25.04.2014 13:55:32
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Deutsche Unternehmen werden bei Russland immer wieder schwach
Von Heide Oberhauser-Aslan und Klaus Brune
Wenn es um schärfere Sanktionen gegen Russland als Folge der Krise um die Ukraine geht, fällt Europa eine einheitliche Haltung weiterhin schwer. Vor allem Deutschland erweist sich immer wieder als Bremser. Eine der Gründe dafür: Die deutsche Wirtschaft tut sich bislang mit möglichen Sanktionen gegen das wirtschaftliche Partnerland Russland schwer. Zu lukrativ sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die sich für deutsche Firmen in dem Riesenland ergeben. Am Freitag sorgte der Gesundheitskonzern Fresenius für einen Aufschrei aus Berlin, als die Bad Homburger ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem in Russland tätigen Pharmaunternehmen ankündigten.
Der Bad Homburger Konzern verschafft sich so Zugang zu Produktionsstätten vor Ort und sieht für seine Tochter Kabi damit "ausgezeichnete Grundlagen für weiteres Wachstum in Russland und anderen Staaten der GUS", wie es in einer Pressemitteilung heißt. Bei der Regierung in Berlin stieß die Ankündigung von Fresenius auf herbe Kritik. Vor allem die SPD äußerte Unverständnis. "Politisch halte ich das für ein falsches Signal", sagte Rolf Mützenich, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD und außenpolitischer Sprecher der Partei. "Ich wundere mich über diese Entscheidung. Ich weiß nicht, ob Sie viele deutsche und europäische Unternehmen kennen, die sich jetzt gerade ganz konkret entscheiden, mit Russland in Joint Ventures oder anderen Kooperationen zu arbeiten. Ich sehe eher das Gegenteil", sagte er.
Der Gesundheitskonzern hatte zuvor erklärt, er wolle mit diesem Gemeinschaftsunternehmen und der Produktion in Russland einen Beitrag zur besseren Versorgung schwer kranker Menschen mit wichtigen Medikamenten leisten. Es gehe um Patienten, die auf lebensrettende Produkte angewiesen seien, sagte ein Konzernsprecher.
Eine politische Aussage sei mit der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens nicht verbunden, erklärte der Sprecher des Bad Homburger Unternehmens am Freitag auf Anfrage. "Dass die Joint-Venture-Gründung mit der aktuellen politischen Lage zusammentrifft, ist reiner Zufall". Das Unternehmen sei mit dem russischen Joint-Venture-Partner schon seit über einem Jahr, also schon lange vor der Russland-Krise, im Gespräch gewesen. Der Sprecher gab zudem zu bedenken, dass es bei dem Gemeinschaftsunternehmen um den Vertrieb von Medikamenten gehe, die von Patienten dringend benötigt werden. Das sei auch der Grund, warum die Produkte und Medikamente von Kabi oft auch von etwaigen Sanktionen in anderen Teilen der Welt ausgenommen seien, weil sie einen wichtigen humanitären Beitrag leisteten.
"Mit unserer unternehmerischen Entscheidung liegen wir in jedem Fall innerhalb des Handlungsspielraums, den die Politik vorgegeben hat", sagte der Sprecher weiter. Auch die Politik sei ja darauf bedacht, mit Augenmaß mit dieser Situation umzugehen und eine weitere Eskalation zu vermeiden. "Wir schließen uns diesem breiten Meinungsbild in Politik und Wirtschaft an", sagte er weiter.
Die Fresenius-Tochter Kabi, die Infusionslösungen, klinische Ernährung und intravenöse Arzneimittel herstellt, ist schon seit 20 Jahren in Russland tätig. Auch der Joint-Venture-Partner CJSC Binnopharm stellt intravenös zu verabreichende Arzneimittel, Infusionslösungen und pharmazeutische Wirkstoffe her und besitzt in Russland zwei Produktionsstätten. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 350 Mitarbeiter und erzielte 2013 Erlöse von 104 Millionen Dollar. Der Russland-Umsatz von Fresenius Kabi lag im vergangen Jahr bei 73 Millionen Dollar.
Bislang gibt es noch keine wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland, es gelten lediglich Einreiseverbote für russische Wirtschaftsführer in westliche Länder. Doch in Berlin und in anderen Hauptstädten der westlichen Welt wird über weitere Sanktionen diskutiert. Wie Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte am Freitag, dass US-Präsident Barack Obama, Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere europäische Spitzenpolitiker sich am Freitag in einer Konferenz über weitere mögliche Sanktionen gegen Russland austauschen werden. Deutsche Unternehmen beobachten das mit Sorge: Viele sind schon seit Jahrzehnten in Russland tätig und unterhalten gute Wirtschaftbeziehungen nach Russland. Mittlerweile hat Russland ausländischen Firmen bereits mit Aussperrung gedroht, falls sie das Land verlassen sollten.
Ende März hatte der größte deutsche Industriekonzern Siemens für Aufsehen gesorgt, als Konzernchef Joe Kaeser nach einem Besuch bei Russlands Präsident Wladimir Putin von einer "vertrauensvollen Beziehung" zu russischen Unternehmen gesprochen hatte. Siemens ist schon seit 160 Jahren in Russland tätig. Kaeser hatte seinerzeit die Russland-Geschäfte seines Konzerns verteidigt und in einem Interview des ZDF erklärt, man lasse sich von kurzfristigen Turbulenzen in der langfristigen Planung nicht übermäßig leiten.
Im Kanzleramt hatten Zeitpunkt und Ton des Besuchs von Siemens dennoch für Irritationen gesorgt. Berlin hat in den vergangenen Tagen und Wochen den Druck auf deutsche Wirtschaftskapitäne erhöht, sich von solchen publikumswirksamen Auftritten fernzuhalten. In Berlin wächst die Sorge, es könne der Eindruck entstehen, deutsche Firmen betrieben "business as usual" mit Russland, während der Westen unter der Führung der USA Russlands Führer mit Sanktionen belegt, um sie von weiteren Übergriffen in der Ukraine abzuhalten.
Für Unmut in der Politik hatte diese Woche auch die angeblich geplante Moskau-Reise des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 auf Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin gesorgt. In einem Interview hatte Schalke-Chef Clemens Tönnies gesagt, er wolle eine Einladung Putins annehmen und den russischen Präsidenten mit der Mannschaft in Moskau besuchen. Der russische Staatskonzern Gazprom ist Trikotsponsor des Fußballclubs.
Der Vorstoß von Tönnies zog scharfe Kritik aus den Reihen der Politik nach sich. CDU-Generalsekretär Peter Tauber warf Tönnies in der Bild-Zeitung vor, sich von Putin instrumentalisieren zu lassen. Und Gunther Krichbaum, Vorsitzender des wichtigen Bundestagsausschusses für Angelegenheiten der Europäischen Union, warf Tönnies sogar vor, private Interessen und den Sport miteinander zu verquicken. "Insgesamt habe ich mit dem Heranschleimen an Herrn Putin in der derzeitigen Situation große Probleme," sagte Krichbaum dem Wall Street Journal.
Im Fall Schalke zeigte die Kritik immerhin Wirkung: Mittlerweile hat der Bundesligaklub dementiert, dass aktuell ein solcher Besuch geplant sei.
Kontakt zum Autor: heide.oberhauser@wsj.com
(Mitarbeit: Christian Grimm und Anton Troianovski in Berlin)
DJG/hoa/kgb (END) Dow Jones NewswiresApril 25, 2014 07:23 ET (11:23 GMT)
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