25.02.2011 15:38:37

ROUNDUP 3/Schwere Schlappe für EADS: Boeing gewinnt Tankflieger-Auftrag

    WASHINGTON (dpa-AFX) - Der amerikanische Luftfahrt- und Rüstungskonzern Boeing hat sich gegen die Airbus-Mutter EADS durchgesetzt: Im dritten Anlauf sicherte sich der Flugzeugbauer aus Chicago den "Jahrhundert-Auftrag" der US-Luftwaffe für 179 Tankflugzeuge. Die Europäer und auch die deutsche Bundesregierung zeigten man sich enttäuscht. Doch an den Aktienmärkten hielt sich die Ernüchterung in Grenzen. Experten hatten offenbar gar nicht mit einem Zuschlag für EADS gerechnet.

 

    Die EADS-Aktie notierte am Nachmittag in Paris mit 1,25 Prozent im Minus bei 20,51 Euro. Der Triebwerkshersteller MTU (MTU Aero Engines), der bei einem Zuschlag für EADS auf einen kräftigen Auftragsschub hätte freuen können, legte nach den Kursverlusten der Vortage um 5,87 Prozent auf 49,33 Euro zu. Für Boeing-Papiere ging es zum Handelsstart in den USA um knapp vier Prozent auf 73,54 US-Dollar nach oben.

 

PROTEST NOCH MÖGLICH

 

    "Boeing war der klare Sieger", sagte der stellvertretende US-Verteidigungsminister William Lynn am späten Donnerstagabend im Pentagon. Damit geht der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS bei dem 35 Milliarden Dollar schweren Geschäft leer aus.

 

    Die Kampfkraft, der Anschaffungspreis sowie die Wartungs- und Betriebskosten hätten für das Boeing-Modell gesprochen, betonte Lynn. EADS steht es nun offen, einen förmlichen Protest einzulegen. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle betonte am Freitag: "Wir sind der Auffassung, dass EADS ein sehr gutes Angebot abgegeben hat." EADS müsse die Entscheidung nun genau analysieren. Dabei müsse auch über mögliche weitere Schritte und Konsequenzen nachgedacht werden.

 

EADS ENTTÄUSCHT

 

    Airbus nimmt die Schlappe sportlich. "Wir haben gegen den Platzhirschen verloren", sagte Airbus-Chef Tom Enders am Freitag. Dies sei aller Ehren wert. Ralph Crosby, Vorstand von EADS Nordamerika, sprach allerdings von einer enttäuschenden Entwicklung. "Wir sehen der Diskussion mit der US-Luftwaffe über die Gründe für diesen Entschluss mit Interesse entgegen." Die amerikanische EADS-Tochter wird am Montag über die Gründe der Auftragsvergabe informiert werden.

 

    Der stellvertretende Verteidigungsminister warnte aber bereits: "Wir haben einen klaren und offenen Bieterprozess gestartet. Das schafft keine Basis für Proteste." Analysten schließen einen erneuten Widerspruch von EADS allerdings nicht aus, berichtete der französische Wirtschaftssender BFM-TV. Das Wirtschaftsblatt "Les Echos" betonte unter der Überschrift "Pentagon zerstört den amerikanischen Traum von EADS", Airbus blieben nun drei Monate Zeit für einen Einspruch. Der Chef von EADS-Nordamerika, Sean O'Keefe, versuchte in einer Erklärung, die Tragweite dieser Entscheidung zu relativieren. Der Auftrag sei nur eine von vielen Geschäftschancen für EADS in den USA gewesen, sagte er.

 

DRITTER ANLAUF

 

    Es war bereits der dritte Anlauf zur Vergabe des Megageschäfts. Einmal hatte Boeing gewonnen, einmal EADS. Nach Fehlern bei der Auftragsvergabe schrieb die Regierung den Superdeal immer wieder neu aus. "Wir haben uns die Zeit genommen, die richtige Entscheidung zu treffen", sagte Luftwaffen-Staatssekretär Michael Donley. Es geht um viel Geld: Mit Folgeaufträgen könnte das Geschäft auf 100 Milliarden Dollar anwachsen.

 

    "Wir fühlen uns geehrt, das nächste Tankflugzeug für die Air Force liefern zu dürfen", sagte Boeing-Chef Jim McNerney. Die Luftwaffe habe sich für ein amerikanisches Flugzeug entschieden, erklärte er. Das sichere und schaffe 50.000 Arbeitsplätze im ganzen Land. Die Maschine wird unter der Bezeichnung KC-46A laufen. Der US-Hersteller hatte bereits den Vorgängertypen geliefert, die KC-135. Sie sind in allen Krisenherden der Welt im Einsatz und betanken Kampfflugzeuge in der Luft. Das spart Zeit und schafft Unabhängigkeit von Landemöglichkeiten.

 

URALTE TANKER UND FRACHTMASCHINEN SOLLEN AUSGETAUSCHT WERDEN

 

    Insgesamt muss die Air Force 534 Tanker und Frachtmaschinen ersetzen, die noch Präsident Dwight D. Eisenhower kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs angeschafft hatte. EADS hatte einen bereits bei anderen Luftwaffen erprobten Tankflieger auf Basis des Passagierjets Airbus A330 ins Rennen geschickt, Boeing konterte mit einer Neuentwicklung auf Basis der kleineren und älteren Verkehrsmaschine 767 und versprach günstigere Betriebskosten./das/rek/stw/DP/zb

 

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