Minen boomen 14.04.2013 03:00:02

Peru: Langer Weg zum Wohlstand

von Oliver Ristau, Euro am Sonntag

Sie stehen in der dünnen Luft der Anden und wollen nicht weichen. „Es gibt für uns nur zwei Wege: ins Gefängnis oder auf den Friedhof.“ Bauernsprecher Manuel Ramos schwört seine 30 Mitstreiter ein, als die Armeepolizei anrückt. Es ist kalt und nieselt, milchiger Nebel hat sich übers Gras gelegt. Die Uniformierten kommen mit Maschinengewehren den Hang hoch. In dicken Ponchos, unter Wollmützen und Strohhüten stellen sich die Bauern ihnen entgegen. Bewaffnet nur mit einer Flasche voll selbst gebranntem Schnaps, der gegen die Kälte helfen soll. Kinder klammern sich ängstlich an ihre Mütter. Hier oben, auf 4.000 Meter Höhe in den Anden Nordperus, will der US- Konzern Newmont Mining 4,8 Mil­liarden Dollar in die Erschließung der Kupfer-Gold-Mine La Conga investieren. Doch auf dem Terrain leben seit Jahrhunderten die Bauern und betreiben Weidewirtschaft. Ramos zeigt auf einen kleinen dunklen Bergsee am Fuß des Hügels — einer von 30 „Lagunas“, die unterirdisch miteinander verbunden sind und die Flüsse im Tal speisen. „La Conga wird das Wasser verschmutzen und die Umwelt zerstören. Dagegen wehren wir uns“, erklärt er dem Offizier, der das schon längst weiß.

Denn die Bauernproteste laufen bereits seit knapp einem Jahr und führten immer wieder zu Zusammenstößen mit der Ordnungsmacht. Als die Polizei im vergangenen Jahr Demonstranten erschoss, stoppte die Regierung in Lima das Vorhaben. Seitdem wird mit Newmont verhandelt. Diesmal bleibt das Aufeinander­treffen friedlich. Nach kurzer Diskussion ziehen die Bauern ab.

Auch am Fuß der Lagunas in der Provinzstadt Bambamarca stößt das Projekt auf herbe Kritik. Die Häuserwände des Hauptplatzes zieren Anti-Minen-Parolen und die Forderung nach sauberem Wasser. Ein Bäcker kommt aus seinem Laden und ruft: „Nieder mit den Minen!“ „Die meisten Menschen sind gegen die Projekte, weil sie ihnen keine wirtschaftlichen Vorteile bringen“, sagt Edy Benavides von der lokalen Umweltorganisation FDIDAB. „Obwohl Newmont seit 20 Jahren in der benachbarten Mine Yanacocha Gold abbaut, kann von Reichtum in unserer Region keine Rede sein“, klagt er.

In der Tat: Die Straßen sind in einem schlechten Zustand, sie müssen regelmäßig wegen Schlammlawinen, die aus den Bergen niedergehen, gesperrt werden. Auch die Hauptstadt der Region, Cajamarca, verbreitet mit Ausnahme von ein paar alten Kolonialgebäuden wenig Glanz. Die Region ist trotz Bergbau die zweitärmste Perus.

Konzerne wollen klotzen
Rund 800 Kilometer weiter südlich, in der Hauptstadt Lima, sitzt Lucio Rosales in einem feinen Restaurant mit Blick aufs Meer. Der Rechtsanwalt aus dem Ministerium für Minen und Energie hat wenig Verständnis für die landesweiten Proteste: „Die Minengesellschaften zahlen viel Geld für Umwelt- und ­Infrastrukturmaßnahmen sowie für die Ausstattung der Schulen“, sagt er. „Hätten die Gegner der Großprojekte Erfolg, würde das die peruanische Wirtschaft jährlich mehrere Prozent Wachstum kosten. Mehr als ein Drittel der Steuereinnahmen stammt aus dem Minensektor.“

Tatsächlich sind die Bodenschätze der Schlüssel zum Erfolg. In den vergangenen zehn Jahren ist Peru hinter Chile zum weltweit zweitgrößten Kupferproduzenten aufgestiegen. Die Förderung hat sich auf 1,3 Millionen Tonnen jährlich verdoppelt. Auch mit Gold, Silber, Zink, Blei oder Molybdän ist das Land reich gesegnet. Der Beitrag des Minensektors zum Bruttoinlandsprodukt verdreifachte sich auf über elf Prozent.

Große Minengesellschaften wie Anglo American, Barrick, BHP, Chinalco, Southern Copper und Xstrata scharren mit den Füßen, um weitere Milliarden in die Exploration von Perus Bodenschätzen stecken zu können. Nach Auskunft des peruanischen Instituts für Geologie, Minen und Metallurgie summieren sich die geplanten Investitionen für genehmigte Projekte bis 2018 ohne Newmonts La Conga auf weit über zehn Milliarden Dollar. Doch die Proteste dagegen dürften kaum abreißen, was die Links-Regierung von Präsident Otalla Humala nicht ignorieren kann. Schließlich hat sie die Wahl vor zwei Jahren auch mit dem Versprechen gewonnen, die Interessen der vom Bergbau Betroffenen zu schützen. Projektverzögerungen sind also nicht auszuschließen.

