13.08.2008 12:21:00

UPDATE: Markt straft Arcandor nach Prognosesenkung ab

   (NEU: Details, Analysten, Aktienkurs)

Von Natali Schwab

   Dow Jones NEWSWIRES

DÜSSELDORF (Dow Jones)--Schwache Zahlen im Warenhausgeschäft von Karstadt und schlechtere Gewinnaussichten im neuen Geschäftsjahr belasten am Mittwoch den Aktienkurs von Arcandor. Mit einem Abschlag von mehr als 7% strafte der Markt den Titel des Essener Touristik- und Handelskonzerns ab. Das MDAX-Unternehmen berichtete am Morgen für das dritte Quartal einen Gewinnrückgang im Konzern wegen gestiegener Verluste bei Karstadt und senkte seine Gewinnerwartung für 2008/09. Auch die Prognose für das noch laufende Jahr ist mit Unsicherheiten behaftet.

   Zwar bestätigte der MDAX-Konzern die Planung für das operative EBITDA 2007/08. Die "Anspannung zur Erreichung des Ergebnisziels im vierten Quartal" sei gestiegen, schränkte Arcandor jedoch ein. Die Prognose basiere auf einer guten Entwicklung bei Thomas Cook und einer soliden Ergebnisverbesserung beim Versandhändler Primondo. Der Touristikanbieter Thomas Cook erziele im vierten Quartal saisonal bedingt das mit Abstand höchste Ergebnis im Jahr, erklärte Arcandor.

   Für 2008/09 senkte der Konzern seine Prognose. Das Management geht nun von einem bereinigten operativen EBITDA von mehr als 1,1 Mrd EUR aus. Bislang lautete die Prognose auf 1,3 Mrd EUR. Arcandor begründete die Verschärfung der Situation mit der allgemeinen konjunkturellen Eintrübung sowie der Ergebnisentwicklung bei Karstadt.

   Die Chance, das Ziel für 2008/09 zu übertreffen, sei jedoch "gut", hieß es. Dazu komme es aber auf die wirtschaftliche Entwicklung im Allgemeinen, und im Besonderen auf die Entwicklung des Kerosinpreises und die Ertragswirkung des Effizienzprogrammes bei Karstadt an.

   Im dritten Quartal sank das bereinigte operative EBITDA auf 53 (73) Mio EUR, wie der Konzern mitteilte. Arcandor definiert diese Kennziffer als entscheidende Größe zur Beurteilung der Geschäftsentwicklung der Bereiche Thomas Cook, Primondo und Karstadt.

   Der bereinigte Umsatz ging auf 4,66 (4,86) Mrd EUR zurück. Die Töchter Thomas Cook und Primondo hätten sich zufriedenstellend entwickelt, hieß es. Thomas Cook erhöhte das bereinigte EBITDA um 4% auf 103,5 Mio EUR, Primondo erreichte mit 0,2 Mio EUR den Breakeven, nach einem Verlust von 18,3 Mio EUR im Vorjahr.

   Dagegen weitete sich der Verlust bei Karstadt aus. Das Warenhausgeschäft sei vor allem von der verhaltenen Konsumstimmung sowie zu hohen Kosten betroffen, berichtete Arcandor. Ein Effizienzprogramm befinde sich in der Umsetzung. Das Minus beim bereinigten EBITDA belief sich auf 50,9 (minus 8,4) Mio EUR.

   Strategisch setzt Arcandor auf die Wachstumsfelder Touristik und Homeshopping. Dort soll das organische und das externe Wachstum forciert werden. Für den Warenhausbereich ist die Zukunft weiter offen. Derzeit befinde sich Arcandor "noch in einer Phase der Festlegung einer endgültigen strategischen Ausrichtung", sagte Vorstandsvorsitzender Thomas Middelhoff ohne nähere Details nennen zu wollen.

   Zum gescheiterten Verkauf des Ferienfliegers Condor an Air Berlin sagte Middelhoff, die Alternativen, die Arcandor vorbereitet habe, seien "weit fortgeschritten". Auch hierzu wollte sich der Manager nicht näher äußern.

