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Euro am Sonntag-Tipp 30.10.2016 08:00:01

Brillenbranche: Schau' Dir mal diese Aktien an!

von Petra Maier, Euro am Sonntag

Scarlett Johansson ist nicht nur eine extrem ­populäre Schauspielerin, sondern auch eine leidenschaftliche Sammlerin von extravaganten Sonnenbrillen. Das macht die US-Amerikanerin zur idealen Werbeträgerin für den globalen Brillenmarkt, der sich auf Wachstumskurs befindet. Weltweit legt der Markt für Brillen, Gläser, Sonnenbrillen und Kontaktlinsen jährlich um 5,5 Prozent zu. In Deutschland betrug das Plus zuletzt dagegen nur noch rund drei Prozent. Denn die Käufer der margenstarken Gleitsichtbrillen, die ­ Babyboomer, kommen in die Jahre und wechseln nicht mehr so häufig die Brillen. Die Kauffrequenz bei neuen Sehhilfen sinkt somit.


Eine Herausforderung für die Optikerkette Fielmann. Inzwischen existieren knapp 700 Filialen des 1972 gegründeten Konzerns nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Schweiz, Österreich und Italien. Somit erzielt Fielmann seine Umsätze aber in der vergleichsweise kleinen Region Mitteleuropa.

Und selbst da schläft die Konkurrenz nicht. Mit mehr als 800 Filialen, die sowohl konzern­eigen als auch als Franchise geführt werden, ist Apollo-Optik der deutsche Platzhirsch. Apollo eröffnet ebenfalls neue Filialen, um zu wachsen. Und hat dabei eine grandiose Fernsicht: Die Firma gehört seit 1998 zur weltweit tätigen Optikergruppe GrandVision. Die Niederländer sind mit rund 6.110 Filialen in über 43 Ländern präsent und gemessen an den Verkaufsstellen der größte Brillenhändler der Welt. Größe zählt. Je höher das Einkaufsvolumen, desto günstiger ist der Preis.

GrandVision notiert erst seit Februar 2015 an der Börse. Für Kleinanleger der ersten Stunde hat sich das Investment gelohnt. Die Aktie notiert 20 Prozent über dem Ausgabepreis von 20 Euro. Das IPO spielte 1,17 Milliarden Euro ein. Geld, um das weltweite Wachstum des Optiker­geschäfts voranzutreiben. Der niederländische Augenoptik-­Einzelhändler besitzt 34 Brillenmarken rund um den Globus. Etwa die Hälfte des Umsatzes erzielt GrandVision in ­Europa. Mit den Gewinnen wird die Wachstumsstrategie in den Schwellenländern und in den nicht konsolidierten Märkten ­finanziert.

Holländer mit Durchblick

Die Wachstumsaussichten in Afrika und Asien sind zweistellig. Zu den Verkaufsknüllern zählen Kontaktlinsen und Sonnenbrillen, auch online. GrandVision baut seinen Multikanalvertrieb aus und integriert die jüngsten Zukäufe. 2015 wurde die US-Optikerkette For Eyes mit 116 Läden und einem Umsatz von 92 Millionen Dollar gekauft, zuvor ein Onlinehändler in Großbritannien.


Wenn der Prozess abgeschlossen ist, verfügt GrandVision über ein effizientes Einkaufs- und Verkaufsprogramm, sowohl stationär als auch im Web. Die Folge sind Kosteneinsparungen und bessere Margen. Das freut Ankeraktionär HAL Trust, der 21,5 Prozent der GrandVision-Aktien an die Börse gebracht hat. Hinter der börsennotierten HAL Trust steht die Familie van der Vorm, die Erben der Holland-Amerika-Linie, die über Jahrzehnte Auswanderer per Schiff in die USA brachte. Die Familie hat ein gutes Händchen bei ihren Investments. Der Aktienkurs von HAL Trust legte auf Sicht der vergangenen zehn Jahre um 225 Prozent zu. 2015 trug das Optikergeschäft 5,1 Milliarden Euro zum Umsatz von HAL bei, was einem Anteil von 62 Prozent entspricht. GrandVision repräsentiert 40 Prozent des Net Asset Value der Holding.

Italiener auf der Kaufliste

Seit 2010 gehört auch eine Beteiligung am italienischen Nobelbrillen-Designer Safilo dazu. HAL stieg mit 41,6 Prozent ein, als das Unternehmen mit Sitz in Padua wegen Missmanagements und infolge der Finanzkrise 2008 den Durchblick verloren hatte. Die Aktie stürzte von 65 Euro auf das Tief von rund vier Euro ab. 2015 belief sich der Nettoverlust auf 52,7 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 1,27 Milliarden Euro.

