Beim Ticketverkauf 10.06.2015 13:14:48

Lufthansa sorgt mit Preiszuschlag für Wirbel

Fluggesellschaften und ihre Vertriebspartner streiten sich schon länger darüber, wie Kunden ihre Flugtickets kaufen - nun also auch an dieser Front. Mit dem Zuschlag von 16 Euro, der ab September anfallen soll, will die Airline ihre Kunden direkt auf ihre eigene Webseite locken - und damit weg von Portalen, die unter anderem Ticketpreise vergleichen. Zuvor hatte die US-Billigfluglinie Spirit Airlines einen Zuschlag von zehn Dollar auf Tickets erhoben, die über Dritte erworben wurden. Andere Fluggesellschaften wie Delta bieten ihre Tickets seit einiger Zeit gar nicht mehr über Reiseportale an. Die Online-Reisebranche warnt allerdings, dass dieser Trend die Transparenz bei Ticketpreisen verringert.

   Bei den Airlines findet der Schritt der Lufthansa dagegen Zustimmung. Auf einer Branchenkonferenz des Internationalen Luftfahrtverbandes IATA in dieser Woche lobten viele Airline-Manager die Deutsche Lufthansa. Bei einer informellen Umfrage unter IATA-Mitgliedern bei einem der Events sagten 96 von 118 Teilnehmern, ihre Fluggesellschaften könnten einen ähnlichen Schritt unternehmen.

   Das derzeitige Vertriebsmodell müsse angegangen werden, und die Lufthansa habe dabei "einen guten Ansatz" gefunden, sagte der CEO der Alaska Air Group, Brad Tilden.

   Derzeit verkaufen die Fluggesellschaften viele Tickets, indem sie ihre Tarife und Flugpläne über Vermittler den Reisebüros zur Verfügung stellen. Diese Vermittler stellen ihre Dienste den Airlines in Rechnung. Drei Unternehmen dominieren diese Mittlerrolle: Sabre Corp, Travelport Worldwide Ltd und Amadeus IT Group SA. Luftfahrtmanager beschweren sich, dass diese Unternehmen für ihren Service zu viel verlangen und Veränderungen behindern.

   Für die Vermittler könnte es nun hart werden. Für sie könnte es "der Anfang vom Ende" werden, sagte Tim Clark, Präsident der nach Verkehrszahlen weltgrößten Fluggesellschaft Emirates. Sie hätten sich der Branche gegenüber nicht korrekt verhalten: "Ihr habt Euch selbst fett, dumm und glücklich gemacht und wir alle haben darunter gelitten, deshalb schlagen wir jetzt zurück."

   Die Vermittler halten dagegen, dass sie den Fluggesellschaften helfen, indem sie deren Tickets einem größeren Publikum anbieten. Den Passagieren würden sie helfen, indem sie Preisvergleiche möglich machten und mehr Auswahl geben.

   Travelport erklärte, der von Lufthansa geplante Zuschlag sei "weder im Interesse des Endreisekunden noch des Airline-Konzerns". Laut Sabre "benachteiligt" der Schritt Kunden und Reisebüros. Man gehe aber davon aus, eine Lösung zu finden, die sowohl für die Lufthansa als auch die Reisebürokunden vorteilhaft sei.

   Svend Olav Leirvaag von Amadeus sagte, sein Unternehmen investiere kontinuierlich, um seine Technologie zu verbessern und prognostizierte, dass die Lufthansa-Politik den Test durch die europäischen Behörden nicht bestehen werde - oder den des Marktes. "Was Lufthansa hier macht, ist gegen das beste Interesse des Verbrauchers", sagte er.

   Auch einige Passagierverbände kritisierten den Schritt von Deutschlands größter Airline. Die Business Travel Coalition, in der sich Unternehmenskunden zusammengeschlossen haben, forderte eine Prüfung durch deutsche und EU-Kartellbehörden, ob die Lufthansa ihre dominante Marktposition möglicherweise ausnutze. Und Charlie Leocha von der Consumer Travel Alliance bezeichnete den Zuschlag als "gefährliche Entwicklung für Verbraucher."

   Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat solche Kritik zurückgewiesen. "Es gab noch nie so viel Transparenz bei Preisen, wie wir sie heute haben", sagte er.

   Lufthansa zahle mehr als 100 Millionen US-Dollar pro Jahr an Gebühren an Vermittler wie Amadeus und sei mit deren Technologie nicht zufrieden. Die Fluggesellschaften sehen auf ihren eigenen Webseiten zudem bessere Chancen, Angebote wie Sitze mit einem größeren Fußraum an die Kunden zu bringen.

   Die Deutsche Lufthansa will den Zuschlag ab September bei allen Fluggesellschaften im Konzern einführen, auch bei den Töchtern Brussels Airlines und Swiss International Air Lines. Das Unternehmen habe sich für 16 Euro entschieden, weil es 18 Euro koste, ein Ticket über einen Vermittler zu verkaufen, aber nur 2 Euro auf der eigenen Webseite.

   Ein Amadeus-Sprecher bezeichnete diese Zahlen als "Unsinn", äußerte sich aber nicht weiter zu den Gebühren, die sein Unternehmen Lufthansa berechnet.

   Die Fluggesellschaften werden in ihrer Auseinandersetzung mit den Vermittlern auch deshalb kühner, weil neue Technologien sie direkt mit ihren Kunden in Verbindung bringen können. Außerdem verfügen sie über bessere Finanzen und Marktposition, sagte Douglas Quinby vom Marktforscher Phocuswright

   Nach Einschätzung von Quinby dürften andere Airlines jetzt abwarten, wie die neue Lufthansa-Politik greift. Das dürfte eher zu einer allmählichen Veränderung in der Branche führen, statt zu einer plötzlichen Revolution.

   Air France-KLM-Chef Alexandre de Juniac erklärte, sein Unternehmen prüfe eine ähnliche Gebühr. Das führe aber zu komplexen technischen und rechtlichen Problemen. Der größte Teil des Ticketabsatzes erfolge über Vermittler und dieses Geschäft zu stören, berge Risiken, sagte er. Die Verträge von Air France-KLM mit ihren Vermittlern laufe noch zwei Jahre - Zeit, um zu beobachten, ob die Lufthansa mit ihrem Vorstoß Erfolg hat.

    DJG/DJN/sha/jhe

   Dow Jones Newswires

Von Jack Nicas und Robert Wall

MIAMI (Dow Jones)

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