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Sanierungskonzept 17.09.2024 23:43:00

Varta-Krise: Was der Fall der Varta-Aktie für Kleinanleger bedeutet

Varta-Krise: Was der Fall der Varta-Aktie für Kleinanleger bedeutet

• Varta beschließt Sanierungskonzept - Kleinanleger sollen leer ausgehen
• Michael Tojner und Porsche wollen Varta retten
• Zahlreiche Herausforderungen: Wird Varta überleben?

Das am 19. August verkündete Sanierungskonzept gab der Varta-Aktie, die sich bereits seit Jahren auf Talfahrt befindet, den vermeintlichen Todesstoß. Der Aktienkurs stürzte in einer ersten Reaktion bis auf 0,76 Euro ab. Diesen unheilvollen Handelstag beendeten die Varta-Papiere via XETRA letztlich mit Verlusten in Höhe von 45,09 Prozent bei 2,13 Euro. Von diesem Schock erholte sich der Anteilsschein des einst gefeierten Batterieherstellers aus dem baden-württembergischen Ellwangen bislang nicht und gab - bei zahlreichen Schwankungen - weiter nach. Bei einem gegenwärtigen Preisniveau von 1,51 Euro (Stand: Schlusskurs vom 13. September 2024) summieren sich seit Jahresanfang Verluste in Höhe von 92,51 Prozent. Der Sinkflug der Varta-Aktie kann angesichts der fundamentalen Entwicklungen rund um das Unternehmen als nichts anderes als folgerichtig eingeschätzt werden. Denn: Die Kleinanleger scheinen bei der Sanierung des Unternehmens komplett leer auszugehen.

Varta-Aufsichtsrat stimmt für Sanierungskonzept

Das Unternehmen, einst ein Symbol für technologische Innovation im Bereich Energiespeicherung und Batterien, befindet sich derzeit in einer Phase tiefgreifender Veränderungen, die nicht nur seine finanzielle Struktur, sondern auch seine Marktposition und langfristigen Erfolgsaussichten erheblich beeinflussen könnten. Ein zentrales Element der aktuellen Situation bei Varta ist die laufende Sanierung unter Anwendung des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG). Dieses Gesetz wurde 2020 in Deutschland eingeführt, um Unternehmen eine strukturierte und rechtlich abgesicherte Möglichkeit zu bieten, finanzielle Probleme zu bewältigen, bevor es zu einer Insolvenz kommt. Ende August stimmte der Aufsichtsrat der Varta AG einem solchen umfassenden Sanierungsplan zu, der vorsieht, das Grundkapital auf null Euro zu reduzieren.

Grundkapital auf Null: Ausschluss der Altaktionäre

Der Plan sieht die drastische Herabsetzung des Grundkapitals auf null vor, wodurch die bisherigen Altaktionäre, darunter viele Kleinanleger, ihren kompletten Anteil am Unternehmen verlieren. Das ist ein ungewöhnlicher und harter Schritt, da die Altaktionäre ohne jede Entschädigung ausgeschlossen werden sollen. Investoren wie Michael Tojner, der Mehrheitsaktionär von Varta, und Porsche, die ebenfalls als Investor auftreten, sollen hingegen die Möglichkeit erhalten, neue Aktien zu zeichnen, um damit das Unternehmen mit frischem Kapital auszustatten. Tojner gab jüngst das Ziel aus, Varta als Einheit retten zu wollen.

Dieser Sanierungsansatz hat jedoch zahlreiche Fragen und Bedenken aufgeworfen, wie "DER AKTIONÄR" berichtet. Zum einen steht die rechtliche Grundlage des StaRUG in der Kritik, da das Gesetz in solchen Fällen keine klare Regelung vorsieht, ob die Altaktionäre in einer solchen Situation vollständig von Bezugsrechten ausgeschlossen werden können. Aktionärsvertreter haben bereits angedeutet, dass sie sich juristisch gegen diesen Schritt wehren könnten, da die Interessen von Kleinanlegern in diesem Prozess möglicherweise nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Rolle von Michael Tojner und Porsche

Michael Tojner, der bereits seit mehreren Jahren Vartas Mehrheitsaktionär ist, spielt in dieser Phase eine zentrale Rolle. Er könnte in der Lage sein, durch die Kapitalerhöhung seine Anteile weiter auszubauen. Auch Porsche, das Interesse an Varta als strategischem Partner zeigt, will sich durch den Kauf neuer Aktien engagieren. Beide Investoren bringen dringend benötigtes Kapital in das Unternehmen ein, das die finanziellen Probleme kurzfristig mildern könnte. Doch dieser Prozess führt unweigerlich zu einer weiteren Verwässerung der Aktionärsstruktur und verstärkt die Abhängigkeit von Großaktionären.

Diese Faktoren wurden Varta zum Verhängnis

Wie konnte es eigentlich so weit kommen? Die finanzielle Schieflage von Varta resultiert aus mehreren Faktoren, die in den vergangenen Jahren zunehmend problematisch geworden sind. Zu den wesentlichen Ursachen gehört die starke Abhängigkeit von einem Großkunden, Apple. Varta lieferte kleine Lithium-Ionen-Batterien für kabellose Kopfhörer (AirPods) an Apple, doch die Nachfrage nach diesen Produkten schwankte stark. Hinzu kommen gestiegene Produktionskosten, die teilweise auf die globalen Lieferkettenprobleme in der Folge der COVID-19-Pandemie und des Krieges in der Ukraine zurückzuführen sind. Die Konkurrenz, insbesondere aus asiatischen Ländern, setzte das Unternehmen zusätzlich unter Druck. Viele asiatische Hersteller bieten Batterietechnologien zu deutlich niedrigeren Kosten an, wodurch Varta zunehmend Marktanteile verlor.

