10.06.2016 15:53:45

KONJUNKTUR IM BLICK/US-Notenbank lässt Zinsen unverändert

   (Wiederholung)

   Von Hans Bentzien

   FRANKFURT (Dow Jones)--Die US-Notenbank dürfte ihre Zinsen am Mittwoch unverändert lassen. Besonders stark war der Glaube an eine zweite Zinserhöhung im Juni auch wegen des am 23. Juni anstehenden Referendums über einen EU-Austritt Großbritanniens ohnehin nicht gewesen - aber die schwachen US-Arbeitsmarktdaten für Mai haben diese Möglichkeit faktisch beseitigt. Kommt nun eine Zinsanhebung im Juli oder im September? Oder doch nur eine im Dezember? Das geldpolitische Statement der Fed und die Äußerungen von Fed-Chefin Janet Yellen werden auf Hinweise abgeklopft werden, wie oft und wann die US-Notenbank ihre Zinsen in diesem Jahr noch einmal anheben könnte.

   Auch sonst ist in der Woche geldpolitisch einiges los. Am Donnerstag gibt es Zinsentscheidungen von Bank of Japan (BoJ), Schweizerischer Nationalbank (SNB) und Bank of England (BoE). Zudem stehen viele US-Konjunkturdaten auf dem Kalender, wobei die Einzelhandelsumsätze (Dienstag), die Industrieproduktion (Mittwoch) und die Verbraucherpreise (Donnerstag) hervorzuheben sind.

Fed dürfte an der Möglichkeit zweier Zinserhöhungen festhalten Die Zinsentscheidung des Offenmarktausschusses (FOMC) wird am Mittwoch um 20.00 Uhr bekannt gegeben. Volkswirte erwarten, dass der Leitzins in der Spanne von 0,25 bis 0,50 Prozent bestätigt wird. Das geldpolitische Statement enthält daneben die verbale FOMC-Einschätzung zu den Inflations- und Wachstumsaussichten der US-Wirtschaft. Nach dem schwachen Anstieg der Beschäftigung im Mai (plus 38.000 Stellen) dürfte die Fed in dem Statement, ähnlich wie Fed-Chefin Yellen es zuletzt getan hat, nicht mehr von einer weiteren Verbesserung der Lage sprechen, sondern eher auf die über die vergangenen Jahre erreichte Besserung verweisen.

   Das würde den schwachen Beschäftigungszuwachs im Mai relativieren oder sogar als angemessen erscheinen lassen. Dass er als Zeichen einer Konjunkturschwäche bewertet wird, ist angesichts der sonstigen Anzeichen für eine Wachstumsbelebung im zweiten Quartal eher unwahrscheinlich. Möglich ist aber, dass der Arbeitsmarkt als weiterer Faktor in der länger werdenden Reihe von Risikofaktoren aufgeführt wird, die die Fed von einer Normalisierung des Zinsniveaus abhalten.

   Ab 20.30 Uhr hat Yellen dann in ihrer Pressekonferenz Gelegenheit, den Botschaften des FOMC-Statements Nuancen hinzuzufügen. Zugleich werden die neuen FOMC-Prognosen für Wachstum, Inflation, Arbeitslosenquote und Leitzins veröffentlicht.

   Im Mittelpunkt des Interesses dürften die Zinsprognosen stehen, die zuletzt auf die Absicht des FOMC hindeuteten, den Zins in diesem Jahr zwei Mal zu erhöhen. Beobachter erwarten insgesamt, dass die Fed an der Botschaft festhalten wird, dass zwei Zinsschritte in diesem Jahr möglich sind. Ob Ökonomen und Marktteilnehmer das glauben, steht auf einem anderen Blatt. Fraglich ist, ob sie den Endpunkt ihres voraussichtlichen Zinszyklus weiterhin bei 3,25 Prozent sieht oder einen weiteren Viertelprozentpunkt streicht.

   Im Vorfeld der US-Zinsentscheidung werden Daten zum Einzelhandelsumsatz (Dienstag 14.30 Uhr) und zur Industrieproduktion/Kapazitätsauslastung (Mittwoch 15.15 Uhr) sowie der Empire State Index (Mittwoch 14.30 Uhr) veröffentlicht. Die US-Wirtschaft war im ersten Quartal mit einer annualisierten Rate von 0,8 Prozent gewachsen. Für das zweite Quartal wird mit rund 2,5 Prozent Wachstum gerechnet.

BoE und SNB bleiben untätig, BoJ-Ratsmitglied will weitere Maßnahmen nicht ausschließen Der Donnerstag beginnt mit der geldpolitischen Entscheidung der BoJ. Die BoJ hatte die Märkte im April mit Untätigkeit überrascht. Seither haben sich BoJ-Offizielle wiederholt besorgt über die Aufwertung des Yen geäußert, ansonsten aber auf die Notwendigkeit verwiesen, die Auswirkungen früherer Lockerungsmaßnahmen abzuwarten. In dieser Woche allerdings hatte einer der beiden Stellvertreter von BoJ-Gouverneur Haruhiko Kuroda, Hiroshi Nakaso, gesagt, dieses Abwarten spreche nicht gegen zusätzliche Maßnahmen.

   Zuvor hatte die Regierung mit der Ankündigung überrascht, die geplante Anhebung der Mehrwertsteuer ein weiteres Mal - auf 2018 - zu verschieben. Damit wird ein wichtiger Pfeiler der Reformpolitik von Ministerpräsident Shinzo Abe in Frage gestellt.

   Die SNB veröffentlicht ihre Zinsentscheidung nebst Aussagen zu Franken-Wechselkurs und Prognosen zu Wachstum und Inflation um 9.30 Uhr. Beobachter rechnen mit einer unveränderten Politik. Das liegt zum einen daran, dass der Franken trotz zusätzlicher Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) kaum aufgewertet hat und zum anderen am stärkeren Wirtschaftswachstum. Die Kerninflationsrate ist von minus 0,9 Prozent zu Jahresbeginn auf zuletzt null Prozent gestiegen.

BoE teilt im Vorfeld des Brexit-Votums zusätzliche Liquidität zu Auch die BoE (13.00 Uhr) dürfte ihre Geldpolitik unverändert lassen. Im Vorfeld des Brexit-Votums am 23. Juni kann die Zentralbank auch nichts anderes tun als abzuwarten. Am 14. und am 21. Juni führt sie zwei Auktionen für langfristige Liquidität durch, die zeigen werden, wie hoch die Banken den Mittelbedarf rund um das Referendum beurteilen. Ein Brexit könnte außerdem zu starken Mittelabflüssen führen und das Britische Pfund unter Druck setzen. Die Woche endet am Freitag mit einer Rede von EZB-Präsident Mario Draghi, die um 17.00 Uhr beginnen soll.

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