22.02.2022 18:05:40

MÄRKTE EUROPA/Putin kann DAX & Co nicht nachhaltig schocken

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--Aufatmen an den europäischen Aktienmärkten: Nach einem Kursrutsch am Morgen haben die Kurse die Verluste zum großen Teil wieder wettgemacht und wenig verändert geschlossen. Der DAX konnte sich mit einem Minus von 0,3 Prozent auf 14.693 Punkte knapp behaupten und schloss gut 330 Punkte über seinem Tagestief. Der Euro-Stoxx-50 notierte mit 3.985 Punkten nahezu unverändert. "Der Markt wartet darauf, welche konkreten Sanktionen nun umgesetzt werden", sagte ein Marktteilnehmer. Der Handel mit Russland sei vergleichsweise klein, die Importe beschränkten sich fast ausschließlich auf Energie und andere Rohstoffe. "Insofern sollte die Wirkung nicht überbewertet werden, auch wenn die steigenden Öl- und Gaspreise die Inflationsraten noch einmal nach oben treiben", so der Händler.

Deutschland wird aufgrund des russischen Vorgehens den Zertifizierungsprozess für die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vorerst stoppen. Die EU-Sanktionen gegen Russland zielen zunächst auf Banken, Finanzmärkte sowie den Handel mit dem Land ab, wie es aus Brüssel hieß.

Der DAX wurde daneben von Porsche und VW gestützt: Sie zogen stark an, weil der Wolfsburger Konzern die Pläne für den Börsengang der Sportwagentochter nun konkretisiert hat.

Am Morgen hatte die Reaktion auf die weitere Eskalationsstufe in der Ukraine-Krise den DAX auf 14.358 Punkte gedrückt und damit auf den tiefsten Stand seit fast einem Jahr. Moskau hat die Entsendung von Truppen in die Separatistengebiete und damit auf ukrainisches Staatsgebiet angeordnet. Da die Republiken international nicht anerkannt sind, entspricht dieser Schritt einem Bruch des Völkerrechts und der formalen Aufkündigung des Minsker Friedensabkommens.

Noch ist Worst-Case nicht eingetreten

Positiv bewerteten Händler, dass auch der Ölpreis im Verlauf wieder zurückkam. Brent stieg am Nachmittag zeitweise nur noch geringfügig auf 96 Dollar je Fass. Am Morgen war Brent mit 99,50 Dollar der Schwelle von 100 Dollar je Barrel schon sehr nahe gekommen.

"Noch sind wir nicht am Worst-Case-Szenario für die Börsen angelangt", so QC Partners. Wenn man der Situation etwas Positives abgewinnen wolle, dann dass Russland bislang nur Worte abfeuere und keine Kanonen. Der sofortige Einsatz von Waffen hätte an den Börsen sicherlich zu einer noch heftigeren Verkaufswelle geführt. Entscheidend werde nun sein, ob der Westen die Schritte Russlands zur Anerkennung der abtrünnigen Gebiete als Invasion betrachtet oder nicht.

Der Index der Öl-Aktien in Europa schloss nach frühen Gewinnen nahezu unverändert. An der Spitze der Gewinner lag der Stoxx-Branchenindex der Autokonzerne und ihrer Zulieferer mit einem Plus von 1,0 Prozent.

VW lässt Porsche Sportwagen an die Börse

VW stiegen um 7,8 und Porsche Holding um 11,3 Prozent. Volkswagen bereitet einen milliardenschweren Börsengang der Sportwagentochter vor. Der Wolfsburger DAX-Konzern befindet sich eigenen Angaben zufolge dazu "in fortgeschrittenen Gesprächen" mit der Porsche Automobil Holding SE. Beide Unternehmen hätten eine entsprechende Eckpunktevereinbarung verhandelt, die die Basis für die weiteren Schritte zur Vorbereitung eines möglichen Gangs auf das Parkett bilden soll. "Gemessen an Tesla ist der Sportwagenhersteller mehr wert als der gesamte VW-Konzern", sagte ein Händler.

Daneben waren Aktien mit Rüstungsbezug gefragt, so legten Airbus und Rheinmetall um etwa 2 Prozent zu. "Die Friedensdividende gehört nun endgültig der Vergangenheit an", so ein Händler. Stattdessen dürften nun die Rüstungsausgaben steigen.

HSBC schlossen fast unverändert. Die Geschäftszahlen zum vierten Quartal wurden in einer ersten Einschätzung als leicht unterhalb der Erwartung eingestuft. So habe der Vorsteuergewinn den Konsens knapp verfehlt. Der Blick auf die Kapitalposition zeige hingegen, dass die harte Kernkapitalquote im vierten Quartal mit 15,8 Prozent leicht positiv überrasche. Für 2023 strebe HSBC wiederum eine Eigenkapitalrendite von mindestens 10 Prozent an, was sich mit der Markterwartung decke, hieß es.

