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22.11.2015 22:32:38

Weser-Kurier: Über den Parteitag der Grünen schreibt Norbert Holst:

Bremen (ots) - Mit ihrem Parteitag in Halle wollten die Grünen ein starkes Signal für das Wahljahr 2016 aussenden. Eine klare Botschaft allerdings geht von diesem Treffen nicht aus. Die Partei ist gefangen in den Themen dieser Tage: Flüchtlinge und Terror zwingen sie, Ideale zu hinterfragen. Auch grüne Bürgermeister und Landräte beklagen, dass ihre Gemeinden am Rand der Belastbarkeit angekommen sind, noch weitere Migranten aufzunehmen. In ihrer Resolution zu den Terroranschlägen in Paris betonen die Grünen das Primat einer Verhandlungslösung, lassen sich aber für die Unterstützung von Militärschlägen gegen die Terrorbande IS ein Hintertürchen offen. Die Basis, das wurde in Halle ganz deutlich, tickt weiter links als die eher pragmatisch orientierte Parteispitze. Diese Diskrepanz wurde in Halle mit klugen Kompromissen und einer geschickten Regie zugekleistert. Es wäre ja auch richtig dumm, mit offen ausgetragenen Flügelkämpfen in ein Jahr mit fünf Landtagswahlen zu gehen. Rauflust, wie sie momentan die Bremer Grünen üben, ist auf Bundesebene momentan nicht sonderlich ausgeprägt. Doch wohin wollen die Grünen eigentlich? Diese Frage bleibt offen. Entlarvend ist da eine Resolution. Titel: "Grüner Aufbruch 2016". Der erste Satz klingt verheißungsvoll: "Wir Grüne wollen die Welt verändern." Doch dann ist das Papier in weiten Teilen eine Aufzählung von vermeintlichen Schnitzern der Großen Koalition. Heiße Eisen wie Steuererhöhungen oder Veggie Day umschifft es geschickt. Man hat aus dem Desaster der Bundestagswahl 2013 gelernt. Doch nach einem Aufbruch, nach wegweisenden Ideen und Visionen, sucht man in dem Papier vergebens. Es ist das gegenwärtige Dilemma der Ökopartei: Als Oppositionspartei im Bundestag wird sie kaum noch wahrgenommen; die Regierungsbeteiligung in vielen Bundesländern führt zu Kompromissen, die für die Partei Zündstoff bergen - siehe Asylkompromisse im Bundesrat. Unüberhörbar waren in Halle die Rufe nach "Grün pur" oder "zurück zu den Wurzeln". Es ist ein Konflikt zwischen Herz und Verstand: Sich unbequemen Wahrheiten stellen, um mitregieren zu können? Oder das grüne Biotop pflegen, auch auf die Gefahr hin, auf der Oppositionsbank zu versauern? Ergebnis offen.

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