Bilanz des KI-Riesen |
29.08.2024 22:06:00
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NVIDIA meldet erneuten deutlichen Anstieg von Umsatz und Gewinn - Anleger schicken Aktie dennoch abwärts
Wie die NVIDIA-Aktionäre reagieren
Nachdem die Aktie am Mittwoch im nachbörslichen US-Handel um rund sieben Prozent gefallen ist, zeigte sich am Donnerstag auch im regulären Handel ein recht trübes Bild. Im Handel an der US-Technologiebörse NASDAQ fiel die NVIDIA-Aktie am Donnerstag letztlich um 6,38 Prozent auf 117,59 US-Dollar. Offenbar schienen sich die Anleger - trotz des eigentlich besser als erwartet ausgefallenen Quartalsberichts - stärker auf die Blackwell-Schwierigkeiten zu fokussieren.
Analysten überwiegend zufrieden
Analysten fanden in ersten Reaktionen überwiegend lobende Worte für die Quartalsbilanz von NVIDIA. Der Chipkonzern habe sehr ordentlich abgeschnitten und mit rekordhohen Erlösen aus Datenzentren die Markterwartungen übertroffen, schrieb Analyst Stacy Rasgon vom Analysehaus Bernstein. Auch der Ausblick auf das laufende Quartal sei sehr gut. NVIDIA erfülle weiterhin die hohen Erwartungen.
Toshiya Hari von Goldman Sachs fand zudem, der Chipkonzern habe mit Blick auf die neue Chip-Generation Blackwell ein Re-Design ohne Kompromisse bei der Leistung bestätigt. Der Experte hob zudem positiv hervor, dass sich NVIDIA von Blackwell im Schlussquartal etliche Milliarden Dollar zusätzlicher Erlöse erhofft. Dazu komme eine starke Nachfrage im Datenzentren-Bereich.
Als Haar in der Suppe machten beide Experten allerdings die Prognose für die Profitabilität aus. "Die Aktie war nachbörslich schwach, aber die Story bleibt solide", lautete das Fazit von Bernstein-Analyst Rasgon. Timothy Arcuri von UBS betonte daher, Anleger sollten den nachbörslichen Rücksetzer zum Kauf nutzen. Einige Schlüsselaspekte in den Zahlen stimmten weiterhin optimistisch.
Jim Reid von der Deutschen Bank wies zudem darauf hin, dass NVIDIA die Umsatzerwartungen nicht so deutlich überboten habe wie in den vergangenen Quartalen. Zwar habe das Umsatzziel für das laufende dritte Quartal die Konsensschätzung etwas übertroffen, die Prognose liege aber innerhalb der Spanne der Schätzungen von Analysten.
Trotz zuletzt beeindruckender Entwicklung zeigten sich erste Anzeichen einer Wachstumsverlangsamung, erklärt Chief Investment Officer Maurizio Porfiri vom Schweizer Wertpapierhaus Maverix Securities. "Während die Nachfrage nach KI-Lösungen stark bleibt, besonders im Data-Center-Bereich und bei Sovereign AI, gibt es auch negative Aspekte: Engpässe bei High-Bandwidth Memory könnten das Umsatzwachstum in den kommenden Quartalen dämpfen." Zudem werde eine Normalisierung der Bruttomarge erwartet, was kurzfristig etwas Druck auf die Aktie ausüben könnte. Auch die steigenden Betriebskosten belasteten die Margen.
Ingo Wermann von der DZ Bank schrieb in einer ersten Reaktion von einem beeindruckenden Wachstum. Allerdings habe dies die Markterwartungen nicht mehr in dem Ausmaß wie in den Vorquartalen übertroffen. Die Sparte Data Center werde weiter an Bedeutung gewinnen, jedoch auch Gegenwind - etwa durch eine Blackwell-Verzögerung, China-Sanktionen westlicher Staaten und wachsende Konkurrenz - erhalten. Er hält die Aktie für fair bewertet.
Mit Blick auf das nachlassende Wachstumstempo verwies Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Börsenmakler Robomarkets allerdings auf die starken Geschäfte im vergangenen Jahr. "Im Vorquartal stiegen die Umsätze im Jahresvergleich noch um 262 Prozent, im jetzt berichteten Quartal um 122 Prozent und im laufenden Quartal sollen sie 'nur noch' um 75 Prozent steigen." Dies sei jedoch lediglich einem Basiseffekt aufgrund der bereits hohen Wachstumsraten vor einem Jahr geschuldet.
NVIDIA-Rally dank KI-Gewinnen
Noch vor einigen Jahren war NVIDIA vor allem Gamern als Anbieter von Grafikkarten ein Begriff. Doch dann stellte sich heraus, dass sich die Technik auch hervorragend für Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz eignet. NVIDIAs Chips wurden zu einer Schlüsseltechnologie für die KI-Zukunft - und der Konzern avancierte zum Überflieger mit einem Börsenwert von rund drei Billionen Dollar. Allein seit Jahresbeginn stieg der Kurs um rund 150 Prozent. Viele NVIDIA-Mitarbeiter machte das Kursfeuerwerk dank ihrer Aktienpakete zu Multimillionären.
