05.02.2016 16:29:00

Metzler: Weltwirtschaft in schwierigem Fahrwasser

Der ökonomische Ausblick in den USA ist nach wie vor geprägt von großer Unsicherheit. Die Auftragseingänge für Investitionsgüter gingen zuletzt deutlich zurück, sodass sich die Investitionsschwäche des vierten Quartals auch im ersten Quartal 2016 fortsetzen dürfte.

USA: Investitionsschwäche 

Auftragseingänge für Investitionsgüter ohne Militärgüter und Flugzeuge, in Mrd. USD pro Monat 

Quelle: Thomson Reuters Datastream; Stand: 15.12.2015 

Darüber hinaus verschärften die amerikanischen Geschäftsbanken die Kreditvergabekriterien für Firmen nunmehr das zweite Quartal in Folge. Die Kreditvergabekriterien sind ein Frühindikator für die Investitionsausgaben und die Kreditausfälle – die Verschärfung lässt auf einen Anstieg der Kreditausfälle in den kommenden Monaten und auf eine anhaltend schleppende Investitionstätigkeit der Unternehmen schließen. 

USA: Verschärfung der Kreditvergabekriterien seit zwei Quartalen 

Umfrage bei US-Geschäftsbanken über Veränderung der Kreditvergabekriterien 

Quelle: Thomson Reuters Datastream; Stand: 29.1.2016 

Im Vergleich zu vergangenen Rezessionsphasen verschärften bisher jedoch nur sehr wenige Banken die Kreditvergabekriterien, sodass die Daten auch im Einklang mit einer moderaten Wachstumsabkühlung stehen. Zumal die Auftragseingänge in der Industrie laut dem ISM-Index im Januar wieder moderat gestiegen sind und die Auftragseingänge im Dienstleistungssektor laut dem ISM-Index nach wie vor ordentlich wachsen. 

USA: Auftragseingänge im Überblick 

Auftragseingangskomponente des ISM-Index 

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 15.1.2016 

Auch zeigt die Wohnimmobiliennachfrage in den USA – ablesbar an den Neubauverkäufen – einen anhaltenden Aufwärtstrend. Insgesamt bietet die US-Wirtschaft derzeit ein sehr durchwachsenes Bild und hat mit Abwärtsrisiken zu kämpfen. Erst die kommenden Monate werden jedoch zeigen, ob sich das US-Wirtschafts-wachstum wieder stabilisieren kann oder ob doch eine moderate Rezession aufgrund sinkender Gewinnmargen der Unternehmen droht. Bisher sprechen die Indikatoren nach wie vor mehrheitlich für eine Abschwächung des US-Wachstums auf etwa 2,0 % in diesem Jahr. 

Den Einkommensgewinn aus den gesunkenen Energiekosten sparten die US-Konsumenten bisher weitestgehend, was einen Anstieg der Sparquote von 4,3 % im Dezember 2013 auf 5,5 % im Dezember 2015 zur Folge hatte. 

USA: Wohlstandseffekt funktioniert nicht mehr 

Ersparnis und Vermögen* in % des verfügbaren Einkommens

Quellen: Thomson Reuters Datastream, Berechnungen Metzler; Stand: 31.12.2015 

Der Vermögenseffekt scheint trotz des merklichen Anstiegs des Privatvermögens vor diesem Hintergrund nicht mehr zu funktionieren, was bedeutet, dass die US-Wirtschaft in den vergangenen Jahren langsamer gewachsen ist als bei einem Funktionieren des Vermögenseffekts möglich gewesen wäre. Gleichzeitig bedeutet die jetzige hohe Sparquote jedoch, dass ein Abschwung in der Zukunft nur moderat ausfallen dürfte, da der Anpassungsbedarf zu einer höheren Sparquote nur gering ist. Dementsprechend dürften die Einzelhandelsumsätze (Freitag) weiterhin nur moderat wachsen, aber damit immer noch einen ausreichenden Beitrag zum Wirtschaftswachstum liefern, wie in den beiden Vorjahren.  

