Psychologie |
18.08.2024 12:40:00
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Anleger aufgepasst! Wie die Psychologie auf die Rendite drücken kann
• Wissen um Verhaltensfehler kann bei Fehlervermeidung helfen
• Envestor gibt Tipps
Die Art, wie und welche Entscheidungen wir treffen, wird zu einem Großteil durch die Psyche mitbestimmt. Auch beim Thema Geldanlage können sich Anleger dieser Tatsache nicht erwehren. Dabei streben Anleger gleichermaßen nach Erfolg und hoffen darauf, eine ordentliche Rendite zu erzielen. Dennoch kommt es bei vielen Marktteilnehmern auch zu Fehlinvestitionen. Wer seine eigenen Schwächen jedoch kennt, dem gelingt es eher, Fehler zu vermeiden, meint Envestor-CEO Ali Masarwah in einem Artikel auf der eigenen Webseite. Die Fondsplattform hat zu diesem Zweck verschiedene Verhaltensfehler zusammengetragen, um über deren mögliche Folgen für die Geldanlage aufzuklären. Sie folgt dabei den Erkenntnissen, die in dem Forschungszweig der Behavioral Finance gewonnen wurden.
Selbstüberschätzung und Selbstbeschränkung
Ein Verhaltensfehler, der für teure Renditeeinbußen sorgen kann, ist das Überschätzen der eigenen Fähigkeiten. So neigen viele Menschen dazu, sich besser einzuschätzen, als es tatsächlich der Fall ist. Kommt noch ein ausgeprägtes Selbstvertrauen bei eigentlich zunehmender Unwissenheit hinzu, spricht man gar von Hybris, einer extremen Ausprägung der Selbstüberschätzung. Das Gegenteil dieses Verhaltensfehlers, das ebenso zu Anlagefehlern führen kann, ist jedoch die Selbstbeschränkung. Hierbei werden schon vor dem Eintreten einer Situation bereits Gründe gesucht, warum diese ein schlechtes Ergebnis liefern könnte. Mit Bezug auf ein Investment könnte dies darauf hindeuten, dass man von diesem von vorn herein vielleicht doch nicht so überzeugt war.
Investierte Kosten und Verlustaversion
Ein weiterer Verhaltensfehler besteht in einem zu ausgeprägten Blick auf die investierten Kosten einer Investition, sodass dabei der eigentliche Sinn der Anlage aus den Augen verloren wird. Wichtig bei einem Investment ist schließlich, dass man an dieses glaubt und bei der Entscheidung zu diesem einer Prämisse gefolgt ist. Es kann jedoch passieren, dass sich diese Prämisse ändert und dementsprechend auch Änderungen bei dem Investment vorgenommen werden sollen. Hält man als Anleger jedoch zu stark an den bereits investierten Kosten fest, kann es passieren, dass man sich davor scheut, sich von dem Investment zu trennen. Dieses Phänomen geht eng mit dem der Verlustaversion einher. Dabei handelt es sich um die Anlegertendenz, Verluste um jeden Preis vermeiden zu wollen. Auf der einen Seite kann dies dazu führen, dass man sich von Investments trennt, die bereits eine ordentliche Rendite abgeworfen haben, um Gewinne mitzunehmen, obwohl nichts gegen weiter steigende Kurse spricht. Auf der anderen Seite kann es jedoch auch passieren, dass an einer Anlage so lange festgehalten wird, bis sie nichts mehr wert ist. Solange das Investment noch nicht veräußert wurde, werden auch die Folgen des eigenen Handels noch nicht spürbar, weshalb ein Verkauf viel zu lange hinausgeschoben wird, auch weil noch immer auf einen Turnaround gehofft wird, argumentiert Envestor.
Selektive Wahrnehmung, Bestätigungsfehler und Repräsentativität
Auch eine selektive Wahrnehmung kann sich als Hindernis für eine gute Rendite entpuppen. Dabei filtern wir Informationen danach, was wir eher mit etwas Positivem in Verbindung bringen. Auf der anderen Seite werden Erinnerungen an frühere Verluste oder eventuell auch negative Presse über ein Unternehmen ignoriert oder auch verdrängt. Durch eine solche selektive Wahrnehmung können "kognitive Dissonanzen" entstehen, wie Envestor auf einen Begriff aus der Psychologie verweist. So wird versucht, einen vermeintlichen Widerspruch aufzulösen, wobei wir uns eher an das Positive erinnern und das Negative relativieren.