Auch im Bereich der Produktion von Batterien für Elektromobilität konnte Varta bislang nicht die erhofften Fortschritte erzielen. Zwar investierte das Unternehmen in Produktionskapazitäten für Batteriezellen in Europa, doch diese Investitionen erwiesen sich als sehr kapitalintensiv und wurden langsamer als erwartet umgesetzt. Inzwischen dominieren asiatische Hersteller wie CATL und LG Chem den Markt für Lithium-Ionen-Batterien in der Automobilindustrie. Varta konnte sich bisher nicht gegen diese Mitbewerber behaupten und blieb umsatztechnisch deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Varta-Chefetage hat mit Vertrauensverlust zu kämpfen

Ein weiterer wichtiger Faktor, der die aktuelle Situation bei Varta verschärft hat, ist das Misstrauen gegenüber dem Management. Aktionäre und Analysten äußerten wiederholt Bedenken hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens. Die Investitionen in neue Batterietechnologien wurden als zu risikoreich und zu spät eingestuft. Besonders die Verzögerungen in der Elektromobilitätsstrategie und die Konzentration auf Nischenmärkte wie kabellose Kopfhörer und tragbare Elektronik haben die finanziellen Schwierigkeiten verschärft.

Zudem hat Varta in den letzten Monaten mehrfach seine Geschäftsprognosen nach unten korrigiert, was zu einem erheblichen Vertrauensverlust auf dem Markt geführt hat. Die Aktie, die einst als "Highflyer" galt, verlor von ihrem Höchststand Anfang 2021 bis 2023 fast 99 Prozent ihres Wertes. Das führte zu einer massiven Entwertung des Unternehmens an der Börse und schürte Ängste unter den Investoren, dass Varta möglicherweise nicht mehr in der Lage sein könnte, sich aus der finanziellen Schieflage zu befreien.

Zukunftsperspektive: Kann Varta gerettet werden?

Die Zukunft der Varta AG hängt nun stark von der erfolgreichen Umsetzung des Sanierungsplans ab. Wenn es dem Unternehmen gelingt, durch die Restrukturierung frisches Kapital zu gewinnen und gleichzeitig seine Abhängigkeit von einzelnen Großkunden zu reduzieren, könnte Varta möglicherweise wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren. Doch selbst unter diesen idealen Bedingungen bleibt das Unternehmen mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert.

Neue Marktstrategien und Diversifikation Varta muss seine Produktpalette diversifizieren, um langfristig erfolgreich zu bleiben. Die Nachfrage nach Batterietechnologien wächst zwar weltweit, doch der Wettbewerb ist enorm. Varta könnte versuchen, sich in neuen Märkten wie stationären Energiespeichern, Batterien für die Automobilindustrie oder Batteriezellen für industrielle Anwendungen stärker zu positionieren. Dies erfordert jedoch erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie den Ausbau der Produktionskapazitäten.

Trotz der geplanten Kapitalzufuhr durch Tojner und Porsche bleibt das Risiko einer weiteren Verschlechterung der Lage bestehen. Der Ausschluss der Altaktionäre durch die Nullsetzung des Grundkapitals wird voraussichtlich zu juristischen Auseinandersetzungen führen, was den Restrukturierungsprozess verlängern und zusätzliche Unsicherheiten schaffen könnte. Zudem bleibt unklar, wie nachhaltig die jüngsten Kursgewinne der Aktie sind. Viele Marktbeobachter warnen vor einem sogenannten "dead-cat-bounce", einer temporären Erholung in einem insgesamt intakten Abwärtstrend.

Auch die globale Marktentwicklung könnte eine entscheidende Rolle spielen. Wenn sich die Konkurrenzsituation weiter verschärft und die asiatischen Hersteller ihre Vormachtstellung im Batteriemarkt ausbauen, könnte Varta es schwer haben, wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem bleibt die Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Gesamtlage bestehen: Eine Abschwächung der Weltwirtschaft oder ein Rückgang der Investitionen in Zukunftstechnologien könnte Vartas Erholung weiter verzögern.

Varta steht an einem Scheideweg: Die Sanierung und Kapitalrestrukturierung bieten die Möglichkeit, das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren, doch die langfristigen Erfolgsaussichten bleiben unklar. Es wird entscheidend darauf ankommen, wie das Unternehmen seine strategische Ausrichtung in den kommenden Jahren gestaltet und ob es gelingt, sich in einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt zu behaupten. Investoren sollten sich auf eine unsichere Zukunft einstellen, da sowohl die rechtlichen Auseinandersetzungen als auch die globalen Marktbedingungen erhebliche Risiken mit sich bringen.

Kleinanleger müssen mit dem Schlimmsten rechnen: Das Sanierungskonzept und die diesem zu Grunde liegenden rechtlichen Grundlagen sehen einen Totalverlust der Altaktionäre vor. Ob der Protest der Investoren daran rütteln kann, ist derzeit sehr fraglich. Vielmehr sieht es eher danach aus, dass die Varta-Aktien schon bald von der Frankfurter Börse genommen werden und dann nicht mehr zu handeln sein werden - unabhängig vom dem Erfolg des Sanierungskonzeptes. Der erste Schritt ist bereits erfolgt: Nach den dramatischen Kursverlusten ist Varta aus allen Indizes der Stoxx-Familie verbannt worden.

Redaktion finanzen.at

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Bildquelle: MDart10 / Shutterstock.com

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