die Familie Wertheim ziehe ihre in den USA erhobenen Schadenersatzklagen gegen den Warenhauskonzern zurück. Die Vereinbarung umfasse das Lenné-Dreieck und alle weiteren ehemaligen Immobilien, die zum Warenhaus-Konzern Wertheim gehörten, darunter auch der so genannte "Post-Block" in Berlin-Mitte.

   Webseiten: http://www.karstadt-quelle.com/

   http://www.claimscon.org/

   -Von Archibald Preuschat, Dow Jones Newswires; +49 (0)211 - 13872 18,

   archibald.preuschat@dowjones.com

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   March 30, 2007 08:38 ET (12:38 GMT)

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