Die Restrukturierung greift jedoch inzwischen: Im ersten Halbjahr 2016 gab es einen Gewinn von 16,3 Millionen Euro, bei einem Umsatz von 651 Millionen Euro. Safilo stellt Gläser, Gestelle und Sonnenbrillen her.

Cashbringer waren bisher die Lizenz­erlöse. Von den ehemaligen Nobelemblemen Armani, Gucci und Dior ist die französische Marke das einzig verbliebene Zugpferd. Gucci wird von der Beteiligungsgesellschaft Kering in den neuen Sektor Brillengeschäft eingegliedert. Safilo bleibt wahrscheinlich der Lieferant, muss dafür aber mit geringeren Margen rechnen als im ­direkten Lizenzgeschäft.

Deshalb wollen die Italiener neben ihren eigenen Marken Carrera, Smith und Polaroid weitere Marken einführen. Mit dem Schweizer Uhrenhersteller Swatch macht Safilo bereits gemeinsame Sache. Mit dem brasilianischen Flip-Flop-Hersteller Havaianas und dem Luxuslabel Givenchy sowie Elie Saab wird verhandelt.

Der Turnaround ist eingeleitet. Vor dem Hintergrund des stark gefallenen Aktienkurses wird an der Börse wild spekuliert. GrandVision ist ein großer Safilo-Kunde. HAL könnte beide Firmen fusionieren und die ­italienische Eigentümerfamilie von Safilo auszahlen.

Zum anderen könnte sich auch die französische Essilor nach Safilo umsehen. Essilor ist der weltgrößte Brillengläserproduzent und bei selbsttönenden Gläsern der Weltmarktführer. Die Franzosen verfolgen eine ­aggressive Wachstumsstrategie und dringen zunehmend in die gesamte Wertschöpfungskette ein. Allein 2015 wurden 19 Akquisitionen getätigt - vom Onlineverkäufer bis zur Filialkette, von Australien, Brasilien, Polen über China bis Neuseeland.

Branchenprimus kauft zu

Das bringt auch die Nummer 1 bei Brillengestellen, die italienische Luxottica, unter Druck. Das Merger & Acquisitions-Team sei "hyperaktiv", heißt es in der Branche, Luxottica sei so richtig in Kauflaune. Nach einem Rekordjahr 2015 investiert der Hersteller von Ray-Ban-, Persol- und Oakley-Gestellen bis 2018 gut 1,6 Milliarden Euro in die Entwicklung und das Onlinegeschäft sowie in die Expansion in neue, lukrative Märkte.

Das bietet viel Raum für Spekulationen. Wer schnappt sich Safilo? Oder nehmen die beiden führenden Unternehmen der Branche, Essilor und Luxottica, gar wieder ihre Gespräche über eine engere Zusammenarbeit auf? Die wurden vor einigen Jahren von Luxottica beendet, weil die Italiener zu wenig Vorteile für sich sahen. Das könnte sich inzwischen geändert haben, wie sich auch der Markt für Sehhilfen geändert hat. Brillen sind ein Riesengeschäft - und das nicht nur in Deutschland, sondern weltweit.

Investor-Info

Safilo Group
Von vielen begehrt

Großaktionär HAL Trust, der mehr als 40 Prozent der Anteile am italienischen Brillendesigner hält und gleichzeitig auch ein Fünftel an der Optikerkette GrandVision, könnte beim Versuch, die beiden Unternehmen zu verschmelzen, Konkurrenz bekommen. Nach ­Einschätzung der Deutschen Bank würde der nach eigenen Angaben zweitgrößte Brillenhersteller der Welt auch gut zu Essilor, dem größten Hersteller von Brillengläsern, passen. ­Risikobereite setzen auf eine Übernahme.

Luxottica
Besserung in Sicht

Nach dem über einjährigen Abwärtstrend sendet die die Aktie des weltgrößten Brillenherstellers (Oakley, Ray-Ban) erste positive Impulse. Nach den soeben veröffentlichten guten Quartalszahlen sprang der Kurs an und eroberte bereits wichtiges charttechnisches Terrain zurück. Für 2017 und 2018 ­werden jeweils acht und zehn Prozent mehr Gewinn vorausgesagt. Das Tief beim Gewinn scheint überwunden. Kaufen.

Fielmann
Solide, aber schon zu teuer

Bisher überlässt Chef Günther Fielmann das Onlinegeschäft Konkurrenten wie Mister Spex oder Brillen 24. Sehhilfen können via Web nicht optimal angepasst werden, so der gelernte Optikermeister. Gebremst hat die Konkurrenz das Wachstum von Europas größter Optikerkette nicht. Allerdings ist die Aktie mit einem KGV von über 30 aus Sicht der Redaktion zu teuer. Anleger sollten Kursrückschläge abwarten. Wegen der nachhaltigen Ausschüttungen bleibt das Papier haltenswert.

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Fielmann AG 38,95 -1,27% Fielmann AG
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