Kurseinbruch bei Fresenius- FMC besser

Die Aktie von Fresenius brach nach Geschäftszahlen um 8,4 Prozent ein. Umsatz und bereinigtes EBIT lagen leicht oberhalb des Konsens. Auch die Dividende von 0,92 Euro lieferte eine kleine positive Überraschung. Der Ausblick wurde aber als vorsichtig bewertet.

FMC zogen dagegen um 2,2 Prozent an. Die Corona-Pandemie habe zwar weiter belastet, aber am wichtigsten sei, dass das Gewinnwachstum im laufenden Jahr zunehmen solle. Als Belastungsfaktor dabei wurde die Kosteninflation genannt. Der Gewinn soll 2022 weiter steigen, der Umsatz im "niedrigen bis mittleren einstelligen" Prozentbereich. Die hauseigenen Prognosen für das vierte Quartal wurden erreicht.

Medigene verdoppeln sich fast nach Biontech-Kooperation

Für Leoni ging es um 2,4 Prozent nach unten. Die Meldung, dass Pierer Industrie AG den Stimmrechtsanteil am Automobilzulieferer auf über 20 Prozent erhöht hat, stützte nicht. Die Meldung kam nicht unerwartet.

Lange Zeit war es an der Börse ruhig um die Aktie von Medigene. Während der Wert im Sommer 2020 noch bei 6 Euro notiert hatte, schloss er am Montag auf Xetra unter 2 Euro. Die Meldung, dass die deutschen Biotechnologie-Unternehmen Biontech und Medigene bei der Entwicklung von Immuntherapien zur Behandlung von Krebs kooperieren, trieb den Aktienkurs von Medigene nun um 92,2 Prozent nach oben. "Medigene hat nun einen starken Partner an seiner Seite", so ein Marktteilnehmer. Damit könne das Potenzial der TCR-Entdeckungsplattform gehoben werden.

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Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung

. stand absolut in % seit

. Jahresbeginn

Euro-Stoxx-50 3.985,47 -0,24 -0,0% -7,3%

Stoxx-50 3.667,17 -5,67 -0,2% -4,0%

Stoxx-600 455,12 +0,31 +0,1% -6,7%

XETRA-DAX 14.693,00 -38,12 -0,3% -7,5%

FTSE-100 London 7.494,21 +9,88 +0,1% +1,4%

CAC-40 Paris 6.787,60 -0,74 -0,0% -5,1%

AEX Amsterdam 731,96 +2,23 +0,3% -8,3%

ATHEX-20 Athen 2.309,72 -10,43 -0,4% +7,8%

BEL-20 Brüssel 3.959,15 -9,98 -0,3% -8,1%

BUX Budapest 48.177,46 -293,26 -0,6% -5,0%

OMXH-25 Helsinki 4.994,17 -60,14 -1,2% -8,2%

ISE NAT. 30 Istanbul 2.247,47 -20,78 -0,9% +11,0%

OMXC-20 Kopenhagen 1.596,92 +3,75 +0,2% -14,3%

PSI 20 Lissabon 5.493,49 -28,57 -0,5% -1,9%

IBEX-35 Madrid 8.493,20 +4,30 +0,1% -2,5%

FTSE-MIB Mailand 26.043,96 -6,07 -0,0% -3,1%

RTS Moskau 1.226,69 +19,19 +1,6% -23,1%

OBX Oslo 1.061,84 -5,44 -0,5% -0,6%

PX Prag 1.397,04 -5,37 -0,4% -2,0%

OMXS-30 Stockholm 2.157,92 -1,38 -0,1% -10,8%

WIG-20 Warschau 2.101,31 +31,78 +1,5% -7,3%

ATX Wien 3.668,12 -62,72 -1,7% -3,1%

SMI Zürich 11.959,39 +67,51 +0,6% -7,1%

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 8:24 Uhr Mo, 17:30 Uhr % YTD

EUR/USD 1,1344 +0,3% 1,1294 1,1339 -0,2%

EUR/JPY 130,41 +0,5% 129,46 130,20 -0,4%

EUR/CHF 1,0445 +0,9% 1,0339 1,0379 +0,7%

EUR/GBP 0,8344 +0,3% 0,8316 0,8333 -0,7%

USD/JPY 114,94 +0,2% 114,63 114,82 -0,2%

GBP/USD 1,3595 -0,0% 1,3581 1,3609 +0,5%

USD/CNH (Offshore) 6,3220 -0,1% 6,3407 6,3237 -0,5%

Bitcoin

BTC/USD 37.654,23 +0,2% 36.633,61 38.823,96 -18,6%

ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 92,75 93,95 +1,8% 1,68 +23,9%

Brent/ICE 96,66 95,39 +1,3% 1,27 +24,7%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.903,30 1.906,20 -0,2% -2,90 +4,0%

Silber (Spot) 24,26 23,97 +1,2% +0,29 +4,1%

Platin (Spot) 1.087,00 1.078,00 +0,8% +9,00 +12,0%

Kupfer-Future 4,51 4,48 -0,3%

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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/ros

(END) Dow Jones Newswires

February 22, 2022 12:05 ET (17:05 GMT)

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