Asien: Koreanische Exporte signalisieren schwaches Wachstum in Asien   

Der Rückgang der koreanischen Exporte um mehr als 18 % im Januar sowie der Rückgang der Einzelhandelsumsätze in Hongkong um 8,5 % im Dezember zeigen eine deutliche Wachstumsverlangsamung in Asien. 

Südkorea: schwache Exporte

Gesamtexport in % ggü. Vj. 

Quelle: Thomson Reuters Datastream; Stand: 31.1.2016 

Die Wirtschaftspolitik in vielen asiatischen Ländern dürfte darauf mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik sowie in einzelnen Fällen mit Konjunkturpaketen reagieren. Somit bestehen gute Chancen, dass sich das Wachstum in Asien im Jahresverlauf wieder etwas beleben kann. Zumal sich die Befürchtungen eines signifikanten Rückgangs der Devisenreserven in China (Sonntag) im Januar nicht bewahrheiten könnten. Ein Blick auf vergangene Saisonmuster zeigt, dass China im Januar oft erhebliche Kapitalzuflüsse verzeichnen konnte. Würde sich das Saisonmuster auch in diesem Jahr wiederholen, wäre ein deutlich geringerer Rückgang der Devisenreserven möglich als die allgemeinen Erwartungen eines Rückgangs von etwa 120 Mrd. USD.  

Eurozone: stabiles Wirtschaftswachstum 

Die Eurozone verzeichnet derzeit ein stabiles Wirtschaftswachstum von etwa 1,5 %. Kräftige Steigerungsraten der Industrieproduktion in Deutschland (Montag), in Frankreich (Mittwoch) und Italien (Mittwoch) im Dezember vergangenen Jahres dürften noch einmal die positive konjunkturelle Lage unterstreichen. Auch dürfte das Bruttoinlandsprodukt (Freitag) im vierten Quartal um 0,3 % bis 0,4 % gewachsen sein. 

Eigentlich ist es überraschend, dass die EZB die Geldpolitik im März erneut lockern möchte – in einem Umfeld, in dem die gute konjunkturelle Lage einen Rückgang der Arbeitslosenquote auf 10,4 % im Dezember 2015 von noch 11,4 % im Dezember 2014 ermöglichte. Aus Sicht der EZB sind die Inflationserwartungen jedoch nicht mehr verankert, sondern waren zuletzt hoch mit der Ölpreisentwicklung korreliert. 

Eurozone: Problematischer Glaubwürdigkeitsverlust der EZB 

Ölpreis Brent in USD pro Barrel und 10-jährige Inflationsswaps in % 

Quelle: Thomson Reuters Datastream, Bloomberg; Stand: 29.1.2016 

In der Finanzmarktkrise 2008 waren die Inflationserwartungen trotz Ölpreiskollaps noch stabil und es drohten keine Zweitrundeneffekte. Jetzt, mit dem deutlichen Rückgang der Inflationserwartungen, könnten als Zweitrundeneffekt die Arbeitnehmer aufgrund der aktuell niedrigen Inflation nur geringe Lohnforderungen stellen, was wiederum in einer anhaltend niedrigen Inflation resultieren würde – die zurückgehenden Inflationserwartungen würden sich somit selbst erfüllen. Dagegen versucht die EZB mit der Ankündigung weiterer geldpolitischer Stimuli für März anzukämpfen. Sollte der Ölpreis jedoch einmal wieder steigen und im Einklang damit die Inflationserwartungen, müsste die EZB schnell das geldpolitische Ruder herumreißen. Die Geldpolitik würde damit zunehmend zur Volatilität an den Finanzmärkten beitragen und immer weniger ein Stabilitätsanker sein können. Wahrscheinlich war es selten schwieriger, eine solide Geldpolitik zu betreiben als im derzeitigen Umfeld. 

Autor: Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management

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