Eng verknüpft hiermit ist der Bestätigungsfehler, der dazu führt, dass Anleger gezielt nach Informationen suchen, die die eigene Meinung bestätigen. Auch hier werden lediglich jene Informationen wahrgenommen, die mit dieser Meinung einhergehen. Gegenteilige Nachrichten werden derweil ignoriert. Auch das Phänomen der Repräsentativität spielt in die selektive Wahrnehmung mit hinein. Man versteht unter diesem Verhalten, dass einigen Informationen wie beispielweise einer kurzfristigen Kursentwicklung eine übermäßige Bedeutung zugeschrieben wird, während aussagekräftigere und längerfristige Daten als weniger wichtig erachtet werden, auch wenn diese für ein langfristiges Investment von größerer Wichtigkeit sein sollten.
Herdentrieb
Ein weiterer Verhaltensfehler, der Entscheidungen in der Geldanlage negativ beeinflussen kann, ist der Herdentrieb. Als Anleger wird man tagtäglich zwangsläufig mit unterschiedlichsten Tipps und Empfehlungen konfrontiert. Solche Anlageempfehlungen bleiben häufig im Gedächtnis und können schon allein dadurch die eigenen Investmententscheidungen beeinflussen. Gleiches gilt für Aktien, die allein aufgrund einer guten Kursentwicklung in den Fokus der Öffentlichkeit geraten und nicht etwa aufgrund einer guten Geschäftsentwicklung. Eine solche öffentliche Aufmerksamkeit ist natürlich keine Garantie dafür, dass eine Aktie auch weiterhin steigt. Ein extremes Beispiel ist hier der in 2024 wieder aufgeflammte Hype um Meme-Aktien wie GameStop & Co. Die sogenannten Meme-Titel zeichnen sich durch extreme Kursbewegungen aus. Allerdings geht es hier durchaus in beide Richtungen. Auf zweistellige Kursgewinne folgen oft wenig später bereits wieder genauso starke Verluste. Envestor rät, dem Herdentrieb zu widerstehen und die eigenen Investments bewusst auszuwählen, und nicht etwa, weil ein Unternehmen gehypt wird.
Mentale Buchführung und Framing Effekt
Des Weiteren sollten sich Anleger über den Aspekt der mentalen Buchführung bewusst sein, informiert die Fondsplattform. Hierbei wird das verfügbare Geld für unterschiedliche Bereiche verplant, was an sich keinen Verhaltensfehler darstellt, sondern sogar von Disziplin zeugen kann - eine Eigenschaft, die bei Anlegern unabdingbar ist. Allerdings kann die mentale Buchführung zum Problem werden, wenn ein sogenannter Framing Effekt einsetzt. Gemeint ist damit, dass für vergleichbare Investitionen unterschiedliche Bezugspunkte gewählt werden. Als Beispiel führt Envestor hier einen Laptop auf, der in einem Geschäft 100 Euro günstiger angeboten wird, als in einem anderen. Als Käufer ist man natürlich eher gewillt in dem günstigeren Laden einzukaufen. Geht es jedoch um eine Anschaffung, die in dem einen Laden 5.000 Euro kostet, woanders jedoch 4.900 Euro, sieht man den günstigeren Preis als weniger bedeutend an, obwohl auch hier die Preisdifferenz 100 Euro beträgt. Die Fondsplattform schließt daraus, dass bei Investments immer absolute Erträge im Fokus stehen sollten und das Portfolio nicht in unterschiedliche Geldbereiche eingeteilt werden sollte.
Anchoring
Um festgelegte Bezugspunkte geht es auch beim Anchoring. Um Unbekanntes auszuloten, wird sich hierbei an bekannten Informationen orientiert. Allerdings kommt es dabei vor, dass die bekannten Bezugspunkte keine Relevanz für die Abschätzung des Unbekannten haben. Konkret mit Blick auf das Thema Investment könnte es beispielsweise als relevante Information gewertet werden, bei welcher Punktezahl der DAX notiert, wenn ein Investment getätigt wurde, führt Envestor als Beispiel an. Tatsächlich sage der Punktestand des deutschen Leitindex jedoch nichts darüber aus, ob ein Investment in ein konkretes Unternehmen aktuell sinnvoll sei oder nicht. Schließlich handelt es sich bei dem Börsenbarometer um einen Index, der 40 Unternehmen umfasst, wobei es manchen davon besser als anderen geht. Was wichtiger wäre, ist die eigene Prämisse, unter der ein Investment getätigt werden soll. Verfolgt man eine Value-Strategie, macht es eher Sinn, bei günstigen Kursen zu kaufen. Setzt man auf Wachstum, sind die kurzfristigen Kursbewegungen eher unerheblich, so Masarwah.
Redaktion finanzen.at
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