   Bezogen auf die ersten neun Monate erhöhte Arcandor das bereinigte EBITDA der operativen Bereiche auf 204 (80) Mio EUR. Mit Hilfe der restrukturierten Geschäftsstruktur bei verringerter Abhängigkeit vom stationären Einzelhandel in Deutschland habe der Konzern die Eintrübung des Konsumklimas "überwiegend" gut verkraftet.

   Der bereinigte kumulierte Konzernumsatz sank auf 13,53 (13,7) Mrd EUR. Währungsbereinigt ergab sich ein Plus von 1,1%. Die Risiken der verkauften und mittlerweile insolventen Gesellschaften SinnLeffers, Wehmeyer und Hertie sind laut Middelhoff eine zu "vernachlässigende" Größe für Arcandor. Insgesamt beliefen sich die möglichen Verpflichtungen aus Serviceleistungs- und Warenbelieferungsverträgen auf einen unteren bis mittleren zweistelligen Mio-EUR-Betrag.

   Die Arcandor-Aktie gehört am Mittwoch zu den größten Verlieren in Frankfurt. Gegen 12.10 Uhr notierte der Titel in einem insgesamt unveränderten Umfeld mit einem Minus von 7,2% bei 7,38 EUR. Das zwischenzeitliche Tagestief lag bei 7,22 EUR. Als in allen drei Geschäftsbereichen enttäuschend stuft ein Analyst, der namentlich nicht genannt werden wollte, die Zahlen zum Quartal ein. Weitaus schwerer wiegt für ihn allerdings die Gewinnwarnung des Unternehmens für das neue Geschäftsjahr 2008/09.

   "Arcandor hat immer und immer wieder deutlich gemacht, dass die gesetzten Ziele locker zu erreichen sein werden. Und nun wird die Guidance mal eben so kassiert. Mir passt die ganze Kommunikation des Unternehmens nicht", kritisierte er.

   Wegen diverser Bereinigungen ist das eigentlich Zahlenwerk nur schwer zu durchschauen. Deshalb konzentriert sich auch Analyst Alexander Schlipf vom Bankhaus Metzler auf eine Beurteilung der gesenkten Prognose: "Es hat den Anschein, dass Arcandor im kommenden Jahr nun auch in den Geschäftsbereichen Primondo und Thomas Cook mit konjunkturellen Risiken rechnet. Einen wirklichen Grund für die gesenkte Prognose nennt das Unternehmen aber nicht", sagte er.

   Auch das Ziel für das laufende Jahr eines bereinigten operativen EBITDA von mehr als 800 Mio EUR sei "nicht wirklich" bestätigt worden. "Gerade vor dem Hintergrund der nur geringen Transparenz der Zahlen wäre aber Glaubwürdigkeit für das Unternehmen besonders wichtig gewesen", urteilt Schlipf.

   Mit der Kritik über die mangelnde Vergleichbarkeit der Arcandor-Zahlen stehen die Analysten nicht alleine dar. Von vielen Bankhäusern wird seit Monaten eine intransparente Darstellung der Zahlen bemängelt. Viele Analysten veröffentlichen deswegen keine Ausblicke mehr auf Quartalsergebnisse.

   Der Arcandor-Vorstand hatte die Vorjahreszahlen schon vor der Veröffentlichung des Neunmonatsergebnisses angepasst und auf Pro-forma-Basis angegeben. Bei Karstadt wurde der Umsatz um Großhandel, Projektfilialen und Schließungen bereinigt. Beim Versandhandel sind die verkauften Gesellschaften herausgerechnet. Auch die Immobilienumsätze wurden isoliert.

   Hinzu kommt die Umstellung des Geschäftsjahres auf den 30. September. Der Vorjahresvergleich wurde zudem so dargestellt, als ob die Thomas Cook Group plc im damaligen Zeitraum bereits in der heutigen Form bestanden hätte.

Webseite: http://www.arcandor.com/

-Von Natali Schwab, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 111, unternehmen.de@dowjones.com DJG/nas/rio (END) Dow Jones Newswires

   August 13, 2008 06:19 ET (10:19 GMT)

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