12.04.2023 15:44:40
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Zukunftsfinanzierungsgesetz soll Kapitalmarkt attraktiver machen
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung hat den Referentenentwurf für das Zukunftsfinanzierungsgesetz veröffentlicht, mit dem der Kapitalmarkt attraktiver und der Finanzplatz Deutschland insgesamt wettbewerbsfähiger werden soll. Die darin vorgesehenen Maßnahmen zur Modernisierung des Kapitalmarkts und zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen sollen laut dem Entwurf noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode in Kraft treten. Geplant sind unter anderem eine Absenkung des Mindestkapitals für einen Börsengang von derzeit 1,25 Millionen Euro auf 1 Million Euro, die Erleichterung von Anlagen von institutionellen Investoren im Bereich Start-ups und eine Erleichterung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung.
"Die Möglichkeit, über den Kapitalmarkt Eigenkapital beschaffen zu können, ist Kernfunktion und wichtiger Anreiz für den Gang von Unternehmen an die Börse", heißt es in dem Entwurf. Hierbei soll insbesondere Wachstumsunternehmen und Start-ups eine flexiblere Gestaltung ermöglicht werden, indem die Ausstattung von Namensaktien mit Mehrstimmrechten in der Satzung ermöglicht wird. Die Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien werde durch gesetzliche Regelungsvorschläge zur Gewährleistung des Minderheiten- und Anlegerschutzes ergänzt.
Zudem sollen Kapitalerhöhungen unter bestimmten Voraussetzungen erleichtert und deren Durchführung beschleunigt werden. So soll die Grenze beim vereinfachten Bezugsrechtsausschluss im Aktienrecht von bisher 10 Prozent des Grundkapitals auf 20 Prozent angehoben werden. Weiter sollen die Grenzen des bedingten Kapitals bei Unternehmenszusammenschlüssen sowie für Bezugsrechte von Arbeitnehmern und Mitgliedern der Geschäftsführung von 50 Prozent und 10 Prozent auf jeweils 60 Prozent beziehungsweise 20 Prozent erhöht werden. Der Gesetzentwurf sieht auch vor, dass Namensaktien künftig in elektronischer Form als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere begeben werden können, Inhaberaktien jedoch nur als Zentralregisterwertpapiere.
Anträge bei der Bafin künftig auch auf Englisch
Offenen Immobilienfonds soll es aufsichtsrechtlich ermöglicht werden, auch Grundstücke zu erwerben, auf denen sich ausschließlich Anlagen zu Erzeugung, Transport und Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien befinden, und diese Anlagen auch selbst zu betreiben. Um den Finanzmarkt für internationale Marktteilnehmer leichter zugänglich zu machen, soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) stärker mit Marktteilnehmern auf Englisch als internationaler Arbeitssprache kommunizieren können. Es soll insbesondere auch möglich sein, Anträge auf Englisch zu stellen. Für internationale Marktteilnehmer relevante Verwaltungsvorgaben und Formulare sollen schneller und flächendeckender auf Englisch vorhanden sein.
Durch verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll jungen Unternehmen die Mitarbeitergewinnung erleichtert werden. Dazu werde der Steuerfreibetrag von derzeit 1.440 Euro auf 5.000 Euro angehoben. Zum anderen werde aber auch die so genannte Dry-income-Problematik weitgehend gelöst. Hierzu werde der Anwendungsbereich der Regelung zur aufgeschobenen Besteuerung signifikant ausgeweitet. So soll unter anderem die Besteuerung bis zur Veräußerung der Anteile aufgeschoben werden, wenn der Arbeitgeber bereit ist, die Haftung für die anfallende Lohnsteuer zu übernehmen.
Außerdem soll der Höchstbetrag für geförderte vermögenswirksame Leistungen auf 1.200 Euro verdreifacht werden. Durch die Aufhebung der Einkommensgrenze sollen darüber hinaus auch Arbeitnehmergruppen erreicht werden, die wegen der Überschreitung der Einkommensgrenze bisher keine Arbeitnehmer-Sparzulage erhalten haben.
Banken loben richtigen Ansatz
Der Bundesverband deutscher Banken sah in dem Gesetz einen "richtigen Ansatz für ein modernes Kapitalmarktrecht". Das Gesetz setze mit der nationalen Ebene an einem wichtigen Punkt an, um beim europäischen Kapitalmarkt voranzukommen. "Das Vorhaben enthält hier viele gute Elemente", sagte die Geschäftsbereichsleiterin Kunden und Märkte des Bankenverbandes, Miye Kohlhase. "Denn der Finanzplatz Deutschland braucht ein modernes Kapitalmarktrecht." Dieses brauche man, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu verbessern. Zudem werde es nur mit Hilfe eines leistungsfähigen Kapitalmarktes möglich sein, "Investitionen zu stemmen, die für die nachhaltige und digitale Transformation unserer Wirtschaft notwendig sind".
Das Deutsche Aktieninstitut erklärte, der von den Bundesministerien der Finanzen und der Justiz veröffentlichte Referentenentwurf "setzt wichtige Impulse für eine Stärkung des deutschen Kapitalmarktes", und begrüßte insbesondere die Modernisierung des Aktienrechts sowie die steuerlichen Verbesserungen bei den Mitarbeiterkapitalbeteiligungen und den vermögenswirksamen Leistungen. "Der Gesetzgeber stärkt mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz nun endlich die Kapitalmärkte in Deutschland. Damit bekommen wir bessere Bedingungen für die Finanzierung der Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft", betonte die Geschäftsführende Vorständin Christine Bortenlänger. "Das sichert im Ergebnis auch die Arbeitsplätze von morgen."
Die Modernisierung des Aktienrechts sei vor allem für Wachstumsunternehmen wichtig. Diese wählten beim Börsengang heute häufig den für ihre Bedürfnisse derzeit besser zugeschnittenen Weg über die Rechtsform der holländischen NV. Eine konsequente Reform des deutschen Aktienrechts mache es den Unternehmen künftig leichter, im vertrauten Rechtsumfeld zu agieren. Aus Sicht des Deutschen Aktieninstituts sei der Entwurf hier ein Schritt in die richtige Richtung. Auch mit der Einführung von Mehrstimmrechtsaktien plane der Referentenentwurf, den Unternehmensgründern den Schritt an die Börse zu erleichtern.
Die geplante Erhöhung des Steuerfreibetrags für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen bedeute "einen großen Schub für die Mitarbeiteraktie in Deutschland". Allerdings dürfe diese sehr sinnvolle Initiative nicht durch restriktive Anforderungen konterkariert werden, etwa einem geplanten Verbot der Entgeltumwandlung. Positiv sah das Aktieninstitut auch den Vorschlag, bei den vermögenswirksamen Leistungen die Arbeitnehmersparzulage zu erhöhen und die Einkommensgrenzen abzuschaffen. Die Regierung setze hiermit Anreize, "damit die Bevölkerung die Chancen des Sparens insbesondere mit Aktienfonds und ETFs ergreift".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/err
(END) Dow Jones Newswires
April 12, 2023 09:45 ET (13:45 GMT)
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