Kein anderes der im marktbreiten US-Aktienindex S&P 500 enthaltenen Unternehmen hat damit im laufenden Jahr so stark an Börsenwert zugelegt wie NVIDIA. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre haben die Kalifornier ihren Börsenwert gar um mehr als 3.000 Prozent gesteigert - ebenfalls einzigartig im S&P 500. Im August 2019 war das Unternehmen gerade mal rund 100 Milliarden Dollar wert gewesen.
"Watch Party" zu Quartalsbericht
Dem aktuellen Quartalsbericht wurde wie einem Großereignis entgegengefiebert, das den ganzen Markt bewegen kann. In einer Bar auf der New Yorker Sixth Avenue veranstalteten einige Fans sogar eine "Watch Party", wie man sie sonst zu hochkarätigen Sport-Begegnungen macht.
Doch nach Quartalen, in denen NVIDIA die Markterwartungen sprengte, blieben große Überraschungen diesmal aus. Der Rekordlauf ging dennoch weiter. Der Umsatz stieg von 13,5 Milliarden Dollar im Vorjahr auf gut 30 Milliarden Dollar - ein Zuwachs von 122 Prozent und gut eine Milliarde Dollar mehr als im Schnitt von Analysten prognostiziert. Damit knüpfte NVIDIA an die drei Monate davor an, in denen die Erlöse um 262 Prozent hochsprangen.
Der Quartalsgewinn schoss im Jahresvergleich von gut 6,2 auf knapp 16,6 Milliarden Dollar hoch. Für das laufende Quartal stellte der Konzern einen weiteren Umsatzanstieg auf 32,5 Milliarden Dollar in Aussicht - während Analysten im Schnitt eine Prognose von knapp 32 Milliarden Dollar erwartet hatten. NVIDIA würde damit die Erlöse im Jahresvergleich um rund 75 Prozent steigern. Doch einige der Experten waren noch viel optimistischer.
Produktionsänderung bei nächstem Chipsystem
Nach Medienberichten über Probleme beim nächsten Chipsystem Blackwell sagte NVIDIA-Chef Jensen Huang, man habe Veränderungen an der sogenannten Maske vorgenommen, mit deren Hilfe die Chipstrukturen auf Halbleiterplatten aufgetragen werden. "Die Änderung ist abgeschlossen, es waren keine funktionalen Veränderungen notwendig", betonte er in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
NVIDIA plane nach wie vor, im bis Ende Januar 2025 laufenden Schlussquartal des aktuellen Geschäftsjahres Blackwell-Chips an die Kunden zu liefern - und rechne mit Milliarden an Erlösen daraus. Ob die Änderung beim Produktionsverfahren zu Verzögerungen verglichen mit ursprünglichen Planungen führt, ließ Huang offen.
Neue KI-Modelle sind stromhungriger
Huang bewirbt Blackwell seit Monaten als bahnbrechende Neuentwicklung, die das Anlernen von Software mit Künstlicher Intelligenz viel schneller und günstiger machen werde. Als Beispiel nannte er bei der Vorstellung im März ChatGPT. Mit der aktuellen NVIDIA-Generation Grace Hopper hätte man den Chatbot innerhalb von drei Monaten mit 8000 Chips und einem Stromverbrauch von 15 Megawatt trainieren können. Mit Blackwell schaffe man das in der gleichen Zeit mit 2000 Chips und 4 Megawatt Strom.
Dabei könnten komplexere neue KI-Modelle 20 bis 40 Prozent mehr Energie benötigen als die heute genutzten, betonte Huang jetzt. Und die Chatbots und Bilder-Generatoren, die heute viel Aufmerksamkeit bekommen, seien nur "die Spitze des Eisbergs", wenn es um den Wandel durch Künstliche Intelligenz gehe.
Huang rechnet unter anderem damit, dass in Zukunft alle möglichen Inhalte, die heute aus Datenbanken abgerufen werden, jedes Mal frisch von KI formuliert werden. Diese Vision benötigt gewaltige Computer-Ressourcen.
Analyst: Kunden kaufen alles, was NVIDIA anbietet
NVIDIA versuchte die Börse zugleich davon zu überzeugen, dass man gar nicht so dringend auf schnelle Blackwell-Erlöse angewiesen sei, um zu wachsen. Auch die Nachfrage nach der aktuellen Chipgeneration Hopper sei weiterhin stark. Einige Marktexperten pflichten dem bei. Die Kunden "werden kaufen, was auch immer NVIDIA verkauft", sagte etwa Branchenanalyst Gil Luria von der Finanzfirma D.A. Davidson bei Bloomberg TV.
Ursprünglich wurde NVIDIA-Technik vor allem zum Anlernen von KI-Systemen mit gewaltigen Datenmengen verwendet. Inzwischen komme NVIDIA-Technik verstärkt auch bei der Erzeugung von Inhalten mithilfe Künstlicher Intelligenz zum Einsatz, betonte Finanzchefin Colette Kress. Im vergangenen Quartal habe das mehr als 40 Prozent der Erlöse von 26,3 Milliarden Dollar aus dem Geschäft mit Rechenzentren eingebracht.
Darin steckt potenziell ein noch stabileres Geschäft für NVIDIA. Denn das Anlernen braucht zwar eine gewaltige Rechenleistung - ist jedoch nur einmal pro KI-Modell nötig.
SANTA CLARA/NEW YORK (dpa-AFX)
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