Deshalb ist es gut für das Land, dass der Aufschwung längst nicht mehr die Farben von Kupfer und Gold allein trägt. Er zeigt sich auch auf und neben Limas ständig verstopften Straßen. Der Bausektor im Land brummt, die Immobilien- und Grundstückspreise steigen, und selbst in den armen, von einfachen Hütten gesäumten Randbezirken der Acht-Millionen-Einwohner-Metropole wimmelt es von Bauarbeitern. Sie sollen bis 2014 auch den letzten Winkel der chaotisch wachsenden Kapitale ans zentrale Wasser- und Abwassernetz anschließen.

Im beliebten Ausgehviertel Mira­flores unweit der Strände des Pazifiks drängeln sich Studenten, Jungunternehmer und andere Vertreter des wachsenden Mittelstands in Szenekneipen, die auch in europäischen Großstädten zu finden sein könnten. Zwar ist die Mittelschicht noch klein. „Doch der private Nachholbedarf ist umso größer“, sagt ­Michael Neubauer, Chef der Peru-Niederlassung des deutschen Glasherstellers Heinz. „Die Nachfrage für Konsumgüter wächst jährlich um zehn Prozent.“ Der Spezialist für Parfümfläschchen investiert im ­Hafen von Callao, einer Stadt nahe Lima, 13 Millionen Euro in eine neue Glasschmelze. Der Firmenumsatz soll damit um das Vierfache steigen.

Kakao statt Kokain
Eine andere Art von Wachstum ist in Perus Tropengürtel zu bewundern, etwa in der Provinz San Martin, rund eine Flugstunde von der Hauptstadt entfernt. Fruchtbare Böden und ein feuchtwarmes Klima bieten ideale Bedingungen für den Anbau von Kakao, Kaffee, Ananas, Bananen und Reis. Doch wo heute friedlich Agrarprodukte für lokale und globale Märkte wachsen, herrschten bis vor 15 Jahren noch Terror und Gewalt.

„Bis zum Horizont wurde hier nur eine Pflanze angebaut: Koka“, erzählt Adan Rivera. „Die Region war in den Händen von Verbrechern und Kriminellen. Polizei und Justiz gab es nicht.“ Der 40-jährige Peruaner stammt aus der Nähe der Provinzhauptstadt Tarapoto, er hat selbst als Tagelöhner auf einer Kokaplantage gearbeitet. Er berichtet von den Flugzeugen der kolumbianischen Drogenmafia, die auf den Straßen landeten, um Pflanzen und Kokain abzutransportieren — geschützt von der paramilitärischen Terrororganisation Leuchtender Pfad. „Heute ist das Koka in die entlegendsten Gebiete verdrängt worden. Die Menschen bauen vor allem Kakao an.“

Grund waren der politische Wandel in Peru, der 2000 den korrupten Präsidenten Alberto Fujimori davonfegte, und der großflächige, Millionen Dollar teure Luftangriff der USA mit Chemie gegen die Kokafelder. Familienvater Rivera ist froh, dass damit die Sicherheit nach San Martin zurückkam. Genauso froh wie über seinen Job als Vorarbeiter auf einer Biokakaoplantage. Sie gehört der deutschen Forstfirma Forest Finance, die seit 2012 in den Anbau natürlicher Kakaowälder investiert.

Die neue Anziehungskraft des ­Andenstaats auf ausländische Investoren zeigt sich auch auf anderem Gebiet. Neu ausgegebene Staatsanleihen werden der peruanischen Regierung regelrecht aus den Händen gerissen. Die protestierenden Bauern von La Conga wird das kaum interessieren. Aber vielleicht erleichtert es die prall gefüllte Staatskasse der Regierung ja, ihr Versprechen zu halten, auch die Bauern am neuen Reichtum Perus zu beteiligen.

Investor-Info

Perus Bevölkerung
Armut trotz Aufschwung

Knapp 29 Millionen Einwohner zählte Peru im vergangenen Jahr. Die Bevölkerung mit einem Durchschnittsalter von knapp 26 Jahren lebt zu drei Vierteln in den großen Städten wie der Metropole Lima. Trotz des Wirtschaftsbooms gelten rund 31 Prozent der Bevölkerung als arm, wobei die indigenen Einwohner am stärksten betroffen sind. 44 Prozent der Einwohner Perus sind Mestizen, etwa 31 Prozent ­indianischer und nur rund 15 Prozent europäischer Abstammung.

Perus Wirtschaft
Auf Wachstumskurs

Bergbau ist Perus wichtigster Wirtschaftszweig. 2012 stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 6,3 Prozent. Dieses Niveau soll auch 2013 erreicht werden. Dank sprudelnder Staatseinnahmen erwirtschaftete das Land zweimal in Folge einen Haushaltsüberschuss, die Staatsverschuldung verringerte sich 2012 auf 19,8 Prozent des BIP — ein extrem niedriger Wert. Die Devisenreserven haben sich von 2008 bis 2012 auf 64 Milliarden Dollar verdoppelt. Die Währung Nuevo Sol gewann seit 2008 gegenüber dem Dollar knapp 20 Prozent an Wert.

Peru-Anleihen
Kein Schnäppchen mehr

Perus langfristige Staatsanleihen werden mit „BBB“, der untersten Stufe im Investment-Grade-Segment, bewertet und bieten je nach Laufzeit zwischen 0,75 Prozent (2014) und 4,3 Prozent (2037) Rendite. Die Peru-Bonds sind meist in Dollar denominiert und ab einer Stückelung von 1.000 zu kaufen. Zwar werfen die Papiere mit langer Laufzeit im Vergleich zu deutschen Staatspapieren hohe Renditen ab, sind aufgrund der hohen Nachfrage aber recht teuer. Anleihen in der Landeswährung Nuevo Sol werden in Deutschland nicht gehandelt.

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